Eine evangelische Messe, die vom Chor der Predigerkirche und dem Posauenchor musikalisch umrahmt wurde, gab es zum Reformationsjubiläum in der Predigerkirche. Fotos: Siegmeier Foto: Schwarzwälder-Bote

Feier: Evangelische Messe zum Reformationsfest in der Predigerkirche sehr gut besucht

Zu Reichsstadtzeiten hatten die Katholiken die Protestanten aus der Stadt gejagt. Das ist lange her. Am Dienstag, beim Gottesdienst zum Reformationsjubiläum in der Predigerkirche, erwiesen unzählige Katholiken den Protestanten die Ehre und ließen das Reformationsjubiläum in Rottweil zu einem Fest gelebter Ökumene werden.

Rottweil. Ist das Reformationsjubiläum ein Grund zum Feiern? War Martin Luther nicht auch eine sehr umstrittene Figur? Im Vorfeld wurde das vielfach diskutiert, doch der gute Kirchenbesuch zeigte, dass die Reformation, die vor 500 Jahren mit dem Thesenanschlag Luthers begann, durchaus bis in die heutige Zeit Bedeutung hat. "Wir feiern die Wiederentdeckung des Evangeliums. Und ich bin dankbar, dass wir diesen Tag hier in Rottweil in Freiheit und ökumenischer Verbundenheit begehen können", sagte Pfarrer Christian Honold zu Beginn der Messe, die er gemeinsam mit seiner Kollegin Gabriele Waldbaur zelebrierte, und freute sich über die große Anzahl Kirchenbesucher.

Das Bekenntnis zur Wahrheit und das Festhalten an gewonnenen Überzeugungen, und dies trotz anderslautender Mehrheitsmeinungen, stellte Pfarrerin Waldbaur ins Zentrum der Predigt.

"Das ist ein, oder vielleicht auch das Thema des Reformationstages", sagte sie. Luther habe sich zu der Wahrheit, die er erkannt hatte, öffentlich bekannt. Seine Thesen zur Diskussion gestellt und sich angreifbar gemacht. Vor der Macht der Kirche und des Kaisers sei er trotzdem nicht zurückgeschreckt. Er war zum Ketzer erklärt und mit der Bannbulle belegt worden. Es war also richtig gefährlich für "diesen einzelnen kleinen Mönch, der es in Worms nun mit dem Kaiser, den Fürsten und den Gesandten des Papstes aufnehmen musste", so Waldbaur. Vermutlich habe ihm damals das Herz gebebt, so die Pfarrerin, aber dennoch ließ er auch vor all diesen Mächtigen keinen Zweifel daran, was in seinem Leben das Erste und Wichtigste ist.

Waldbaur machte deutlich, dass die Macht der kirchlichen Würdenträger zu Luthers Zeiten an der Angst der Menschen vor der Hölle hing. "Leider gab es diese Strukturen nicht nur in der mittelalterlichen Kirche, sondern es gibt sie in allen Kirchen, immer wieder bis heute. Auch in den lutherischen, in den reformierten Kirchen", sagte sie. Es gehe keinesfalls darum, ehrfurchtsvoll auf Luther zu blicken, "der ja auch nur ein Mensch aus Fleisch und Blut, mit Ecken, Kanten und Fehlern war", sondern um die persönliche Begegnung mit dem gnädigen Gott, die dann auch zum persönlichen Bekenntnis treibe. Heutzutage brauche es den Mut, für Überzeugungen konsequent einzutreten und die Fähigkeit zu lernen, sich korrigieren und inspirieren zu lassen und die eigene Meinung nicht zu überschätzen.

"Auch der Kirche täte es gut, mehr Profil zu zeigen. Eine Kirche zu sein, die beim Wort genommen werden kann. Eine Kirche, die sich damit sicher auch angreifbar macht, weil manche christlichen Wahrheiten unbequem für unsere Gesellschaft sind". Aber laut Waldbaur braucht es beide Haltungen. Die des kompromisslosen Eintretens ebenso wie die Fähigkeit, sich selbst in Frage zu stellen.

Die anschließende Mahlfeier wurde in ökumenischer Verbundenheit gefeiert. Katholiken und Protestanten traten gemeinsam an den Tisch des Herrn, um die Kommunion zu empfangen. Ein zukunftsweisendes Zeichen, wenngleich die Ökumene in Rottweil seit vielen Jahren einen hohen Stellenwert im kirchlichen Leben hat.

Die gut zweistündige Messe wurde vom Chor der Predigerkirche unter Leitung von Johannes Vöhringer, dem Posaunenchor, unter Leitung von Bastian Greschek, und Stefanie Rieger an der Orgel musikalisch umrahmt.

Im Anschluss wurde in der Kirche eine lange Tafel für das gemeinsame Mittagsmahl aufgebaut. Bei Linseneintopf und guten Gesprächen klang das Reformationsfest aus.