Die Terrasse hinter dem Spital bietet schöne Ausblicke – W.I.R. wagt mehr als nur einen Blick in die schöne neue Wohnwelt in Rottweils Kernstadt, und will mehr Bürger dafür begeistern. Im Bild: Helmut Schwörer und Marianne Wucher. Foto: Staiger Foto: Schwarzwälder-Bote

Verein "Wohnen in Rottweil" bietet Konzept für generationenübergreifendes Wohnen und hofft auf Resonanz

Von Babette Staiger

Rottweil. Wohnst du noch oder lebst du schon? Diesen Spruch einer Möbelkette kennt jeder. Der Verein "Wohnen in Rottweil" (W.I.R.) hat dazu, und für die Nachnutzung des Spitals, eine interessante Antwort in petto.

"Gemeinsames Dach – eigene Tür", unter diesem Motto sollen junge Familien einerseits und ältere Menschen andererseits im Spital zusammenwohnen, so erklären Helmut Schwörer, stellvertretender Vorsitzender des Vereins, und Marianne Wucher die Idee. Ziel ist dabei, dass Alt und Jung sich im Alltag unterstützen, sozusagen "Wahlverwandtschaften" eingehen. Ob beim Babysitting oder bei der Alltagshilfe für ältere Mitbewohner.

Das Konzept eine Idee zu nennen, ist eigentlich untertrieben. Denn seit vier Jahren arbeitet der Verein "Wohnen in Rottweil", hervorgegangen aus der Gruppe Agenda 21, schon daran, zukunftsfähige Lebensformen für Rottweils Kernstadt zu entwickeln. Zuletzt, einen Monat nach dem Ideenwettbewerb, gingen die Mitstreiter von W.I.R in einen Workshop bei der Architektengruppe I-Community in Karlsruhe, die auf solche Wohnkonzepte spezialisiert ist. Auf dem Arbeitsplan stand dort auch die Finanzierung. Dass diese nicht auf tönernen Füßen stehen darf, wenn das Konzept beim Gemeinderat und bei der Stadtverwaltung angenommen werden soll, ist den Machern von W.I.R. klar.

Deshalb setzen sie auf Bürgerbeteiligung: "Das soll für die Stadt kein Zuschussbetrieb werden", bekräftigt Wucher den festen Vorsatz des Vereins, für die öffentliche Hand kostenneutral zu bleiben. Im Klartext heißt das: Wer kann, beteiligt sich als selbst Wohnender an der Finanzierung des Projektes, und auch Bürger, die nicht im Spital leben wollen, denen aber an einer lebendigen Kernstadt gelegen ist, finanzieren die gute Sache mit Einlagen mit. Sponsoren und Mäzene sind willkommen, sofern sie sich mit dem Konzept identifizieren. Und das nimmt jetzt konkrete Formen an:

Bereits vergangenes Jahr haben Schwörer und Wucher zusammen mit Bernd Hamann, dem Sozialdezernenten des Landkreises, das Spital als möglichen Wohnort inspiziert. Fazit: Die Infrastruktur für das, was die Initiative vor hat, wäre da. Nicht nur, dass im Kernhaus, dort, wo jetzt noch alte Menschen gepflegt werden, Barrierefreiheit und klar strukturierte Stockwerke vorhanden sind. Im Untergeschoss befinden sich noch eine Küche und ein Backhaus, nutzbar für gemeinsame Kochabende oder auch für Projekte mit Kindern und Jugendlichen. Ein Café ist da, Platz, um sich auch dem Stadtquartier öffnen zu können. "Wir wollen in das Quartier hineinwirken", so das erklärte Ziel von W.I.R. Etwa für kulturelle Veranstaltungen oder Treffs. Traditionell sei ja das Spital auch "Narrenstüble". Überhaupt: Tradition und neue Lebensformen widersprächen sich bei dem Projekt nicht. Im Gegenteil. Das Wohnprojekt im Spital würde auch soziales Wohnen einschließen. "Wir wollen nicht, dass hier nur gut Betuchte einziehen", so die klare Position von W.I.R. Damit knüpfe man an die soziale Funktion, die das Spitals seit dem Mittelalter hat, an.

Einen ausschließlichen Anspruch auf den Gebäudekomplex will der Verein allerdings keinesfalls erheben. Denn es gibt Gebäudeteile, die sich für das Wohnprojekt nicht gut eigneten, so etwa das Herrenkramer-Haus. Daher sei man offen für andere Vereine, wie etwa die Stadtmusik, die ja Räume suche oder Initiativen, die gerne dazustoßen können. Der zweite, weit wichtigere Grund für die Offenheit von W.I.R nach außen ist aber, dass ihr Wohnprojekt, da es auch finanziell aus der Mitte der Rottweiler Bürgerschaft getragen werden soll, auf große Akzeptanz angewiesen ist.

Schon jetzt, so betonen Schwörer und Wucher, habe man viele Interessenten für das generationenübergreifende Wohnen. Jedoch gerade junge Familien oder Paare in der Familienplanung müssten schnell wissen, woran sie sind. Deshalb drängt die Zeit jetzt schon ein bisschen. "Mit dem Oberbürgermeister sind wir soweit verblieben, dass er in nächster Zeit auf uns zukommt, damit wir unser Projekt vorstellen können", ist Schwörer zuversichtlich. W.I.R. braucht eine Gelegenheit, Verwaltung und Gemeinderat zu überzeugen.

u Der Verein, mit Sitz in der Oberndorfer Straße in Rottweil, wendet sich an alle, die am generationenübergreifenden Wohnen interessiert sind, also Paare, Singles, Alleinerziehende, Ältere wie Jüngere oder die dieses im Organisationsteam voranbringen wollen. u Es engagieren sich hier sowohl Menschen, die generationenübergreifend Wohnen wollen und dafür Räume suchen, als auch solche, die die Initiative ideell und mit Sachverstand mittragen, zum Beispiel Architekten. u Wer Kontakt zum Verein aufnehmen will, kann sich an die Vorsitzende Christa Stockhaus, Telefon 0741/ 46 41 5, E-Mail: stockhaus.christa@t-online.de oder an Marianne Wucher, Telefon 0741/ 94 29 87-0, E-Mail: mail@wucher-rottweil.de, wenden.