Alfons Bürk (von links), Oberbürgermeister Ralf Broß und Bürgermeister Werner Guhl stellen im Redaktionsgespräch die Pläne für die Bürgerversammlung zum Gefängnisneubau vor. Foto: Schnekenburger

Große Versammlung in Stadthalle mit Vertretern der Landesregierung. Davor runder Tisch.

Rottweil - Der Donnerstag, 21. Mai, könnte in Rottweil der Tag der Bürger werden. Dann haben sie die Möglichkeit, zum Thema Gefängnisneubau nachzufragen, ihre Meinung zu sagen, mitzugestalten, zuzuhören und zu diskutieren. Nicht nur die Rottweiler, auch aus den Nachbargemeinden.

Um 19 Uhr wird an diesem Abend die Bürgerversammlung beginnen – wie schon vor Jahren zum Standort Bitzwäldle in der Stadthalle Rottweil. Der Veranstaltungsort und das Thema Gefängnisneubau dürften aber zwei der wenigen Parallelen bei dieser Form der Bürgerbeteiligung bleiben.

Das lange Podium auf der Bühne vor endlosen Stuhlreihen soll es nicht mehr geben, wie Oberbürgermeister Ralf Broß, Bürgermeister Werner Guhl und Berater Alfons Bürk gestern im Redaktionsgespräch erklärten. Stattdessen die aufgelockerte Atmosphäre, wie sie sich im Sonnensaal bei den Informationsveranstaltungen zum Testturm bewährt hat. Als Gesprächspartner stehen unter anderem Justizminister Rainer Stickelberger, Staatsrätin Gisela Erler, Broß, Guhl, Bürk und Fachbereichsleiter Lothar Huber zur Verfügung. "Je nach Thema werden unterschiedliche Fachleute da sein", sagt Guhl. Drei große Themenkomplexe sind geplant: der Vollzug, der Standort Esch und die Chancen für die Stadt.

Im Unterschied zur Bitzwäldle-Veranstaltung bleibt es nicht bei diesen drei Runden, für die jeweils grob 30 Minuten eingeplant sind. Wer nicht vor der versammelten Menge ans Mikrofon treten will, kann anschließend an Informationstafeln mit den Fachleuten ins Gespräch kommen und seine Frage so in kleinerer Runde stellen. Und es wird darüber hinaus die Möglichkeit geben, seine Frage oder sein Statement auch schriftlich loszuwerden. Drei Ebenen der Kommunikation bietet die Stadt damit, "denn wir wollen für jeden Interessierten das passende Podium bieten", machen Broß und Guhl deutlich.

Eine vierte Ebene ist der Abendveranstaltung zeitlich vorgeschaltet. Aus den Gesprächen in Stuttgart mit der Landesregierung haben Broß und Guhl die Anregung mitgenommen, einen runden Tisch anzubieten. Nachmittags von 16 bis 18 Uhr sind dazu etwa Vertreter der Naturschutzverbände, der Bürgerinitiative, der Gerichte, der Kriminalpolizei, des Gefängnisses, der Staatsanwaltschaft, der Bewährungshilfe, der Gefängnisseelsorge, des Justiz- und des Staatsministeriums, der Kirchengemeinden, der Stadtverwaltung oder auch die Fraktionssprecher sowie die Bürgermeister der Verwaltungsgemeinschaft und von Villingendorf eingeladen. Rund 30 Personen sollen dabei die Gelegenheit haben, unter der Leitung eines externen Moderators Sachgespräche zu führen. Diese breite Auswahl spiegelt wider, wie tief verankert das Thema Justizvollzug in Rottweil ist.

Oberbürgermeister Broß weist darauf hin, dass die Bürgerversammlung zwar eigentlich ein Angebot für die Rottweiler sein wird, aber niemand aus den Umlandgemeinden abgewiesen oder nicht zu Wort kommen werde. Abgesehen davon macht sich die Verwaltungsspitze auf den Weg in die Nachbargemeinden. Am Montag wird Broß so beim Gemeinderat in Dietingen sein, am Mittwoch in Villingendorf.

Der Gang dorthin ist auch nötig, denn die Umlandgemeinden üben sich in deutlicher Zurückhaltung zu einem möglichen Großgefängnis für bis zu 500 Haftplätze im Gewann Esch. Der Dietinger Schultes Frank Scholz etwa spricht im jüngsten Amtsblatt die Beleuchtungssituation an, die sich damit auf die Gemarkung der Gemeinde Dietingen und das gesamte Landschaftsschutzgebiet auswirken würde. Der Gemeinderat in Villingendorf hat sich bereits gegen eine JVA im Esch ausgesprochen. Hier ist also noch viel Überzeugungsarbeit für Broß und Co. zu leisten.

Wie eine Vollzugsanstalt nachts beleuchtet wird, darüber will die Stadtverwaltung in der Bürgerversammlung am 21. Mai grundsätzlich informieren, eventuell mit Eindrücken von bestehenden Anstalten. Ebenso wird sie auf die generellen Einwände aus naturschutzrechtlichen Erwägungen eingehen. Was es nicht geben wird, ist eine Animation oder ein Modell eines Gefängnisses im Gewann Esch. Das halten Bürk und Broß für verfrüht.

Bürgermeister Werner Guhl indes hat ein wichtiges Argument vorzubringen. Er sagt: "Eine starke Stadt hat starke Nachbarkommunen, eine schwache Stadt eben schwache Nachbarn." Was er damit sagen will ist, dass Umlandgemeinden wie Dietingen, Villingendorf und Zimmern sehr wohl von einer Ansiedlung eines Großgefängnisses, von einem starken Rottweil, profitierten. Nicht nur, dass Aufträge für die Wirtschaftsbetriebe in den Umlandgemeinden winkten, sondern auch, dass Rottweil das Geld, das durch eine JVA in die Stadtkasse fließt, zum Ausbau der Infrastruktur verwenden werde – etwa in Ausbau und Sanierung der Schullandschaft. Immerhin beträgt der Anteil auswärtiger Schüler an Rottweiler Bildungseinrichtungen an die 60 Prozent, so Guhl.