Die beiden 26-jährigen Angeklagten sollen laut Staatsanwaltschaft einen Kneipengast die Treppe am Hinterausgang hinuntergestoßen und ihn am Boden mit Schlägen und Tritten traktiert haben. Foto:  nito/Fotolia.com

Schlägerei in Rottweiler Kneipe. 26-Jähriger zu fünf Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Kumpel wird freigesprochen.

Rottweil - Nachts in einer Rottweiler Kneipe: Es wird getrunken, es wird provoziert. Letztlich wird einer die Treppe hinuntergestoßen, geschlagen, verletzt. Zwei junge Männer sitzen deswegen am Donnerstag vor Gericht auf der Anklagebank. Es sind keine Unbekannten.

Schon beim Warten vor dem Gerichtssaal wird klar: Die jungen Herren sind Profis vor Gericht. Die Stimmung ist gelöst, man geht noch schnell eine rauchen und spekuliert auf "hoffentlich wieder Bewährung". Ein ebenfalls wartender Zeuge ist dagegen sichtlich nervös. Der 17-Jährige war an dem Abend zum ersten Mal in besagter Kneipe, um mit Freunden den Schulabschluss zu feiern – als ihm draußen plötzlich der Verprügelte quasi vor die Füße fiel.

Die Schlägerei, um die es geht, ist fast klassisch für das, womit die Rottweiler "Kneipenmeile" immer mal wieder zu kämpfen hat: Besucher, die nicht einfach nur ein Bier trinken wollen, sondern auch gerne mal Ärger haben. Ein Rempler reicht, eine Geste, und schon legt es bei ihnen den Schalter um. An dem Abend sollen die beiden 26-jährigen Angeklagten laut Staatsanwaltschaft einen Kneipengast die Treppe am Hinterausgang hinuntergestoßen und ihn am Boden mit Schlägen und Tritten traktiert haben. Das Opfer trug etliche Prellungen im Gesicht und am Körper davon und war zwei Wochen krankgeschrieben.

Beide in Rottweil wohnhaften und derzeit arbeitslosen Angeklagten sind wegen Körperverletzung, aber auch wegen einer Vielzahl anderer Delikte vorbestraft. Einer hat bereits Jugendstrafen abgesessen, der andere war genau einen Monat vor der Tat im Juli 2016 zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden.

Der selben Richterin sitzt er nun am Donnerstag wieder gegenüber. Die Anklage: gefährliche Körperverletzung. Und der 26-jährige Beschuldigte legt auch gleich los mit seiner Schilderung. Er sei eigentlich schon "die ganze Woche davor" betrunken gewesen und hätte auch an dem Abend viel getrunken. In der Kneipe, die er mit dem Mitangeklagten besuchte, habe ein Gast sie mit Gesten provoziert. "Den Stinkefinger gezeigt und so." Als derjenige dann zum Hinterausgang rausgegangen sei, sei er hinterher. "Ich wollte ihm einen Arschtritt verpassen, da ist er die Treppe runtergeflogen." "Zwei Fäuste", habe er ihm dann noch verpasst, dann habe es auch schon einen Tumult gegeben und jemand rief "Polizei, Polizei". "Dann bin ich abgehauen." Sein Kumpel sei nicht beteiligt gewesen. "Von mir war es natürlich dumm, mich auf die Provokation einzulassen." 2,3 Promille hatte er zu dem Zeitpunkt, bezeichnet sich selbst aber als "noch recht fit". Wegen seines massiven Alkoholproblems absolviert er gerade eine Therapie.

Sein Kumpel, der Richterin ebenfalls bestens bekannt, hat an dem Abend nach eigener Aussage nichts gesehen. Vor der Hintertür seien "voll viel Leute" gewesen und er hätte sich nur unterhalten. Von den Schlägen hätte er erst mitbekommen, als die Polizei kam. Warum er denn überhaupt zum gleichen Zeitpunkt wie sein Kumpel hinaus gegangen sei, wollte die Richterin wissen. "Was weiß ich, keine Ahnung, frische Luft oder so."

Und dann gibt es da noch den Türsteher, der in seiner Aussage fest dabei bleibt, dass er gesehen hat, wie beide Angeklagten auf den am Boden Liegenden eingetreten haben. Er kennt die beiden, einem hat er Hausverbot erteilt. "Er hasst uns einfach", meinen die zwei auf der Anklagebank. Der Türsteher kann sich auf Nachfrage allerdings nicht mehr genau erinnern, wer wann den Hinterausgang angesteuert hat.

Auch der 17-jährige Zeuge hat Schwierigkeiten, sich ganz genau zu erinnern. Die Schläge des einen Angeklagten hat er gesehen. Aber den zweiten? Er denkt schon, kann es aber doch nicht sicher sagen. Auch er war alkoholisiert.

Der Geschädigte sollte eigentlich auch aussagen, war aber unentschuldigt nicht erschienen – was ihn nun 200 Euro Ordnungsgeld kostet. Seine damals bei der Polizei gemachte Aussage wurde verlesen. Darin heißt es, dass die beiden Angeklagten ihn mehrfach provoziert hätten. Er wollte nach Hause gehen, da habe er einen Schlag von hinten bekommen, danach hätte er "nur noch Schuhsohlen" gesehen, Schläge gespürt. Die Täter habe er nicht gekannt. "Aber sie sahen aus, wie man sich böse Jungs so vorstellt", so seine Aussage.

Eine besondere Rolle bei der Urteilsfindung spielt dann noch ein Schreiben, das der Angeklagte, der die Schläge eingeräumt hatte, dem Gericht vorlegt: Er hat eine stationäre Alkoholtherapie gemacht und wurde vorzeitig in die ambulante Therapie entlassen. Für Staatsanwaltschaft und Richterin ein Beleg, dass er auf einem guten Weg ist. Auch ein Job ist in Sicht. Negativ wirken sich seine Vorstrafen aus und die Tatsache, dass er zum Tatzeitpunkt unter Bewährung stand.

Das Urteil für ihn lautet: fünf Monate Freiheitsstrafe, ausgesetzt auf zwei Jahre zur Bewährung wegen Körperverletzung. Die Staatsanwaltschaft hatte sechs Monate Freiheitsstrafe auf drei Jahre zur Bewährung gefordert. Er muss 1000 Euro an die Staatskasse zahlen und wird angewiesen, seine ambulante Therapie erfolgreich abzuschließen. Sein Kumpel wird freigesprochen. Dass auch er zugeschlagen hat, konnte nicht bewiesen werden. Er freut sich sichtlich. Ob es der letzte Auftritt der beiden Herren vor Gericht war, liegt nun an ihnen. In Rottweils Kneipen wird man sie aber wohl noch öfter treffen.