In Neukirch erinnert man sich mit Schmerzen an die Katastrophe im September 1992

Rottweil-Neukirch (ans). Eine Geschichte begegnete uns bei unserem Orts-Check in Neukirch immer wieder: Der Kirchenbrand vom 11. September 1992. Die Bürger erinnern sich nicht nur, er bewegt sie bis heute.

"Die Glocken der Kirche läuteten während des Brandes." Während die Neukircher erzählen, glaubt man fast an ein kleines Wunder. Doch Ortsvorsteher Walter Keller holt einen schnell auf den Boden der Tatsachen zurück: "Das Geläut der Glocken wurde von einem elektrischen Kurzschluss ausgelöst". Aber auch Keller wird pathetisch: "Mit ihrem Läuten verabschiedeten sie sich."

Von der Kirche blieb nicht mehr als die Grundmauer übrig, nur das Einstürzen des Turmes konnte "durch massiven und gezielten Einsatz der verschiedenen Feuerwehren verhindert werden", steht in den Analen der Stadt Rottweil geschrieben. Die sakralen Figuren hingegen und viele weitere Teile der Kirchenausstattung konnten von beherzten Bürgern gerettet werden.

Die Ortskirche gehörte 1137 dem Kloster St. Blasien. Sie war ein Geschenk seines Stiftes Gottfried von Bernau. Die dem Heiligen Petrus und Paulus geweihte Kirche wurde 1737 neu erbaut und 1739 an das Rottenmünster verkauft. Zum Zeitpunkt des Brandes stand die Kirche nach mehrjähriger Renovierung kurz vor dem Abschluss. Sie nun in Flammen aufgehen zu sehen, war für die Neukircher umso schmerzlicher.

Ein Zeitzeuge berichtet, dass sich bei den Schweißarbeiten ein Funke durch eine Ritze bis zum Dachboden vorarbeiten konnte und sich dort entzündete. Doch bemerkt wurde der Brand nicht von einem der Bauarbeiter, sondern von einem Landwirt, der auf herabfallende Ziegel aufmerksam wurde.

Insgesamt 100 Feuerwehrmänner aus Rottweil und den Abteilungen Neukirch und Zepfenhan, wie den Feuerwehren aus Schömberg, Balingen und Zimmern eilten zur Rettung.

Zwei Stunden später war der Kampf zu Ende. Das Kirchendach über dem Längsschiff stürzte ein. Erfolgreich besiegt wurde jedoch das Feuer am Turm, und auch das benachbarte Pfarrhaus konnte vor den Flammen geschützt werden. Nach der Brandkatastrophe wurden die Gottesdienste im Ort zunächst im Probelokal der Musikkapelle und anschließend in der eingerichteten Notkirche in der Gymnastikhalle der Grundschule zelebriert, erinnert sich Keller.

Im Juli 1993 goss die Glockengießerei Bachert in Bad Friedrichshall die neuen Glocken, und einige Neukircher Bürger reisten für dieses Ereignis vor Ort. An Allerheiligen 1993 erklangen die neuen Glocken erstmals wieder über Neukirch, im April 1995 wurde die Kirche von Bischof Walter Kasper festlich eingeweiht. Voller Stolz feierten die Bürger die Wiederauferstehung ihrer Kirche. Die geretteten Figuren der Kirche wurden mit modernen Elementen kombiniert. Der Rottweiler Künstler Tobias Kammerer setzte neue Kirchenfenster ein, die heute über den Ort hinaus bekannt seien, freut sich Keller.

Über 4,2 Millionen Mark habe der Wiederaufbau gekostet, wobei 2,6 Millionen Mark von der Versicherung getragen wurde. Dankbar sei er, betont Keller, den "vielen Menschen aus Nah und Fern", die die örtliche Kirchengemeinde mit Spenden unterstützten.