Fühlen sich aufs Herzlichste miteinander verbunden: Groß und Klein im Rat. Foto: © Sergey Nivens / Fotolia; Montage: Obergfell Foto: Schwarzwälder-Bote

Ausschuss: Gleichbehandlung das Gebot der Stunde / Tolle Gesten sind doch noch möglich

Von Armin Schulz

Rottweil. So schnell ändern sich die Zeiten. Es ist noch nicht lange her, da ließen die Fraktionen im Gemeinderat – die Großen also – gegenüber den Fraktionslosen – den Kleinen – die Muskeln spielen und zeigten, wer im Gemeinderat das Sagen hat. Jetzt hat sich offensichtlich ein Klimawechsel vollzogen und dies ziemlich zügig. In der Sitzung des Kultur-, Sozial- und Verwaltungsausschusses verfuhren die Stadträte nach dem "Wir haben uns alle lieb"-Prinzip.

Vor allem die Freien Wähler, die einst die Zähne fletschten, zeigten sich überraschend großzügig und plädierten für eine allseits gerechte Behandlung. Nicht ganz uneigennützig, wie sich herausstellte. Denn dann sei man am wenigsten angreifbar, sagte Fraktionschef Martin Hielscher. Damit erinnerte er an kontroverse Diskussionen in den Gremien in jüngster Vergangenheit, in der die Freien Wähler eine exponierte Stellung eingenommen hatten. Das Thema taugt also doch für große Gesten.

Bis vor Kurzem stritten die Großen mit den Kleinen – etwa um deren Stellung im Ältestenrat. Dort sind die Fraktionslosen immer noch nicht zugelassen, doch in zwei anderen Bereichen konnten sie punkten: Sie erhalten Geld aus dem städtischen Topf für die Fraktionsarbeit, und sie dürfen sich im Mitteilungsblatt äußern. Die im Ausschuss getroffenen Entscheidungen sind nun so gerecht, dass es keinen Unterschied mehr macht, ob die Stadträte einer Fraktion angehören oder nicht oder wie stark dieser Zusammenschluss ist. Das wurde im Ausschuss einstimmig (bei zwei Enthaltungen) beschlossen: Die im Haushalt eingestellte Summe von 4000 Euro für die Fraktionsarbeit wird auf alle 26 Stadträte gleichmäßig verteilt. Es gibt somit keinen Sockelbetrag für die Gruppierungen in Höhe von 350 Euro. Das hatte der Vorschlag der Verwaltung vorgesehen.

Auf Antrag der Freien Wähler wurde diese Idee zugunsten der gerechtesten aller Verteilungsmodelle gekippt. Somit ergibt sich für die CDU eine Gesamtsumme von 1231 Euro im Jahr, die Freien Wähler erhalten 1077, SPD und Grüne je 461, FFR und FDP je 308 und Jens Jäger 154 Euro. Ausgeben kann man das Geld nur für bestimmte Zwecke, jedoch nicht für Spenden oder Festivitäten.

Keine Chance hatte der Vorschlag von FDP-Rat Michael Gerlich. Er hätte es gerne gehabt, dass die Fraktionen auf diesen Obolus verzichtet hätten, dass die Stadtkasse nicht zusätzlich belastet worden wäre. Das wurde mit großer Mehrheit abgelehnt.

Große Einigkeit herrschte auch in der Frage, wer sich in wie vielen Zeilen im Mittelungsblatt der Stadt äußern darf. Zur beeindruckendsten Geste war dabei das SPD-Team imstande. Die Stadträte wollen Jens Jäger – er trat bei den Kommunalwahlen 2014 auf deren Liste an, verließ wenig später die Fraktion im Streit – einen Teil ihrer Zeilen überlassen, die ihnen laut Redaktionsstatut zustehen.

Ziel von Oberbürgermeister Ralf Broß war es, die Äußerungen der Stadträte auf eine Seite im Monat zu beschränken. Die Verwaltung hatte vorgeschlagen, die beiden großen Fraktionen hier etwas zu bevorzugen. Auf Antrag der Grünen-Stadträtin Ingeborg Gekle-Maier verständigte sich der Ausschuss einstimmig auf die Gleichverteilung. Alle sechs Gruppierungen und Wählervereinigungen verfügen im Monat über ein Zeichenbudget von rund 1300 Zeichen. Jäger kann sich auf Kosten der SPD äußern, wenn er will.