Plötzlich war sie weg, die Telefonzelle an der Predigerstraße. Damit ist das letzte gelbe Exemplar in Rottweil verschwunden. Foto: Otto

Monteure bauen Häuschen an der Ecke Predigerstraße ab. Mindestumsatz liegt bei 50 Euro. "Hotspot" in Fußgängerzone.

Rottweil - Wer seinen Kindern gerne mal zeigen wollte, wie man früher unterwegs telefoniert hat – nämlich in einer Telefonzelle – hat dazu in Rottweil keine Gelegenheit mehr: Das letzte gelbe Telefonhäuschen ist verschwunden. Da kann einem glatt ein bisschen nostalgisch zumute werden. An der Ecke Predigerstraße und Kieneweg trotzte das letzte Exemplar bis vor kurzem noch dem Handyboom. Mal war die Tür auf, mal zu – irgendwie schien die Zelle auch benutzt zu werden. Doch scheinbar nicht genug: Monteure haben das Relikt aus einer anderen Kommunikationszeit abgebaut, den Untergrund wieder versiegelt. Jetzt steht nur noch etwas verloren der gelbe Briefkasten daneben – ohne großen Bruder.

"Die Telekom darf bei Städten und Gemeinden einen Abbau vorschlagen, wenn es sich um extrem unwirtschaftliche Fernsprecher mit einem Umsatz von weniger als 50 Euro handelt", sagt Telekom-Pressesprecher Hubertus Kischkewitz. Wie genau der Umsatz beim letzten Rottweiler Exemplar lag kann er zwar nicht sagen, nicht selten sei mit den Apparaten, die aktuell abgebaut werden, schon bis zu einem Jahr nicht mehr telefoniert worden. "Der Wunsch nach einer Grundversorgung an dieser Stelle besteht durch die Bevölkerung offensichtlich nicht mehr", heißt es.

Doch ist es wirklich die letzte gelbe Telefonzelle, die in Rottweil an die (guten?) alten Zeiten ohne Handy erinnert? Über die einzelnen Standorte kann der Telekom-Mann auf die Schnelle keine Antwort geben. Immerhin ist herauszufinden, dass es 2011 noch fünf gelbe Häuschen im Stadtgebiet gab: in der Grundstraße, bei der ehemaligen Brauerei Pflug in der Tuttlinger Straße, in der Lehrstaße und beim Friedhof in der Königsstraße. Zur Sicherheit schauen wir einfach vor Ort nach – und in der Tat: alle sind bereits verschwunden.

Wer telefonieren will, hat dazu freilich trotzdem noch Gelegenheit. Weiterhin gibt es so genannte Basistelefone. Die Telekom stelle eine "bedarfsgerechte und flächendeckende Versorgung sicher", betont Hubertus Kischkewitz. In Rottweil kann man beispielsweise am "Hotspot" in der Fußgängerzone wie einst Münzen einwerfen und telefonieren, SMS versenden oder aber – die moderne Variante – sich mit Smartphone oder Laptop über WLAN ins Internet einloggen.

Dass längst nicht jeder ein Handy hat und immer noch öffentliche Fernsprecher nutzt, zeigt ein Blick nach Zimmern: Wie im Gemeinderat zu erfahren war, macht der öffentliche Fernsprecher in der Ortsmitte stolze 97 Euro Umsatz im Monat und bleibt deshalb erhalten. Gelb ist der allerdings nicht, es kann hinter einer unscheinbaren schwarzen Tür telefoniert werden.

Für Nostalgiker mit dem nötigen Kleingeld bietet sich übrigens eine Telefonzelle für den eigenen Garten an: Die Telekom verkauft die ausrangierten Exemplare. Preise und Konditionen können laut Pressesprecher schriftlich erfragt werden. Und vielleicht will ja auch die Stadt Rottweil ein gelbes Häuschen ergattern? Ideen zur Nutzung gibt es genug: In Schramberg überlegt man, eine "Bücherzelle" mit Lesestoff auf dem Rathausplatz anzubieten – für jene, die ihre Bücher inzwischen nicht auch schon auf dem I-Pad lesen.