So sieht die neue Route für alle Narrensprünge aus. Grafik: maps4news/Holweger

Zunft ändert Sprungführung erneut. Jetzt geht es doch weiter "d’Stadt nab". Über Anträge wird nicht abgestimmt. Mit Kommentar.

Rottweil - Die Narrenzunft gibt sich einen Ruck: Nach den Protesten, die die Sprungänderung auch am Montag nach sich gezogen hatte, legt der Ausschuss eine korrigierte Variante vor. Es geht wieder "d’Stadt nab".

Der sehnlichste Wunsch der Mehrheit der Rottweiler Kleidlesträger scheint erfüllt: Beim traditionellen Narrensprung am Montagmorgen geht es weiterhin die Untere Hauptstraße hinunter. Die eigentlich vom Ausschuss einstimmig beschlossene Änderung, dass künftig bei allen vier Sprüngen von der Oberen Haupt- in die Hochbrücktorstraße und dann durch die Grafengasse vorbei an Konvikt bis zum Spital und dort zum Friedrichsplatz gejuckt werden soll, ist damit passé. Stattdessen geht es nun doch bis zum Spital hinunter und dann über die Gässchen zur Hochbrücktorstraße und schließlich zum Friedrichsplatz. Diese Variante kommt laut Zunft seit 2008 Dienstagmorgens zum Einsatz. Bei einem einmaligen Versuch am Nachmittag im Jahr 2012 allerdings hatte sie sich nicht bewährt. Wegen der vielen Narren wurde es in der Grafengasse zu eng – ein Sicherheitsrisiko.

Jedoch, erklärt die Zunft, habe diese Sprungführung bei einem Treffen der Gegner der zunächst beschlossenen Streckenänderung in der Weinstube Grimm Unterstützung erfahren. Darum habe der Vorstand zusammen mit Polizei, Feuerwehr und Mitarbeitern der Stadtverwaltung die Variante erneut geprüft.

"Die Stadt gab uns neun Punkte mit auf den Weg, die wir bei dieser Sprungführungsvariante aus Sicherheitsgründen berücksichtigen müssen", erläutert Narrenmeister Christoph Bechtold. So müsse vor allem im Bereich der Grafengasse die Anzahl der Narren kontrolliert werden, ein zweiter Zugang zur Hochbrücktorstraße soll über die Kameralamtsgasse erfolgen. "Daraus ergab sich eine neue Faktenlage, was zur Einberufung einer außerordentlichen Ausschusssitzung bei der Narrenzunft führte." Und in der wiederum kam es am Dienstagabend zur "Kompromisslösung".

Zu spät angekündigt: Mitgliederversammlung anders als geplant

Für die Zunft-Oberen sind die Anträge, die Gegner des ursprünglichen Beschlusses für die Mitgliederversammlung am Freitag gestellt hatten, damit erledigt. Unterzeichnet hatten zwei davon Gabriela Müller, Jörg Stauss, Michael und Greta Wycisk sowie Volkmar Caduff und Ralf Stölzl. Was sie von den jüngsten Entwicklungen halten, wollen sie laut Michael Wycisk erst einmal besprechen. Sie hatten zum einen gefordert, dass der Beschluss der Narrenzunft 2015 ausgesetzt werden soll und an der kommenden Fasnet alles bleibt wie gehabt. Darüber hinaus sollte das Thema in der morgigen Mitgliederversammlung behandelt werden und dann 2016 die Sprungführung gemeinsam beschlossen werden. Der Zunft liegt darüber hinaus ein weiterer, ähnlich lautender Antrag einer Einzelperson vor.

"Nach gründlicher Prüfung hätte der Verlauf des Sprungs eh keine Abstimmung erfahren können", meint Bechtold. Die Sprungführung gehöre eigentlich nicht zum Verantwortungsbereich der Mitgliederversammlung, sondern obliege den anderen Organen des Vereins. Sprich: Vorstand und Ausschuss. So steht es in der Satzung. Dort steht an anderer Stelle allerdings auch, dass die Mitgliederversammlung über "grundlegende Änderungen" beschließt.

"Wir werden die Anträge behandeln, aber nicht zur Abstimmung stellen", erklärte der Narrenmeister gestern auf Nachfrage. Das hat einen weiteren Grund außer dem, dass er die Versammlung für nicht zuständig hält: Die Zunft hat die Einladung zur Versammlung am Freitag zu spät veröffentlicht. Nicht mit Absicht, betont Bechtold. Das mit Blick auf die geänderte Streckenführung zu denken, sei "völliger Blödsinn". Dieser Fehler "tut uns relativ weh". Denn nicht nur über Anträge kann nicht abgestimmt werden. Auch eine Entscheidung über die geplante Änderung der Mitgliedsbeiträge kann nicht stattfinden, genauso wenig die Entlastung des Vorstands.

Diskutiert werden allerdings sollen die Anträge morgen: "Wir nehmen ihnen nicht das Mitspracherecht", sagt der Narrenmeister. "Jedes Mitglied darf mitreden." Und nach der Fasnet seien die Zunft-Oberen gerne bereit, über Anregungen zum Sprung zu diskutieren. Zudem will die Zunft mit der Gruppierung "d’Stadt nab" – siehe die extra gegründete Facebook-Gruppe "d’Stadt nab am Fasnetsmontag" – in Kontakt bleiben und "eventuell nach weiteren Verbesserungsvorschlägen suchen".

Für den Moment, so heißt es in der Pressemitteilung, ist Zunftsäckelmeister Stefan Roth "froh, dass wir nun eine für alle tragbare Lösung gefunden haben".

Kommentar: Zufrieden?

Verena Schickle

Jetzt also doch: Die Spitze der Zunft hat die Streckenführung für die Narrensprünge erneut korrigiert. Grund dafür waren ohne Frage die Proteste gegen die erste Änderung, die so wohl nicht einmal der Vorstand erwartet hatte. Die Narren haben bekommen, was sie wollten: Es geht auch montagmorgens weiter "d’Stadt nab". Vom Schwarzen Tor soll der Sprung künftig an allen Tagen bis zum Spital verlaufen. Gleichzeitig bleibt er kürzer, was die Zunft ja mit der ursprünglichen Änderung bezwecken wollte.

Ist der Kompromiss also eine Lösung, die beiden Seiten passt? Das mag mancher so empfinden. Allerdings hat der Konflikt auch gezeigt, dass die Kleidlesträger bei solch grundlegenden Änderungen mitdiskutieren und vor allem mitentscheiden wollen. Jetzt hat wieder der Ausschuss Nägel mit Köpfen gemacht. Ob also wirklich alle Mitglieder zufrieden sind?