Das Fasnetskonzert in der Stadthalle lockt viele Besucher.Foto: Schnekenburger Foto: Schwarzwälder-Bote

Fasnetskonzert: Stadtkapelle sorgt für emotionale Bilder / Kabarett beleuchtet auch Rottweiler Interna

Um die Welt und durch die Zeit: Der Anspruch der Stadtkapelle beim Fasnetskonzert ist wahrlich kein geringer. Nach gut zweieinhalb Stunden kann man feststellen: zurecht – Anspruch erfüllt.

Rottweil. Die Stadthalle ist bunt geschmückt, Musiker von Stadtkapelle und Jugendkapelle haben ihre Kostüme angelegt – oder doch nicht, denn die Ouvertüre ist ganz klassisch: Mit dem Rottweiler Narrenmarsch ziehen die Musiker am Sonntagabend in den Saal. Und nicht nur das Publikum ist ganz entzückt, sondern auch Moderator Frank Golischewski. Der ist von Mainz nach Rottweil gekommen – "von Fastnachts-Hochburg zu Fastnachts-Hochburg" hat er noch am Nachmittag geschrieben –, um durch das Programm zu führen. Und er macht keinen Hehl daraus, dass ihm der Rottweiler Narrenmarsch durchaus liegt, seit er 1981 zum ersten Mal als Student der Trossinger Musikhochschule ins Publikum beim Rottweiler Narrensprung wechselte.

Natürlich werden auch die Narrenmärsche der Schwesterzünfte ordentlich gewürdigt. Der Überlinger verweist immerhin in die Barockzeit und ist damit auf der Zeitschiene ein Ausgangspunkt. Und während es im Programm munter rund um die Welt geht, von Chanson bis Calypso gewissermaßen, endet die Zeitschiene nicht etwa bei "Lemon Tree", von dem die Jugendkapelle ein sehr schönes Arrangement serviert, oder dem "Toto"-Medley der Stadtkapelle, sondern mit der kabarettistischen Musik-Reprise auf eine Begebenheit am Narrentag: "Hallo, I glaub’ i kenn’ di" bringt den Saal ins Smartphone-Zeitalter, zum Schmunzeln und Mitsingen. Vorsängerinnen sind Leonie und Elisa Braun, und zuvor gibt es vom Trio Volker Braun, Simon Busch und Jo Aiple entwaffnende Einblicke in Rottweiler Gremiensitzungen: Während bei demnach Stadtkapelle und Volksbank wenig läuft, läuft bei der Narrenzunft gar nichts. Außer Rührung. Wenn auch der Nachklang vom Nachklang vom Nachklang des Narrentags noch solche Überwältigung schafft, muss man einfach zustimmen: Angesichts dieses Ereignisses waren alle anderen bisher "Narradägle".

Das kann Golischewski vielleicht nicht nachempfinden, was er aber sehr gut kann, ist mit dem Publikum spielen. Und auf dem Klavier. Mit Karnevalsmütze – "bin gespannt, wie lange das Rottweiler Publikum das aushält" – und Fez ordnet er die vergangenen Jahrzehnte in eine Schlager-Chronologie ein und darf sich der Textsicherheit seiner Gäste sicher sein. Des Lachens nach Analyse dieser nicht immer inhaltsschweren Texte übrigens auch.

Die spielen bei der Musik der Stadtkapelle nicht unbedingt eine Rolle. Dort geht es um Bilder, die Clemens Berger mit den Musikern zaubert – und mit ihnen Emotionen. Das funktioniert beim launigen "Tequila", ja, genau, mit dem Stadthallenchor bei der einzigen, dafür aber wiederkehrenden Textstelle, genau so gut wie bei den stimmungsvoll gespielten Glenn-Miller-Titeln oder "New York". Atmosphärisch am dichtesten geriet mit "La Mer" der Auftakt der von Akkordeonistin Christina Felder mitgestalteten Frankreich-Reise. Und dann ist es doch so weit: Die Hymne zur aktuellen Lage hat auch einen Text. Während Stadt- und Jugendkapelle auf der Bühne zeigen, dass sie bestens gerüstet sind, klingt es im Saal: "Auf, wachet auf..."