Trotz Schlössern und Gittern gibt es zwischen Gefangenen und der Außenwelt viele Kontaktmöglichkeiten. Foto: Anspach

Sport, Kultur, Produkte und Restaurants: Zwischen "drinnen und draußen" gibt es viele Schnittstellen.

Rottweil - Jetzt diskutiert ganz Rottweil über das geplante Großgefängnis. Sollte es dann mal stehen, schließt sich aber die Tür hinter Gefangenen, Justizvollzugsbeamten und Besuchern. Das muss nicht sein, sagt das Justizministerium. Zwischen Vollzug und Öffentlichkeit gibt es allerlei Berührungspunkte.

Immer wieder engagieren sich Ehrenamtliche hinter Gittern: Eine Zeit lang habe ein Schauspieler eine Schauspielgruppe in der JVA Rottweil geleitet, ein anderer bot einen Literaturkreis an und einmal im Jahr gibt es ein Hoffest, bei dem auch schon mal Bands von draußen auftreten, berichtet Michael Eich, der geschäftsführende Sozialarbeiter im Rottweiler Gefängnis.

Auch im geplanten Großgefängnis auf dem Esch soll die Öffentlichkeit einen Platz hinter Gittern haben: Justizminister Rainer Stickelberger (SPD) hatte schon in der Bürgerversammlung im Mai zugesagt, dass Rottweiler Vereine die Sportanlagen mitnutzen können. In der JVA Heimsheim wird dies bereits umgesetzt: Montag- bis freitagabends ist die dortige Sporthalle fast täglich von Sportvereinen aus den Nachbarorten belegt, teilt das Justizministerium auf Nachfrage mit.

Kontakte zur Außenwelt erhalten

In der JVA Mannheim gibt es sogar einen eigenen Verein. Im Vollzugssportclub VSC Rot-Weiß Mannheim machen Inhaftierte und Gefängnisbedienstete gemeinsam Sport. Die Turnhalle gehört dem Club, wird aber von einer Schule und weiteren Vereinen mitgenutzt. Die Tischtennisgruppe der Strafgefangenen spiele sogar in der Kreisklasse C. Allerdings: "Für die Gefangenen gibt es nur Heimspiele", berichtet Peter Wieczorek, Referent für Öffentlichkeitsarbeit im Stuttgarter Justizministerium. Alle Spiele der Runde mit externen Mannschaften finden in der Anstalt statt.

Der moderne Behandlungsvollzug sei auf die Resozialisierung ausgerichtet, erklärt Wieczorek. "Dafür ist entscheidend, dass die Gefangenen die Kontakte zur Außenwelt so weit wie möglich erhalten." Zunächst natürlich zu den ihnen nahestehenden Menschen, aber auch durch Sport oder Musizieren mit Nicht-Inhaftierten. Dies trage "erheblich zur Chance auf erfolgreiche Resozialisierung und ein Leben ohne Straftaten bei".

Als Beispiel nennt er die Mannheimer JVA: Im Juni und Juli 2014 hatten Strafgefangene in Kooperation mit dem Nationaltheater in der Stadt Shakespeares "Hamlet" aufgeführt. Die Aufführungen in der Sporthalle waren öffentlich. Und Häftlinge in Heilbronn seien beim Festival "Tanz! Heilbronn 2013" aufgetreten – ebenfalls vor Publikum. Solche Beispiele gibt es viele, auch in Adelshheim, wo sich eine Jugendstrafanstalt befindet. Dort können sogar bis zu 34 Jugendliche aus der Region, die nicht inhaftiert sind, eine Berufsausbildungen in den Gefängnisbetrieben machen. "Die externen Auszubildenden erwerben zusätzlich zu den beruflichen Fertigkeiten große Erfahrungen im zwischenmenschlichen Umgang", sagt Peter Wieczorek.

Überhaupt sind die Betriebe in den Gefängnissen ein Bindeglied zwischen drinnen und draußen: Die Häftlinge in Heilbronn stellen "Jailers-Taschen" aus Lastwagenplanen und Leder her. Zu haben sind sie im Internet, im eigenen Gefängnisladen und in dem der JVA Bruchsal. Dort gibt es außerdem Obst, Gemüse sowie Wurst und Eier aus eigener Erzeugung. In Mannheim existiert ein Laden mit angrenzendem Bistro. Dort zeigt sich auch, dass in baden-württembergischen Gefängnissen durchaus Platz für Humor ist: "Knackpunkt" heißt die Verkaufsstelle. Und in Heimsheim bauen Inhaftierte Nistkästen, die den Namen Ei-Zelle tragen, in Bruchsal werden Fahrräder namens "Fluchthelfer" hergestellt.

Doch nicht nur solche Produkte schaffen Verbindungen zur Außenwelt, auch Essen bringt zusammen: die "Rottenburger Tafelrunde" beispielsweise. Unter Anleitung eines Spitzekochs bereiten Gefangene jedes Jahr ein Martinsgans-Menü zu, zu dem jeweils eine andere bedürftige Gruppe aus Rottenburg und Umgebung eingeladen sei. Etwas ähnliches gibt es in England, wie der Rottweiler Architekt und Projektbeauftragte Alfons Bürk kürzlich berichtete: ein öffentliches Sterne-Restaurant hinter Gittern, wo Gefangene die Menüs zubereiten.