Schwergewichte in Sachen Wein: Michael Grimm und eine "Nebukadnezar" Foto: Schnekenburger Foto: Schwarzwälder-Bote

Kunstaktion: Besondere Ideen fordern besonderen Einsatz

Es war schon ein Kraftakt, die mächtigen Gefäße aus Weißglas an den Start zu bringen, und in der Region Bordeaux fehlen jetzt eben vorläufig zehn Dutzend der Flaschen. Schuld daran ist Michael Grimm. Zum Glück.

Rottweil. Es ginge sogar noch eine Nummer größer, doch "Nebukadnezar" passt perfekt ins Jahr der Türme. Immerhin trägt die Flasche, der Forum Kunst eine besondere Aktion gewidmet hat, doch den Namen des Königs, in dessen Amtszeit die Fertigstellung des Turms von Babylon fällt.

Grimm ist nicht nur Weinhändler und, wie man weiß, ein echter Experte, sondern auch einer, der im Laufe der Zeit ein großes Interesse an Kunst entwickelt hat. Wer ihn in der Bacchus-Vinothek besucht, bekommt einen lebhaften Eindruck davon. Irgendwann standen auch eine Reihe leerer Flaschen im Büro. Wie die Orgelpfeifen. Von klein bis ziemlich groß.

Eine der großen gab er einem Künstler, der allerdings nichts so richtig damit anzufangen wusste. Schade, dachte sich Grimm, eigentlich könnten solche Objekte doch zur künstlerischen Auseinandersetzung reizen. Sie tun es, wie die Aktion "Nebukadnezar" von Forum Kunst beweist. Dessen künstlerischer Leiter zeigte sich von der Flaschengalerie nicht nur beeindruckt, sondern so motiviert, dass er dem Impuls gerne folgte. Und in größerem Maßstab als der Weinhändler gedacht hatte.

"Ja, wir machen eine Aktion", erinnert sich Grimm an Knubbens Worte. Im Hintergrund stehen die großen Kunstfeste mit Fahnen und Koffern für Rottweil, die der Kunstverein veranstaltete. Großes Fest – große Flasche. Die zweitgrößte, die’s als gängige Größe gibt. Die für 15 Liter. Und das für potenziell alle noch lebenden Künstlerinnen und Künstler, die seit 1970 in Einzel- oder kleinen Gruppenausstellungen im Forum zu sehen waren. Erst sollte die Aktion 2018 steigen, dann passte sie doch noch gut ins Programm für das laufende Jahr. Dafür wurden auch jene eingeladen, die im kommenden Jahr im Rottweiler Bürgersaal zu erleben sind.

Damit fängt für Grimm ein Haufen Arbeit an. Zwar ist die "Nebukadnezar" ein einigermaßen gängiges Format, allerdings eher in Grünglas für rote Bordeaux-Weine. Seine Kunden nehmen sie schon mal, wenn sie ihr noch im Fass subskribiertes Kontingent abfüllen lassen. Freilich ist auch dort die "Salmanazar" gängiger. Weshalb? Die Bordeaux-Weine werden in der Regel in 0,75-Liter-Flaschen abgefüllt und zu je einem Dutzend in Kisten verpackt. Ergibt neun Liter, das Füllvolumen einer "Salmanazar". Die wäre auch in der Handhabung einfacher. Die größere ist aber irgendwie schöner. Insbesondere in Klarglas, weil man darin fast nur – weißen – Süßwein hat, und der wiederum fast nur in kleineren Mengen getrunken wird.

Das macht aus der ohnehin schon schwierigen Suche eine Expertensache. Eigentlich hätte er die Flaschen ja gerne in Deutschland herstellen lassen, sagt Grimm, doch winkten alle in Frage kommenden Glasfabriken ab. Über sein Netzwerk in Bordeaux – mit Tipps, Empfehlungen und immer noch viel Recherche kommt er an einen Hersteller. Der produziert die weißen Nebukadnezars aber nur einmal im Jahr. Als Grimm anfragt, sind noch rund 180 Exemplare am Lager. Nachdem die Order für Forum Kunst ausgeliefert ist, dürfen die Öfen für die nächste Auflage schon mal langsam warmlaufen. Oder anders: Das Rottweiler Kunstprojekt hat dem Weinmarkt eine ganz gehörige Portion ganz besonderes Transportverpackungsmaterial entzogen. Worin übrigens ein gewisser Reiz liegt, denn normalerweise geht es auch bei den großen Flaschen um den Inhalt. In diesem Fall aber rückt das Gefäß in den Mittelpunkt. Und auch das kann man genießen.