Die Schulleiter (von links) Axel Rombach, Ingo Lütjohann, Stefan Steinert und Susanne Galla der Beruflichen Schulen im Kreis Rottweil im Dialog mit Kultusministerin Susanne Eisenmann (rechts). Fotos: Scheidel Foto: Schwarzwälder-Bote

Schulpolitik: Kultusministerin Susanne Eisenmann stellt sich den vor Ort dargestellten Problemen und Wünschen mit offenem Visier

Susanne Eisenmann geht auch dahin, wo es weh tun könnte. Wenn die Kultusministerin durchs Land zu den Schulen tourt, wie am Mittwoch, nimmt sie kein Blatt vor den Mund.

Kreis Rottweil. Viele ihrer Gesprächspartner dürften nach einem "Date" mit Eisenmann mit dem Gefühl nach Hause gehen, ernst genommen zu werden. Sich verblümt durch die Regionen zu schlängeln, ist ihre Sache nicht. Kernig lässt sie wissen, was angesagt sein muss bei der Weiterentwicklung der Schulen der Zukunft. "Ideologisch verbrämt kommt die nicht daher", sagt denn auch einer bei einem weiteren Treff am späteren Nachmittag im Berufsschulzentrum Rottweil, nachdem Eisenmann sich morgens in Untermarchtal zu allgemeinbildenden Gymnasien und nachmittags in der Gemeinschaftsschule Dunningen (wir berichteten) zu Zuständen und Befindlichkeiten vor Ort informieren ließ.

In Rottweil sieht sich die Ministern vor einer größeren Zuhörerschar, die von Landrat Wolf-Rüdiger Michel und dem Rottweiler Oberbürgermeister Ralf Broß angeführt wird, einer Parade von vier Schulleitern gegenüber, die alle ihr Päckchen zu tragen haben beim Streben, ihre Schule zukunftsfähig zu halten. Das Quartett spricht für eine berufliche Schullandschaft im Kreis Rottweil, die über 5000 Schüler betreut. Von Deutschkursen für Flüchtlinge bis zu zahlreichen beruflich orientierten Abiturabschlüssen reicht der Angebotsreigen. Dass solche Schulangebote "Made in Germany" auch zum Beispiel in Israel und China Vorbildcharakter haben, freut natürlich auch den Landrat, der zusammen mit dem Kreistag die Förderung der Beruflichen Schullandschaft ganz oben auf dem Aufgabenkatalog des Landkreises hält. Landtagsabgeordneter Stefan Teufel freut der couragierte Auftritt der Schulleiter-Riege vor seiner CDU-Parteifreundin, mit der er zu bildungspolitischen Konzepten einen engen Schulterschluss demonstriert.

Den Einstieg in den Dialog am späteren Mittwochnachmittag macht Axel Rombach, der geschäftsführende Schulleiter im Kreis Rottweil, der das Berufsschulzentrum Schramberg führt, mit dem Stichwort regionale Schulentwicklung. Kommunale Schulpolitik soll nicht mehr nur innerhalb von Kreisgrenzen justiert werden. Synergieeffekte gewinnen durch kooperative Modelle heißt die Devise. Doch das über den Tellerrand hinaus schauen, muss noch sehr geübt werden. Das eigene Süpplein scheint halt zunächst einmal am besten zu schmecken.

