Auf 500 Metern wurde der Forstweg im Bereich "Hardt" erneuert. Von der Vegetation rechts und links ist momentan nicht mehr viel übrig. Für die Gelbbauchunke wurden neue Tümpel angelegt. Der Weg ist noch gesperrt. Foto: Otto/Lübke

Verbindung zwischen Neukirch und Vaihingerhof geschaffen. Revierförster hat Gelbbauchunke im Blick.

Rottweil-Neukirch. Siegfried Harr ist Naturbeauftragter des Schwäbischen Albvereins und entsetzt: Beim Bau des neuen Forstwegs zwischen Neukirch und Vaihingerhof seien wertvolle Biotope zerstört worden, sagt er, und spricht von seinem "schlimmsten Fall seit Jahrzehnten". Ein Skandal?

Auf den ersten Blick mag es danach aussehen: Denn dort, wo der neue Weg verläuft und vorher zahlreiche Gelbbauchunken friedlich in ihren Wasserlöchern saßen, sieht es jetzt aus wie auf dem Mond. Das ist dem zuständigen Revierförster Martin Hornstein bewusst, doch er versichert: "Alle naturschutzrechtlichen Belange wurden berücksichtigt." Und auf die Gelbbauchunke – immerhin eine geschützte Art, die in Rottweil schon ganz andere Projekte verhindert hat – hatte er persönlich ein besonderes Auge.

Jäger fürchtet um Ruhe

Doch von vorn: In Abstimmung mit der Neukircher Ortschaftsverwaltung hat die Stadt als Besitzer des Waldes den Neubau des Weges "Hasenkopfweg" bei der Forstverwaltung im Landratsamt in Auftrag gegeben.

Als Jagdpächter Franz Josef Schmidt davon erfährt, fürchtet er nicht nur um die Ruhe in seinem Revier, sondern auch um die Biotope, die sich entlang des bestehenden, stark zerfahrenen Weges befinden. Nach den schweren Orkanen in den 90er-Jahren haben sich in den tiefen Fahrrinnen, die bei der Holzabfuhr entstanden, Tümpel gebildet. Im Laufe der Jahrzehnte, so schildert es der Jäger, hat sich eine reiche Vegetation mit unzähligen Kleintierarten entwickelt.

Der Naturbeauftragte des Schwäbischen Albvereins Heuberg-Baar-Gau, Siegfried Harr, wird von Schmidt gebeten, sich die Sache anzusehen. Harr erkennt bei seiner Begehung im Mai einen "Biotopverbund ersten Ranges" mit mehr als 150 Pflanzenarten. Auf Fotos hält er zudem fest, dass sich dort die weithin größte Population von Gelbbauchunken befindet. Alle Erkenntnisse reicht Harr an das Forstamt weiter mit dem Zusatz, dass der Eingriff "ökologisch nicht vertretbar" sei. Die Wegführung müsse geändert werden. "Ich bin natürlich davon ausgegangen, dass das auch passiert", so Harr.

Anfang des Monats nun wurde der Weg gebaut und verläuft, so meinen Schmidt und Harr, genau da, wo er nicht verlaufen sollte.

"Das ist schlicht und einfach falsch", sagt Revierförster Martin Hornstein. Wie er versichert, wurde der Weg extra um 15 Meter verschwenkt. Man habe die naturschutzrechtlichen Belange sehr ernst genommen und eingehalten. Vorab habe es mehrere Ortstermine gegeben, sowohl mit der Unteren Naturschutzbehörde und dem Naturschutzbeauftragten des Landratsamts (Forstdirektor Uwe Sperlich), als auch mit einem Fachbüro.

13 neue Tümpel angelegt

Dass es rechts und links des Weges momentan nach Mondlandschaft aussieht, habe gute Gründe. Der Weg sei – von Neukirch aus gesehen – rechts an den Biotopen vorbeigeführt worden. Die bestehenden Gräben habe man sogar aufgeweitet, um die Bedingungen für die Gelbbauchunke zu verbessern. Zudem wurden 13 neue Vertiefungen angelegt, die langsam zu Tümpeln werden sollen.

Und dass die Vegetation momentan nicht mehr so vorhanden ist wie vorher, sei für die geschützten Tiere kein Problem – im Gegenteil: "Die Gelbbauchunke ist eine Pionierart, sie besetzt Wasserlöcher gerne als erstes, wenn sie noch nicht zugewachsen sind", erklärt Hornstein. Gegenüber anderen Tierarten wie Molchen könne sie sich nämlich nicht durchsetzen. Weil die Gelbbauchunke in seinem Revier häufig vorkommt, hat sich der Förster intensiv mit ihr beschäftigt und Fortbildungen besucht.

Und haben die Tiere nun den Wegebau überlebt? Man habe versucht, sie einzufangen, was aber schwierig gewesen sei, sagt Hornstein. Die Tiere spüren aber jede Bodenerschütterung und hätten so vor dem Bagger, dessen Fahrer extra instruiert wurde, rechtzeitig Reißaus genommen – auch wenn man "eine 100-prozentige Überlebensquote" nicht zusichern könne.

Hornstein hat inzwischen schon wieder einige Tiere in den neuen Löchern entdeckt. Jetzt im Herbst aber verziehen sie sich ohnehin in die Waldstreu, sagt er. Übrigens: Nicht nur die Unken, sondern auch die Stadt freut sich über die neu angelegten Tümpel. Sie lassen sich als Ausgleichsmaßnahmen für die dringend benötigten Ökopunkte anrechnen. Und Jäger Schmidt, der zur Stadt ohnehin nicht das beste Verhältnis hat, bleibt dabei: "Das Ganze ist unnötig wie ein Kropf."