Daniele Lange (links) und Monika Schmidt kennen das Leseverhalten der Bücherei-Nutzer. Foto: Müller

Digitale Medien sind auf dem Vormarsch. Bücher werden weiterhin am häufigsten ausgeliehen.

Rottweil - Die Stadtbücherei Rottweil nennt sich im Gegensatz zu vielen Mediatheken heute immer noch Bücherei. Dabei hat sie seit einigen Jahren viel mehr zu bieten als Bücher. Digitale Medien sind auf dem Vormarsch.

Leiterin Monika Schmidt kennt die Stadtbücherei wie ihre Westentasche. Vor 30 Jahren hat sie sie mit aufgebaut und weiß seither ganz genau, wie und was Rottweil liest. In den 30 Jahren hat sich viel getan. Datenträger kamen und gingen: Kassetten, DVDs und CDs waren mal beliebt, heute werden sie nur noch wenig nachgefragt, CD-ROMs verstauben in den Regalen.

Bücher zu allen möglichen Themen sind aber heute wie vor 30 Jahren, der Renner – besonders bei der Jugend. 42,8 Prozent der Ausleihen lassen sich auf Kinder- und Jugendliteratur zurückführen, weiß Schmidt. 43 .495 physische Datenträger stehen dicht gereiht in den Regalen. Doch seit 2012 bietet die Bücherei auch Medien an, die man gar nicht anfassen kann – digitale Medien. Besonders beliebt seien hier E-Books, vor allem Romane.

Während 2013 der Katalog noch 6781 digitale Medien umfasste, sind es mittlerweile 20 .510 Lizenzen. Aufgrund der beengten Platzsituation auf 300 Quadratmetern sind Schmidt und ihre fünf Mitarbeiterinnen froh, dass digitale Medien den Kunden eine breite Auswahl ermöglichen, ohne zusätzlich Raum zu beanspruchen. 15 .116 digitale Medien wurden im vergangenen Jahr entliehen. Dennoch sei das so eine Sache mit E-Books. "Die Technik ist ständig im Wandel, die Versionen werden fortlaufend aktualisiert. Viele ältere E-Book-Reader werden jetzt schon nicht mehr bedient", weiß die Bibliothekarin. Wer nicht auf dem Stand der Technik ist, kann somit nichts ausleihen.

Streaming als Konkurrenz

Auch beklagt sie, dass die Bücherei nicht für alle E-Books Lizenzen erhält, die sie gerne hätte. Die Verlage bestimmen, welche Werke für Büchereien bestimmt seien und zu welchem Preis – und der ist meist viel höher als der für Privatkunden. Um sich Lizenzen zu teilen und somit auch hohe Kosten abfangen zu können, schlossen sich Büchereien zwischen Tuttlingen und Zollernalbkreis zum Verband "SchwalbE" zusammen.

Obwohl Bücher ungeschlagen beliebt und so schnell nicht wegzudenken sind, meint Monika Schmidt, dass sich über kurz oder lang auch die Bibliothekslandschaft verändern wird. Medien, die bequem zu Hause via Streamingdienst konsumiert werden können, werden immer weniger nachgefragt. Daher sind beispielsweise Musik-CDs und DVDs zu einem großen Teil verantwortlich für den allgemeinen Rückgang der Ausleihezahlen. Früher oder später müsse man umdenken. In der frühen Planung sei ein Musikstreamingdienst gemeinsam mit anderen Bibliotheken.

Schmidt vermutet, dass sich die rückläufige Bibliotheksnutzung nicht nur auf Fernsehen und Internet zurückführen lässt. "Die Kinder und Jugendlichen sind heute viel länger in der Schule und müssen viel lernen" – da bleibe weniger Zeit zum Lesen als zu Zeiten vor der Ganztagsschule. Das Freizeitverhalten der Kinder habe sich verändert. Dennoch gibt es viele jugendliche Leseratten: "Die Kinder sind zwar technisch affin, doch Bilder anschauen und Bücher anfassen bleiben beliebt", weiß Schmidt. "Die Kinder, die heute regelmäßig lesen, hätten das auch früher gemacht – unabhängig von Fernsehen und Computer."

E-Books seien bei den jungen Lesern weniger gefragt. Dass Jugendliche nach Eintritt in eine weiterführende Schule immer weniger Schmökern, war laut Schmidt schon immer so. Das Lesen wandelt sich dann von der Freizeitbeschäftigung zum Alltagsbegleiter zur Bildung.

Generationen treffen sich

Wenn die Kinder weniger Zeit haben, die Bücherei zu besuchen, kommt die Bücherei eben zu ihnen. Deshalb verleihen die Bibliothekarinnen Medienboxen an Schulen und Kindergärten – zu einem bestimmten Thema oder passend zum gewünschten Alter. In der Nachmittagsbetreuung werde oft zum Buch gegriffen, die Boxen seien sehr beliebt.

Und in der Bücherei treffen Generationen aufeinander. Senioren, junge Familien und Kinder schmökern gerne zwischen den Regalen – schließlich ist von jedem Interessengebiet etwas dabei. Zwischen 150 und 300 Menschen gehen pro Tag in der Stadtbücherei ein und aus. Die Lust am Lesen ist also ungebrochen.