Petra Elter (links), steht mit ihrer Bekannten Friedlinde Sicka vorm Haus ihrer Tante in Neufra. Dass das nach dem Juli-Hochwasser noch immer nicht renoviert ist, ist für Elter ein unerträglicher Zustand. Foto: Schickle

Wohnhaus in Neufra sieht zwei Monate nach Starkregen noch immer aus wie eine Baustelle.

Rottweil-Neufra - Petra Elter hat die Nase voll. Zu lange sieht es bei ihrer Tante, Hildegard Häsler, in der Zimmerergasse 5 in Neufra schon aus wie auf einer Baustelle. Zu tief sind die Spuren und noch immer zu sichtbar, die das Hochwasser vom 28. Juli hinterlassen hat. Das Erdgeschoss des kleinen Hauses ist praktisch unbewohnbar, seit die Starzel es überschwemmt hat. Über einen Monat lang hat die 93-jährige Häsler dennoch darin gehaust. Bis ihre Gesundheit nicht mehr mitspielte. Die Nichte wartet weiter jeden Tag darauf, dass sich endlich etwas tut auf der Baustelle. Dort allerdings surren noch immer nur die Bautrockner.

"So sieht es seit dem 28. Juli aus", sagt sie. Wohn- und Schlafzimmer, Küche und Bad: Alles musste herausgerissen werden, alles war kaputt. Eine Firma, beauftragt von der Versicherung, hatte das übernommen.

Hildegard Häsler habe schon mehrmals erlebt, dass die braunen Fluten ihr elterliche Haus unter Wasser setzten, sagt Elter. Renoviert wurde es nicht. Sie solle putzen, habe die Versicherung zur ihrer Tante einst gesagt. Weil diese sich nicht getraut habe, Forderungen zu stellen, sei es dabei geblieben.

Diesmal hat Petra Elter die Sache in die Hand genommen: Die Situation überfordert ihre Tante, auch körperlich. In einer Abstellkammer im Erdgeschoss hatte sie sich eine kleine Notküche mit zwei Kochplatten auf einem kleinen Tisch und einem Stuhl davor eingerichtet. Ansonsten hatte sich die Seniorin nach der Überschwemmung ins Obergeschoss des Hauses zurückgezogen. Die Treppe allerdings wurde zu einem fast unüberwindlichen Hindernis. Das alles sei zuviel für sie geworden, sagt Elter. "Jeden Tag war ihr schlecht", sie habe Kreislaufprobleme bekommen. Vor rund drei Wochen fand sie die 93-Jährige zitternd auf einem Stuhl sitzen. Gerade als Petra Elter einen Arzt rufen wollte, kippte ihre Tante vom Stuhl.

Mit einer Platzwunde am Kopf kam sie ins Krankenhaus. Nach der Entlassung war Elter klar: Ins Haus kann die 93-Jährige erst zurück, wenn es renoviert ist. Darauf wartet die Gosheimerin noch immer. "Es geht nicht mehr", sagt sie erbost. "Keiner weiß, wie’s weitergeht." Bei der Sparkassenversicherung müsse immer sie nachfragen. Der Sachbearbeiter habe ihr gesagt, er habe den Fall auf dem Tisch liegen, aber komme nicht dazu beziehungsweise sei im Urlaub, beklagt Petra Elter. Die Pressesprecherin der Sparkassenversicherung, Sylvia Knittel, dagegen erklärt, der zuständige Kollege sei irritiert angesichts der Vorwürfe. "Für uns ist der Schaden absolut unstrittig." Das Geld sei komplett frei gegeben, die erste Tranche schon gezahlt. Damit hat Elter tatsächlich auch bereits neue Möbel für ihre Tante gekauft. Nur: Wo soll sie sie aufstellen?

Knittel erklärt, dass sich auf der Baustelle nichts tut, weil die Trockner noch surren. "Solange sie noch stehen, kann man nichts machen." Das Trocknen könnte schon mal vier bis acht Wochen dauern. Der Schaden ist laut Knittel mit einer Höhe von rund 10 000 Euro groß. "Das zahlen wir natürlich auch." Die lange Wartezeit, das kann sie nachvollziehen, verlange den Betroffenen einiges ab.

Petra Elter fühlt sich derweil nicht nur vom Versicherer ihrer Tante, sondern auch von der Stadt im Stich gelassen. Nach Hildegard Häsler schaue keiner, wirft sie gerade Ortsvorsteher Willy Schaumann vor. Der sagt: "Die Ersthilfe war auf jeden Fall gegeben." Er war am 28. Juli vor Ort, das Wasser habe 50 Zentimeter hoch im Erdgeschoss gestanden. So schlimm wie Häsler dürfte es wohl keinen Starzel-Anrainer in Neufra getroffen haben, schätzt er. Auch am Tag danach und eine Woche später sei er bei Häsler gewesen. Damals habe ihm die Seniorin erklärt, es gehe schon, und sie hoffe, dass mit der Versicherung alles schnell geklärt wird. Auch Petra Elter sei in der Sache schon zweimal bei ihm gewesen. Aber: "Ich hab ihr gesagt, mit der Versicherung kann ich nichts machen."

Als die Gosheimerin auf der Suche nach einem Pflegeplatz für ihre Tante war, habe er die entsprechende Anfrage an die Mitarbeiterinnen der Ortschaftsverwaltung weitergeleitet. Als er das nächste Mal nachfragte, so sagt Schaumann, habe ihm Elter entgegnet: "Es ist alles erledigt." Damit war es das für den Ortsvorsteher Das Thema Hochwasser allerdings beschäftigt auch ihn noch immer: Er will eine Versammlung einberufen mit Anliegern, Mitarbeitern der Stadtverwaltung und Bürgermeistern der anderen von den Überschwemmungen betroffenen Kommunen. "Jeder hat sich sicher gefühlt durch das Rückhaltebecken – aber so ist es leider nicht."

Für Petra Elter dürfte die Aufregung ebenfalls weitergehen – nicht nur, bis in der Zimmerergasse 5 endlich wieder alles in Ordnung ist. Genervt hatte sie der Sparkassenversicherung angekündigt, sie müsse die Kosten für den Pflegeheimaufenthalt ihrer Tante übernehmen. "Der Mietwertersatz ist eingereicht und unstrittig", sagt Sylvia Knittel. Allerdings: Die Summe richte sich an den ortsüblichen Durchschittsmieten aus. Für einen Pflegeheimplatz fallen aber ganz andere Kosten an. "Da muss man noch mal in die Verhandlung gehen."