Angesichts der vorgetragenen Anliegen lässt Eisenmann am Mittwoch aber durchaus auch durchblicken, dass etwas zusätzlich gehen könnte. Dass auch ein abschlägiger Bescheid aus Stuttgart nicht als unumstößlicher "Cut" angesehen werden muss. Das sagt die Ministerin zum Beispiel mit Blick auf ein Vorhaben der Beruflichen Schulen Oberndorf/Sulz. Schulleiterin Susanne Galla und ihr Team versuchen dort kreativ und wach Schulangebote zu bieten, die die zahlreichen in den Zentren Rottweil und Schramberg in wichtiger Weise komplettieren. Als Galla Eisenmann mit dem Wunsch auf Einrichtung einer Mechatroniker-Klasse konfrontiert, gibt es schnell auch Zuspruch von Klaus-Dieter Thiel, Vorsitzender der CDU-Mittelstandsvereinigung im Kreisgebiet. Wenn dafür im nördlichen Kreisgebiet keine Berufsschulklasse angeboten werde, müsste dies in Villingen geschehen. Angesichts des großen Interesses Jugendlicher aus der Raumschaft Oberndorf/Sulz gingen auch Firmen auf die Barrikaden wegen der bisher nicht vorhandenen Bereitschaft, das Schulangebot vor Ort zu genehmigen.

Rombach wiederum wirbt vor dem Gast für einen das Angebot ergänzenden besonderen Gymnasialzug in Schramberg für Gesundheit und Pflege, bei dem es sehr wünschenswert sei, wenn der Spagat gelingen und die insbesondere wegen des Aspekts regionale Schulentwicklung aufgestellten Stoppschilder entfernt werden könnten.

Ingo Lütjohann (Nell-Breuning-Schule) und Gastgeber Stefan Steinert (Erich-Hauser-Gewerbeschule) melden zum Betrieb im Berufsschulzentrum Rottweil Nachbesserungsbedarf an. Nicht zuletzt die durch Flüchtlingsaufgaben hinzugekommene Schularbeit gibt den Anstoß, auf dringend wünschenswerte Personalverstärkungen hinzuweisen.

210 jüngere Menschen würden unter dem besonderen Aspekt Integration vor allem zum Erlernen von Deutsch unterrichtet. Dafür habe man gute Lehrer gewinnen können, die aber wegen kurzfristiger Verträge auch andersweitig disponieren müssten, was in der derzeitigen Situation absolut kontraproduktiv sei, reklamiert Steinert. Lütjohann verweist zudem auf einen Kräftebedarf im Sekretariatsbereich, um alles zu managen. Bezüglich der schulischen Flüchtlingsbetreuung scheut sich Steinert – entgegen der häufig bei Veranstaltungen mit öffentlicher Strahlkraft an den Tag gelegten "political correctness" – auch nicht, Problemsituationen zu beschreiben, die die Möglichkeiten im Schulbetrieb überfordern. Manche Flüchtlinge seien   schlicht nicht beschulbar. Zudem mangle es bei der Betreuung schwieriger Klientel an Schulpsychologen und Sozialarbeitern. Während bei ersterem Bedarf sich Schulbehörden in der Pflicht sehen sollten, ist für die Stellung sozialer Kompetenz der Landkreis zuständig. Der hat für die Flüchtlingsbetreuung bereits kräftig aufgerüstet. Von 4,4 Stellen in 2014 auf 28,97 (seit 2016). Zusätzlich sind Sozialarbeiter im Kreisgebiet auf 7,5 Stellen im "Umlauf".

Frei von ideologischem Gewölk tourt Kultusministerium Susanne Eisenmann derzeit wieder durch die Regionen. Natürlich darf auch das Kreisgebiet – erst recht nicht die Schulstadt Rottweil – ausgelassen werden, wenn die Ministerin hineinschnuppert in die Befindlichkeiten vor Ort. "Schule machen" ist in einer Zeit der digitalen Revolution sehr komplex geworden. Industrie und Handwerk 4.0 erfordern Schulformen, in denen hochtechnisiert zu Werke gegangen wird. Gerade an den beruflichen Schulen mit deren engen Verzahnung zu Unternehmen und Wirtschaft "digital" die Szenerie. Da tut es gut, wenn sich jemand wie Eisenmann auch zum ureigensten Handwerkszeug eines guten Facharbeiters zu Wort meldet: Lesen, Schreiben und Kopfrechnen seien unabdingbar für ein erfolgreiches Schaffen mit gesundem Menschenverstand. Klingt lapidar, ist es aber nicht!