Wenn hinter der Hecke der Nachbar pöbelt: Anwohner in Neufra fühlen sich bedroht. (Symbolfoto) Foto:  Hermione.G – stock.adobe.com

Betrunkener beleidigt und bedroht mehrfach Anwohner in Neufra. Vorwurf: "Polizei tut nichts."

Rottweil-Neufra - "Der Mann belästigt und beschimpft seit Monaten Bürger und die Polizei tut nichts." Diesen Vorwurf erheben Leser aus dem Rottweiler Stadtteil Neufra, sie selbst wurden auch bereits Opfer des vermutlich alkoholkranken Mannes.

Anfang der Woche war es wieder einmal so weit: Zwei Streifenwagen der Rottweiler Polizei rückten an, um einen betrunkenen Mann zu beruhigen, der seine Nachbarn massiv beleidigte, beschimpfte und bedrohte. Solche Situationen gibt es in den vergangenen Monaten in Neufra öfters. Am Montag, so berichten Anwohner, fuchtelte er sogar mit einer Heckenschere herum und bedrohte damit seinen Nachbarn, der gerade selbst im Garten beschäftigt war.

Der Polizei gegenüber erklärte der Mann, offensichtlich glaubhaft, die Hecken zu schneiden – von Angriff keine Rede. Daraufhin zogen die Beamten wieder ab. Die "Streitigkeiten unter Nachbarn", so steht bei der Polizei vermerkt, "seien beigelegt".

Auf dem Handy gesichert

Zu solchen und ähnlichen Vorfällen kommt es in Neufra schon seit Monaten, erzählt eine Betroffene. Sobald der Mann unter Alkoholeinfluss stehe – und dies komme oft vor – sei niemand vor seinen Anfeindungen sicher. "Mir selbst hat er vor drei Wochen gedroht, dass er mich umbringt", erzählt die Rottweilerin. Auch das habe sie der Polizei gemeldet, passiert sei nichts. Sie hat die Vorfälle teilweise sogar mit ihrem Handy aufgenommen – da sind heftige Beschimpfungen, Pöbeleien und Beleidigungen im Stakkato zu hören. Vor einigen Tagen habe er vor Polizeibeamten gedroht, sich "vor den Ringzug zu schmeißen", berichtet die Zeugin. Daraufhin sei er zum Ausnüchtern mitgenommen worden, "am anderen Tag stand er wieder da". Und wie üblich stieg er dann aus dem Bus und pinkelte auf dem Heimweg dem Nachbarn an die Hecke – "diese hat sich an der Stelle mittlerweile schon braun verfärbt".

Verständnis fehlt

Von den Betroffenen könne niemand verstehen, warum nichts getan werde. "Muss denn erst was passieren, bevor hier jemand etwas unternimmt?" fragt sich eine der Bedrohten.

Solange keine Fremdgefährdung vorliege, sei es schwierig, etwas zu unternehmen, erläutert Hauptkommissar Timo von Au auf Anfrage. Erst wenn eine gewisse Schwelle überschritten sei, könne die Person beispielsweise in Gewahrsam genommen werden. "Dabei muss auch immer die Verhältnismäßigkeit gewahrt werden."

Richterliche Entscheidung

Kommt es zu einer freiheitsentziehenden Maßnahme wie dem Gewahrsam, habe dies ein Richter zu entscheiden, so der stellvertretende Rottweiler Revierleiter. Erst wenn eine rechtliche Grundlage vorliege, dürfe und könne die Polizei auch handeln.

Schnell werde in solchen Fällen auch gefordert, die Person in die Psychiatrie einzuweisen.

"Das ist aber nicht so einfach." Zuerst müssten alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft werden. Dazu gehöre beispielsweise auch, dass man Angehörige mit einbindet, die eventuell auf die Person einwirken könnten. Auch in Neufra habe es Gespräche mit dem Mann gegeben. Ortsvorsteher Willy Schaumann selbst hat sich dem Fall angenommen. "Mittlerweile geht mir der Mann aber aus dem Weg."

Von Au appelliert an die Betroffenen, jeden einzelnen Fall, der Polizei zu melden. "Erst wenn die Vorfälle aktenkundig sind, können wir auch handeln." Er könne verstehen, dass Vorfälle wie in Neufra für Bürger schwer erträglich seien. Schnelle Abhilfe gebe es in solchen Angelegenheiten selten. Im konkreten Fall habe "man ein Auge drauf". Und nicht nur die Polizei selbst, sondern auch die Ortsverwaltung als Polizeibehörde sowie das Landratsamt.

Der Polizeibeamte stellt aber auch klar fest, dass die "Gesellschaft verhaltensauffällige Menschen bis zu einem gewissen Grad zu erdulden" habe.