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Der Krisenmodus strapaziert. Laufend kommen Busse an. Auch im Kreis Rottweil

Der Krisenmodus strapaziert. Laufend kommen Busse an. Auch im Kreis Rottweil entwickelt sich die Zahl der Flüchtlinge stark nach oben. Die große Kraftprobe mobilisiert. Städte und Gemeinden sind bei der Wohnraumbeschaffung stark gefordert, der Landkreis steckt beim Management für das Wohl der zahlreichen Ankömmlinge ohnehin mittendrin. Der Stressfaktor im Team des Sozialdezernenten Bernd Hamann äußert sich längst auch in verzweifelten Stellenausschreibungen. Leute mit pädagogischem Geschick oder/und handwerklichem Talent werden dringend gebraucht, um die zunehmende Aufgabenfülle zu meistern. Wenn es die zahlreichen ehrenamtlichen Helfer – mehr als 1000 sollen es im Kreisgebiet mittlerweile sein – nicht gäbe, die sich vor Ort – in Wohnungen und größeren Unterkünften – um die Menschen aus anderen Ländern kümmen, wäre es ebenfalls schlecht bestellt um eine Willkommenskultur, die sich ein Land wie die Bundesrepublik auch verfassungsmäßig auf die Fahnen geschrieben hat.

Dass die Menschen im Landkreis sich viele Gedanken machen zur Entwicklung der Flüchtlingsströme, vor allem aber dazu, wie ein fairer und ehrlicher Umgang vor Ort – in direkter Nachbarschaft mit den Zugereisten –möglich ist, zeigen auch die vielen, meist sehr gut besuchten Bürgerversammlungen. Dass dabei nicht nur schöngeredet wird im Sinne eines platten "Wir schaffen das", ist wichtig. Bürger sollen auch mit dem Aussprechen von Sorgen und Bedenken dazu beitragen können, dass sich das Zusammenleben mit Menschen aus anderen Kulturkreisen auf einer breiten Basis entwickeln kann. Eine offene Diskussionskultur, die nicht beschönigt, aber auch ohne Hetzparolen auskommt, ist auch ein Schlag gegen die Gerüchteküche, die aus vielen Quellen gespeist wird. Zu dieser leisten nicht nur jene, die gerne auch mal mit Halb- und Nichtwissen ein heißes Thema auf die Spitze treiben, ihre Bei- träge. Gewiss: Der Anspruch auf einige Quadratmeter Wohnraum (im Kreis Rottweil werden über den Standard hinaus bis zu acht Quadratmeter pro Person ermöglicht) und auf eine monatliche staatliche Zuwendung im Wert von 359 Euro dürfte vielen Flüchtlingen erst einmal als wichtige Wohltat erscheinen. Sie liegt aber um zehn Prozent unter dem Hartz-IV-Satz. Mit den monatlich 670 Euro, die der Kreis vom Land pro Flüchtling bekommt, hat die Behörde neben der persönlichen Zuwendung alle anderen Ausgaben für die Flüchtlingsversorgung zu bestreiten.

Vor allem junge Männer sind es, die sich aufmachen auf den Weg ins gelobte Land. Hier angekommen, müssen sie sich bis zum Check gedulden, der ihren Status festlegt. Eine richtige Arbeitstätigkeit ist für Asylbewerber erst nach einer Anerkennung möglich. Ein-Euro-Jobs im gemeindlichen Bauhof, auch Schneeschippen oder Gartenarbeiten bei Privaten, seien vorher drin, erklärt der Rottweiler Sozialdezernent auf Bürgerfragen immer wieder.

Dass es meist Menschen wie du und ich sind, erklärt Bernd Hamann augenzwinkernd auch. Schlitzohren gebe es überall, spricht’s und erzählt, wie er für eine Zusammenführung einen Flüchtling aufwendig von Hamburg nach Rottweil gelotst habe. Als sich herausstellte, dass eine verwandschaftliche Verbindung überhaupt nicht besteht, habe der Initiator treuherzig gemeint, "wir Afrikaner sind doch alle Brüder."