Was zunächst nach Fieberbläschen aussieht, kann erst der Hautarzt als Parasitenbefall durch die Krätzmilbe erkennen. Foto: SB-Archiv

Krankenkasse zahlt Medikamente nicht. Zehn Menschen sind von den Parasiten befallen.

Kreis Rottweil - "Da krieg ich die Krätze" ist hierzulande eine flapsige Redewendung. Doch jetzt ist eine Familie aus dem Kreis tatsächlich von der Plage betroffen, und hat nichts zu lachen. Zehn Personen sind angesteckt – und Medikamente werden nicht bezahlt.

Der 33-jährige Familienvater aus einer Kreisgemeinde ist mittlerweile verzweifelt. Alles hatte bei seiner Schwester mit seltsamen Bläschen auf der Haut angefangen. Bis der Hautarzt schließlich die Krätze diagnostiziert hatte, waren schon mehrere Familienmitglieder angesteckt. Das Kind des 33-Jährigen, die Eltern, die Kinder der Schwester und weitere Verwandte. Alle sind von der Krätzmilbe befallen, die sich in die Oberhaut einbohrt und dort ihre Eier ablegt. Es bilden sich juckende Bläschen, Quaddeln und in der Haut entstehen durch die Milben ganze Kanäle, die beim Arzt unter dem Mikroskop zu erkennen sind.

"Es ist die Hölle", sagt der 33-Jährige. Und das nicht nur wegen der Belastung durch die Krankheit, die Wochen dauern kann und intensive Pflege- und Hygienemaßnahmen erfordert, sondern auch, weil die "Krankheit" eben gar keine ist. Nur für unter Zwölfjährige wird von den Krankenkassen eine Salbe bezahlt. "Für uns Erwachsene bezahlt die Kasse gar nichts", ärgert sich der 33-Jährige. Er habe jetzt auf eigenen Wunsch ein Rezept für eine hochwirksame Tablette bekommen, die 120 Euro kostet. Die Kosten muss er alleine tragen.

Und: Obwohl er seit drei Wochen schwer von den Parasiten befallen ist, wurde er nicht krankgeschrieben. "Ich bin Kraftfahrer, gehe jeden Tag arbeiten und fahre die Abladestelle an", erzählt er. Dabei sei die Krankheit doch hoch ansteckend.

Gefährdet sind Menschen mit schwachem Immunsystem

Der Leiter des Gesundheitsamts Rottweil, Heinz-Joachim Adam, bestätigt, dass die "Krätze" durch Körperkontakt übertragbar ist. Deshalb ist sie meldepflichtig, wenn Gemeinschaftseinrichtungen betroffen sind. Der Besuch von Schule und Kindergarten sowie das Arbeiten in Gemeinschaftseinrichtungen ist Betroffenen per Gesetz verboten. In Europa trete die Krankheit meist nur noch sporadisch bei Kindern und Müttern auf. Besonders gefährdet sind laut Adam Menschen mit schwachem Immunsystem. "Wir bekommen das immer wieder mal gemeldet, gerade aus Einrichtungen wie Altenheimen", sagt Adam.

Die jetzt betroffene Familie habe man ausführlich beraten und stehe auch in engem Kontakt mit dem behandelnden Arzt. Täglicher Wechsel der Bettwäsche und der Kleidung, die richtige Behandlung mit der Salbe oder Tabletten – Adam versteht die Belastung der Familie, allerdings gelte die Krätze nun mal als parasitärer Befall wie beispielsweise Läuse. Und da werde eben nur für Kinder bezahlt.

Nachfrage bei der Krankenkasse: Durch das Gesundheitsmodernisierungsgesetz von 2004 seien die Richtlinien hier klar. "Antiparasitäre Mittel" seien ebenso wie Schnupfen- oder Grippemittel aus dem Leistungskatalog herausgenommen worden. Diese gelten als Mittel mit geringem therapeutischem Nutzen.

Bleibt zu hoffen, dass sich die Befürchtung des betroffenen Familienvaters nicht bestätigt: "Wir stecken bestimmt noch mehr Menschen an."

Info

Die Krätze

Krankheit
Die Krätze (medizinisch Scabies oder Acarodermatitis) ist eine parasitäre Hautkrankheit, verursacht durch die Krätzemilbe. Die rund 0,3 bis 0,5 Millimeter großen Weibchen bohren sich in die Oberhaut und legen dort Kotballen und Eier ab. Krätze bei Tieren wird umgangssprachlich Räude genannt, wobei hier auch andere Milben vorkommen.

Auswirkungen
Es bilden sich Bläschen, Pusteln, Blasen, Quaddeln und als Folge des Juckreizes oft Kratzwunden und Furunkel. Die Inkubationszeit beträgt drei bis sechs Wochen.  Bereits bei Verdacht gilt für Betroffene ein Verbot des Aufenthalts und Arbeitens in Gemeinschaftseinrichtungen.