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Im Streit um Neuverpachtungen geht es zurück zu Kompromiss, der keiner war. Emotionale Diskussion.

Rottweil - Sie hatte Potenzial für Emotionen – die Sitzung des Kultur-, Sozial- und Verwaltungsausschusses (KSV) am Mittwochabend, denn vor der Debatte über die Jagdpachten herrschte bei Jägern Verstimmung. Sie sahen einen Kompromiss gefährdet.

Kreisjägermeister Otmar Riedmüller hatte seinem Ärger im Vorfeld der KSV-Sitzung in einem Schreiben an die Stadträte Luft gemacht. Da sei es in Vorgesprächen mit Bürgermeister Christian Ruf und Forstamtsleiter Uwe Sperlich gelungen, einen Kompromiss für die anstehende Neuverpachtung der 23 städtischen Jadgen zu finden, doch dann habe die vorberatende Kommission dieses Ergebnis über den Haufen geworfen. Von einem "Schlag ins Gesicht" war deshalb in dem Schreiben die Rede.

Bei verschiedenen Stadträten kam das gar nicht gut an. Sie verwehrten sich gegen den Vorwurf, die Hintergründe nicht ausreichend zu kennen – und sie mahnten auch an, dass dem Brief ein Absender oder einen Hinweis auf den Verfasser fehle.

An diesem Punkt der Ausschusssitzung begann die Diskussion emotional zu werden. Als dann Forstamtsleiter Sperlich noch widersprach, dass es überhaupt einen Kompromiss gegeben habe, dass er vielmehr die Gespräche wegen überzogener Forderungen der Jäger habe ergebnislos abbrechen müssen, fühlten sich manche im Rat nicht mehr wohl. Die Mehrheit des Gremiums folgte den Anträgen von Michael Gerlich (FDP) und Monika Hugger (CDU), die Debatte zu beenden. Die Argumente seien ausgetauscht. Es sollte nicht noch eskalieren.

Dabei hatte Bürgermeister Ruf in seiner langen Vorrede eigentlich schon die Signale auf Entspannung gestellt. Die Empfehlungen der Jagdpachtkommission warf die Verwaltung mit ihrem Beschlussvorschlag in Teilen wieder über Bord. Nicht etwa, was eine Erhöhung der Jagdpachtzinsen beträfe. Da bleibt die Stadt entgegen der Praxis in anderen Bereichen des städtischen Haushalts dabei, diese für die Dauer der Neuverpachtung von zwölf Jahren nicht zu erhöhen. Aber etwa was die Beiträge der Jäger zur Wildschadensverhütung betrifft.

Ein fein austariertes System von Geben und Nehmen

Ruf fand die Idee, über ein Rabatt- und Staffelsystem Anreize zu schaffen, den Wildverbiss in den Griff zu bekommen, zwar durchaus überlegenswert, doch es sei trotzdem sinnvoll, zu der von den Jägern befürworteten Praxis zurückzukehren. "Es ist ein fein austariertes System von Geben und Nehmen", sagte er über den Inhalt des Pachtvertrags. Das Nachjustieren an einer Stelle sorge für ein Ungleichgewicht. Ruf schwenkte also gleich einleitend auf den Standpunkt der Jäger ein und versuchte, die Wogen zu glätten.

Bei 60.000 Euro, die die Stadt jährlich für die Wildschadensverhütung ausgibt und 13.000 Euro, mit denen sich die Jäger daran beteiligen, brauchte der Bürgermeister eigentlich nicht zu betonen, dass die Stadt damit kein Geld verdienen wolle. Im Gegenteil: Der gestern Abend verabschiedete Entwurf des Pachtvertrags sieht vor, die Jäger hier weiter zu entlasten – um etwa 5000 Euro.

Der Verwaltung wie auch den Stadträten sind die Hege und Pflege das wert. Die Bedeutung des Walds für die Naherholung wachse, und man sehe die veränderten Bedingungen, mit denen die Jäger klar kommen müssten. Rund um die Uhr greifbar zu sein, wenn etwa ein Tier angefahren worden ist – "Sie sind an der vordersten Front. Das macht nicht immer Spaß", leitete Ruf den Schritt hin zu den Forderungen der Jäger ein.

Gleichwohl verteidigte er die Pläne für das künftige Ausschreibungsverfahren. War für die zurückliegenden neun Jahre noch Praxis, Jäger aus Rottweil oder den unmittelbar benachbarten Kommunen zum Zug kommen zu lassen, soll der Bereich für die anstehenden zwölf Jahre auf den Landkreis und ein paar Nachbargemeinden ausgeweitet werden. Während die Stadt damit sicherstellen wollte, ausreichend Bewerber für alle 23 Jagden zu haben, befürchteten die Jäger, ihre angestammten Reviere zu verlieren. Ein Missverständnis, denn eigentlich herrscht Einigkeit zwischen beiden Seiten, dass bewährte Pächter, die vor Ort sind, bevorzugt werden. Der Anregung, den Passus für die kreisweite Ausschreibung um die Bedingung Erstwohnsitz zu erweitern, folgte denn auch die Mehrheit des Gremiums.