Oberbürgermeister Ralf Broß hat zusammen mit Gisela Erler (Grüne), Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung im Staatsministerium, und Justizminister Rainer Stickelberger (SPD) die neue Haftanstalt Heidering besucht. Foto: privat

Stadtchef besucht mit Vertretern der Landesregierung neues Gefängnis Heidering. Lösung für Gebiet im Esch gesucht.

Rottweil - Berlin ist immer eine Reise wert. Selbst wenn dort ein Gefängnis das Ziel ist. Aber darum ging es ja auch. Oberbürgermeister Ralf Broß hat zusammen mit Gisela Erler (Grüne), Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung im Staatsministerium, und Justizminister Rainer Stickelberger (SPD) die neue Haftanstalt Heidering besucht.

Architekt ist Josef Hohensinn. Die neue Haftanstalt in Berlin ist in Rottweil nicht unbekannt. Im Rahmen der Diskussion um den JVA-Standort Esch wurde über sie gesprochen und auf der Bürgerversammlung vor der Abstimmung Mitte September war Hohensinn selbst anwesend und stellte seine Ideen vor.

Jetzt also fuhr das Trio um OB Broß in die Bundeshauptstadt. Nicht ohne Hintergedanken. Denn in Rottweil, so das Ziel, soll eine moderne JVA gebaut werden. Klar ist mittlerweile, dass das Modell Offenburg, wo vor ein paar Jahren ein pragmatisches Vollzugsgebäude geschaffen wurde, hier nicht realisiert werden soll. Mittels eines Architektenwettbewerbs soll die für das sensible Gebiet im Esch und die vollzuglichen Belange beste Lösung gesucht und gefunden werden.

Heidering ist ein Vorzeigebeispiel, ein Vorzeigeknast. Wohlfühl-Knast schreibt der Boulevard. Dem OB jedenfalls scheint er gefallen zu haben, ist seinen Äußerungen nach der Rückkehr aus Berlin zu entnehmen. Wir fragten nach seinen Eindrücken. Die Handschrift des Architekten Josef Hohensinn sei in der gesamten Anstalt sichtbar. Die Architektur spreche eine klare Sprache, so Broß: Sie wolle der Resozialisierung der Inhaftierten dienen. Helle Räume und Grünflächen wirkten Depressionen entgegen, der Wohngruppenvollzug, in dem die Häftlinge ihr Sozialverhalten trainieren könnten, werde erfolgreich praktiziert. Gute Beschäftigungs-, Weiterbildungs- und Sportangebote eröffneten den Straftätern Perspektiven für ein geordnetes Leben für die Zeit nach der Haft und damit die Basis für eine gelungene Resozialisierung mit möglichst geringen Rückfallquoten.

"Gleichzeitig ist in der Anstalt ein hochmodernes und überzeugendes Sicherheitskonzept umgesetzt. Fortschrittlicher Strafvollzug, eine moderne und ansprechende Architektur sowie hohe Sicherheitsstandards sind also gut miteinander vereinbar", gibt sich der Rottweiler Verwaltungschef zuversichtlich. "Ich hoffe, dass viele der Anregungen, die wir aus der JVA Heidering mitgenommen haben, in den Auslobungstext des Architektenwettbewerbs für die neue JVA Rottweil einfließen werden. Dann sind wir mit dem Besuch unserem Ziel, dass die JVA Rottweil eine Anstalt mit landesweitem Modellcharakter für einen zukunftsweisenden Strafvollzug wird, ein gutes Stück näher gekommen."

Heidering, so Broß, wirke aufgrund der Beschränkung auf eine dreigeschossige Bauweise und einer geschickten Ausnutzung der Topografie weniger mächtig im Vergleich zur JVA Offenburg. Die x-förmige Anordnung der drei Unterbringungsbereiche, die dezente Farbgebung, Fassadengestaltung und die ansprechend gestalteten Außenanlagen nähmen der Gesamtanlage die Strenge. Die Doppelzaunanlage erlaube (im Gegensatz zu einer Mauer) Aus- und Durchblicke in die Landschaft. Erschlossen wird die neue Berliner Haftanstalt durch einen zentralen Verbindungsgang: Diese Achse verbindet sämtliche Bereiche und "ist funktional und insbesondere gestalterisch überzeugend", meint Broß: eine helle, mit großen Glasflächen lichtdurchflutete Passage, die überall Einblicke in ansprechend gestaltete Innenhöfe (Pausenhöfe) und die landschaftsgärtnerisch gestalteten Außenbereiche zulasse.

Für den OB dürfte damit feststehen: Die Reise nach Berlin hat sich gelohnt. n So geht es weiter: Ende des kommenden Jahres könnte die Planung der JVA feststehen. Dann erfolgt das Bebauungsplanverfahren, das im günstigsten Fall eineinhalb Jahre dauert. Mitte 2018 könnte die Stadt über das Planungs- und Baurecht verfügen und damit könnte auch mit dem Bau begonnen werden. Mit einer Fertigstellung rechnet der Oberbürgermeister frühestens im Jahr 2021. Externe Faktoren wie die Wahl einer neuen Landesregierung seien hier nicht berücksichtigt. Das bedeutet: Es könnte sich auch noch hinziehen. Laut dem vorherigen Haftentwicklungsplan sollte das neue Gefängnis bereits 2012 in Betrieb gegangen sein.