Akten im BFW-Prozess werden wohl noch einige Zeit gewälzt werden. Foto: Eisele Foto: Schwarzwälder-Bote

BFW-Strafverfahren: Angeklagte Frau sehnt Ende herbei / Kämpferischer Hauptangeklagter will eigene Schuld relativieren

Von Winfried Scheidel

Kreis Rottweil. Kann der im BFW-Strafprozess zusammen mit ihrem ehemaligen Mann angeklagten Frau ein weiteres längeres Verweilen auf der Anklagebank erspart bleiben? Während, wie berichtet, die psychisch sehr angeschlagene Frau jetzt der Ersten Großen Strafkammer am Landgericht Rottweil durch ihre Anwältin mitteilen ließ, dass ihr sehr an einer Beendigung des Verfahrens gegen sie gelegen sei, zeigt sich der Hauptangeklagte – ihr früherer Mann – unnachgiebig.

Er will die Frage nach den Schuldigen für Betrug und Untreue ganz genau erörtert wissen in der Meinung, seinen Führungsstil des Delegierens und seine joviale Art hätten in der alten Bösinger Fleischwaren GmbH (BFW) Mitarbeiter dazu genutzt, selbstredend kriminelle Energien zu entwickeln.

Wegen Verfahrens-verzögerung der Justiz für Angeklagte "Strafrabatt" von vier Monaten möglich

Der frühere Chef räumt zwar inzwischen ein – wohl vor allem mit Blick auf seine Gesamtverantwortung als Geschäftsführer – "falsch, dumm und unrecht" gehandelt zu haben, andererseits strickt er an einem Bild, bei dem – insbesondere hinsichtlich von Falsch- und Luftbuchungen zugunsten der alten BFW – führende Mitarbeiter als treibende Kräfte für kriminelle Machenschaften in den Fokus gerückt werden. Somit ist zur Klärung der Schuldfrage zu den Millionenvorwürfen weiterer Klärungsbedarf gegeben, die Kammer wird dafür nochmals intensiv in die Beweisaufnahme einsteigen und weitere Zeugen – viele zum wiederholten Mal – zu einer Aussage auffordern.

Wenn am nächsten Verhandlungstag – am kommenden Mittwoch – die angeklagte Frau durch ihre Anwältin, wie angekündigt, eine auf ein baldiges Verfahrensende zielende Erklärung abgeben lässt, dann sicher auch in der Erwartung, dass sich eine mögliche Haftstrafe im Bewährungsrahmen von höchstens zwei Jahren bewegen würde. Am 14. Verhandlungstag (9. März) hatte der Vorsitzende Richter Karl-Heinz Münzer im Rahmen eines Verständigungsversuchs bei "qualifizierten Geständnissen" auf ein denkbares Strafmaß zwischen einem Jahr und drei Monaten und einem Jahr und neun Monaten für die Frau verwiesen. Der Verständigungsversuch zwischen Kammer, Staatsanwaltschaft und der Verteidigung war allerdings gescheitert.

Unabhängig davon durften sich Beklagte und ihre Verteidiger am 9. März von der Kammer sagen lassen, dass "unabhängig von einer etwaigen Verständigung im Falle einer Verurteilung eine Kompensationsentscheidung zu Gunsten beider Angeklagter auf Grund Verfahrensverzögerung (Vollstreckungslösung) in Betracht kommt. Unter Berücksichtigung des gesamten Verfahrensgangs hält die Kammer einen Teil der Strafe von vier Monaten zur Kompensation bei jedem Angeklagten für angemessen."

Soll heißen: Die Kammer hat erkannt, dass das Verfahren, das sich bereits kurz nach dem Insolvenzantrag für die alte BFW im Juni 2011 abzeichnete, durch Verschulden der Justiz verzögert wurde und deshalb den Angeklagten ein "Strafrabatt" einzuräumen ist. Dabei wird von der Kammer zum Verzögerungsaspekt nichts erläutert. Der kann genauso auf eine schleppende Ermittlungsarbeit gemünzt sein wie auf den denkbaren Umstand, dass sich das Verfahren wegen allgemeiner Überlastung des Gerichts verzögerte.

Da der obige Sachverhalt von Münzer am 9. März gleich nach Bekanntgabe des von der Beklagtenseite abgelehnten Verständigungsversuchs dargelegt worden war, wurde diese Kammer-Bemerkung in der Berichterstattung vom 10. März irrtümlich als drohender Strafzuschlag von vier Monaten für unkooperatives Prozessverhalten statt eines "Rabatts" in dieser Höhe interpretiert.

Dem Hauptangeklagten früheren Kopf des Unternehmens war im Rahmen des gescheiterten – Verständigungsversuchs im März ein Strafrahmen zwischen zwei Jahren und sechs Monaten und drei Jahren Haft in Aussicht gestellt worden. Abzüglich der "Rabatt"-Monate läge er beim Blick auf diesen Strafrahmen immer noch über einer zur Bewährung aussetzbaren Strafe. Sein Ziel scheint es jetzt zu sein, sich in der weiteren Beweisaufnahme trotz seiner Verantwortung in der Chefrolle noch in erheblicher Weise von Schuldvorwürfen reinzuwaschen.