Die Planung des Landes sieht am Giebel des Staatlichen Lehrerseminars eine Feuertreppe vor. Die mittigen großen Fenster müssen zu Türen umgebaut werden, eine weitere Tür soll im Dachgeschoss (zwischen den vier kleinen Fenstern) entstehen. Foto: Otto

Staatliches Lehrerseminar bleibt vorerst weiter ohne Feuertreppe. Land muss nachbessern.

Rottweil - Es ist ein Hängen und Würgen, dabei ist die Lage klar: Das Lehrerseminar in der Kameralamtsgasse braucht eine Feuertreppe, sonst ist der Betrieb nicht machbar. Doch Zustimmung im Ausschuss gab es wieder nicht. Von "Erpressung" war gar die Rede.

Denn die unterschwelligen Signale vom Land, dass man ohne Ja zur Feuertreppe womöglich gezwungen sei, das Staatliche Seminar an anderer Stelle unterzubringen, stieß manchem Gemeinderat sauer auf. "Ich fühle mich erpresst", so Arved Sassnik (SPD), der die am Mittwoch im Umwelt-, Bau- und Kulturausschuss vorliegende Planung zur Feuertreppe wie viele seiner Ratskollegen als "nicht befriedigend" beurteilte. Oberbürgermeister Ralf Broß sieht keinen Druck vom Land, doch es sei nunmal Fakt: Ohne den nötigen Brandschutz sei die Nutzung für das Staatliche Seminar nicht mehr möglich.

Seit Oktober versucht das Land Baden-Württemberg, von der Stadt Rottweil ein Ja zum brandschutzrechtlich notwendigen Anbau einer Feuertreppe zu bekommen. Das Gebäude ist in Landeseigentum, liegt jedoch im Bereich der Bauvorschriften für den historischen Stadtkern. Problem ist der Aufenthalts- und Seminarraum im Dachgeschoss, der von bis zu 200 Menschen bevölkert werden kann, die im Brandfall keinen Fluchtweg haben.

"Wehret den Anfängen"

Viele Varianten wurden angedacht und verworfen, der Sanierungsbeirat hat sich mehrfach mit dem Thema befasst, der Bauausschuss hat die Sache bereits einmal vertagt, doch die nun vorliegende Planung der Feuertreppe an der Giebelseite konnte nicht überzeugen. Vor allem die großen Zugangsöffnungen an der Fassade "gehen gar nicht", so Hermann Breucha (FWV). Die Wichtigkeit des Seminars für Rottweil sei zwar unbestritten, man könne jedoch ein bisschen mehr Sensibilität vom Land erwarten.

An die "New Yorker Mietskasernen" fühlt sich Arved Sassnik erinnert und SPD-Kollege Jens Jäger mahnte: "Wehret den Anfängen". Als nächstens würden wohl Dachgauben beantragt. Heide Friederichs vermisste das Verantwortungsgefühl des Landes für das Gebäude. Und ohnehin könne sich, was Referendarzahl und Planungen in Sachen Seminar angehe, alles schnell wieder ändern. Die Frage von Peter Schellenberg (FWV), ob die Treppe wieder zurückgebaut werden könne, beantwortete die Verwaltung mit einem klaren Ja.

Adelbert Hugger (CDU) zeigte Verständnis für die Bedenken der Kollegen, betonte aber auch: "Wir müssen uns bewegen, damit die jungen Leute da unten bleiben". Er empfahl, "die Kröte zu schlucken", aber an die Detailplanung nochmals ranzugehen.

Geschluckt wurde die Kröte letztlich nicht. Die Planung geht zurück an das Land als Bauherrn mit der Hausaufgabe, die Kritikpunkte nochmals aufzugreifen. Dies betrifft die Öffnungen an der Fassade, die Ausführung und Gestaltung der Treppe insgesamt mit eventueller Farbgebung oder Bepflanzung. Viel Spielraum bleibt allerdings nicht: Wie Marcus Kempka vom Denkmalschutzamt betonte, sind die Vorschriften eindeutig.

Und was, wenn das Staatliche Seminar im freiwerdenden Spital unterkommen könnte? Diesen gedanklichen Schlenker verfolgte das Gremium nicht weiter. Zum einen hat das Land genug eigene Gebäude, zum anderen trifft auch hier Historie auf harte Brandschutzbestimmungen.

Kommentar: Lieber leer?

Da kann kommen, was will: Wenn es um die historische Bausubstanz ihrer Stadt geht, ist mit den Rottweilern nicht zu spaßen. Grundsätzlich löblich. Doch wenn bei jeder Gelegenheit über Standortschwächung und Behördenabwanderung gejammert wird und Konzepte zur Innenstadtbelebung entwickelt werden, verwundert das Gebaren rund um die Feuertreppe am Staatlichen Lehrerseminar doch: Mancher Gemeinderat scheint das Gebäude in der Kameralamtsgasse lieber leer zu sehen, anstatt belebt von vielen jungen Menschen von überallher, die in der Stadt wohnen, einkaufen, ins Kino gehen. Wohlgemerkt: Es geht um notwendigen Brandschutz, nicht um einen spinnigen Glasanbau. Und das Gebäude ist historisch wertvoll, aber alles andere als prägend für das Stadtbild. Bleibt zu hoffen, dass das Land sich nicht eingeschnappt von den Socken macht.

Von Corinne Otto