Vor allem wegen Alkohol am Steuer müssen jährlich zahlreiche Bundesbürger zum "Idiotentest". Foto: dpa

Ehepaar muss sich vor dem Rottweiler Landgericht verantworten, weil es Verkehrssündern geholfen haben soll.

Rottweil/Schramberg - Ein Ehepaar steht seit gestern in Rottweil vor Gericht, weil es Verkehrssündern illegal geholfen haben soll, den sogenannten Idiotentest zu bestehen.

Mit Verkehrssündern lässt sich Geld machen. Und zwar nicht nur für den Staat, sondern auch für die Beteiligten rund um die medizinisch-psychologischen Untersuchungen (MPU) - auch "Idiotentest" genannt - zur Wiedererlangung der Fahrerlaubnis, und das nicht nur auf legalem Weg.

Vor dem Rottweiler Landgericht muss sich seit Dienstag ein Schramberger Ehepaar verantworten, das seinen Kunden angeblich ein bisschen teurer, aber schneller und mit weniger Aufwand wieder zum Führerschein verhalf.

Die beiden fälschten Blut- und Urintests

Die Anklage sieht die Sache so: Dank der Angeklagten musste keiner alkohol- oder drogenabstinent bleiben, um die Fahrerlaubnis zurückzuerhalten: Die beiden fälschten sämtliche nötigen Blut- und Urintests, Bescheinigungen über psychologische Sitzungen oder Teilnahmen an einer Selbsthilfegruppe, die den MPU-Stellen vorgelegt wurden. Eine "Bestehensgarantie" für die Kunden gab es von dem Psychotherapeuten mit gefälschtem Diplom obendrauf.

In insgesamt 102 Fällen von Urkundenfälschung von 2008 bis Mai 2012 verhandelte das Gericht gegen den 39-jährigen, gelernten Schweißer und seine 36-jährige Ehefrau. Dabei habe er "vorgegeben, was zu tun ist und sie hat gespurt. Sie fand ihn toll, ihn interessierte nur das Geld", legte der Villinger Kriminaloberkommissar dar, der die Ermittlungen leitete.

Die Geldgier wurde dem Paar in gewissem Sinne auch zum Verhängnis: Weil ihm die Gewinne aus den MPU-Betrügereien offenbar nicht reichten, betätigte es sich wohl auch auf den Feldern Steuerhehlerei sowie Rauschgift- und Zigarettenhandel. Diesem kam die Villingen-Schwenninger Polizei in verdeckten Ermittlungen auf der Spur. "Bei den abgehörten Telefonaten hörten wir viel über MPU-Vorbereitungen, die nicht ganz legal schienen", erklärte der Kommissar. Irgendwann habe man eingreifen müssen:

"Wir stellten fest, dass viele Kunden der Angeklagten in Unfälle verwickelt waren, teils sogar tödliche, weil sie immer noch drogenabhängig waren und nicht nüchtern fuhren." Therapien hatten sie dank den Beschuldigten schließlich nicht machen müssen.

Um Blut- und Urintests fälschen zu können, hatte das Ehepaar, so die Ermittlungen, seine Kunden stets einmal tatsächlich zur zuständigen Stelle geschickt und anhand der erhaltenen Bescheinigungen die weiteren gefälscht. "Oft hat er behauptet, der Kunde habe die anderen Tests schon anderswo gemacht und bräuchte nur noch diesen letzten. Oder er habe die letzte Bescheinigung verloren", erläuterte ein Singener Arzt aus einem der vielen Labore, in die das Ehepaar seine Klienten schickte.

Aufgefallen war niemandem etwas, mit Ausnahme einer Stuttgarter Ärztin, die beim Abheften der MPU-Unterlagen ihrer Stelle verwundert merkte, dass die Unterschrift des besagten Laborarztes immer an exakt derselben Stelle saß. Als das Labor die Befunde prüfte und schließlich als Fälschung entlarvte, war die Polizei auf ihrer Rauschgift-Fährte allerdings schon schneller gewesen.

Dass den Zeugen hinterher viele Details merkwürdig vorkamen, wird sich am 10. Oktober wohl fortsetzen - dann geht die Verhandlung weiter.