Erinnerungsfotos aus 20 Jahren Krankenhauspartnerschaft mit Hubei - aus der Entwicklungshilfe wurde ein Dialog auf Augenhöhe. Foto: Privat

Seit mehr als 20 Jahren unterstützen Rottweiler Mediziner ihre Arzt-Kollegen in China.

Rottweil - Seit 20 Jahren besteht zwischen dem Kreis Rottweil und der chinesischen Provinz Hubei eine florierende Krankenhauspartnerschaft. Michael Gerlich, Gründer und ehemals langjähriger Vorsitzender des Vereins, blickt zurück: Am Anfang stand das Abenteuer. "Wie alles begann?", holt Michael Gerlich aus, "bei einem gemütlichen Bier mit einem Arztkollegen, Ende der 80er-Jahre." Damals, als der eiserne Vorhang sich allmählich hob, sei es eine Mischung aus Neugierde und auch ein Abenteuerlust gewesen, die Gerlich auf die Idee brachte, Kontakte nach Fernost zu knüpfen.

"Das war einfach mal etwas anderes, als der medizinische Alltag hier bei uns", erinnert sich der frühere Chefchirurg des Rottweiler Krankenhauses. Über das Sozialministerium kam es schließlich 1989 zum Kontakt mit dem chinesischen Medizinprofessor Wu. Der sprach nicht nur exzellent Deutsch, sondern stattete Rottweil bald einen Besuch ab.

Gerlich: "Es war verblüffend. Da gab es an der Uni Wuhan eine Fakultät, an der seit Kaiser-Wilhelms-Zeiten noch immer Vorlesungen in Deutsch gehalten wurden." Diese unerwartete Sprachtradition erleichterte die Verständigung für die ersten Austauschkontakte immens. 1990 kam der erste chinesische Mediziner nach Rottweil, 1991 startete die erste "Medizinexpedition" aus Rottweil in das damals noch 80 000 Einwohner zählende Kleinstädtchen Huangshi.

Gerlich und seinem Kollege Winfried Sondern verging die Abenteuerlust aber bald: "Nach drei Tagen China pur, in einem schon etwas verbrauchten Hotel dachten wir: Holt uns hier raus!" Und dennoch seien die Ärzte geblieben: "Grund war die unglaubliche Gastfreundlichkeit, mit der die Chinesen uns umsorgten. Einen Tag später war klar: Wir bleiben!"

So lernten die beiden Westmediziner das fernöstliche Gesundheitswesen kennen und legten den Grundstein für die inzwischen 20-jährige Partnerschaft.

"Anfangs war das Entwicklungshilfe", erläutert der Arzt im Ruhestand. "Die Betten waren teilweise verrostet und die Ausrüstung desolat. Aber das hat sich in unglaublich kurzer Zeit verändert: Unsere Freunde in Huangshi haben extrem aufgeholt. Bei der medizinischen Ausrüstung sind sie teilweise schon weiter, und aus der einstigen Kleinstadt ist eine Millionenmetropole geworden."

Der Mediziner schildert den Unterschied: "Wenn in China ein teueres Gerät gebraucht wird, dann wird es gekauft. Bei uns müssen erst zig Gremien entscheiden. Und zudem: In China ist Geld verfügbar, das kann man sich nicht vorstellen", schwärmt der 68-Jährige von einer "ganz anderen Welt".

Was einmal als Entwicklungshilfe begann, ist heute ein Dialog auf Augenhöhe. Inzwischen haben 16 chinesische Ärzte für jeweils etwa ein Jahr als Assistenten im Rottweiler Krankenhaus deutschen Ärzten über die Schulter geschaut. Dabei hat Gerlich vor allem eins fasziniert: "Die Chinesen sind unglaublich wissbegierig und lernmotiviert." Auch einige deutsche Kollegen seien in den zurückliegenden 20 Jahren zu Gast in Huangshi gewesen, allerdings blieben sie, im Gegensatz zu den chinesischen Medizinern, meist nur ein paar Wochen.

Um den chinesischen Doctores die Freizeit während des Aufenthalts in der alten Reichsstadt zu erleichtern, springen die Mitglieder des Krankenhauspartnerschaftsvereins ein. Sie betreuen die Gäste, sorgen gegebenenfalls für Unterkunft und spenden mit ihrem Vereinsbeitrag ein kleines Taschengeld. "Denn die chinesischen Ärzte arbeiten unentgeltlich", betont Gerlich, der den Verein von 1991 bis 2007 leitete.

Wie geht es mit der Partnerschaft in Zukunft weiter? Gerlich ist zuversichtlich: "Beim Besuch der Delegation vorige Woche haben die chinesischen Kollegen deutlich betont, dass sie die Kontakte weiter vertiefen möchten. Die vielen persönlichen Kontakte, die entstanden sind, halten – es sind Freundschaften."

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