Viel abzuwägen galt es im Prozess, dem ein heftiger Vater-Sohn-Konflikt zugrunde lag. Foto: Steffen

Vater zusammengeschlagen und dessen Haus in Brand gesetzt. Gericht sieht Chance auf positive Zukunft.

Rottweil/Horb - Der vierte und letzte Verhandlungstag im Fall des Brandstifters aus Horb wurde am Dienstag für den Angeklagten glücklich beendet. Im Rahmen des Sicherungsverfahrens ging es darum, ob der Beschuldigte in einem psychiatrischen Krankenhaus unterzubringen ist. Dies verneinte die Kammer.

Wieder trug der Angeklagte seinen schwarzen Anzug mit der schwarzen Fliege. Die Haare zurückgekämmt, die Hände auf den Schoß gelegt. Der 52-Jährige, der im Februar 2014 seinen Vater zusammengeschlagen und danach dessen Haus in Brand gesetzt haben soll, hat gestern vor dem Landgericht Rottweil sein Urteil erhalten. Bis zuletzt hatte er gehofft, dass er in der sozialen Einrichtung, in der er seit fast eineinhalb Jahren lebt, weiter wohnen darf. Die Hoffnung hat sich erfüllt. Die Große Strafkammer erklärte: Der Beschuldigte kann auf freiem Fuß bleiben.

Die viertägige Verhandlung wurde in einem Sicherungsverfahren vorgenommen. Die Voraussetzung dafür: Ein normales Strafverfahren ist wegen der angenommenen Schuldunfähigkeit des Beschuldigten nicht angesagt. Statt einer Verurteilung in Form einer Haftstrafe kommt deshalb die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus in Betracht.

Die Schuldunfähigkeit des Beschuldigten hatte der psychiatrische Sachverständige am vorletzten Verhandlungstag detailliert geschildert. Er sprach von einer paranoiden Schizophrenie, die sich bereits in frühen Jahren des heute 52-Jährigen abgezeichnet haben soll. Dass sich der Beschuldigte zur Tatzeit am 2. Februar in einem psychotischen Schub befunden hat, begründete der Sachverständige wiederholt. Demnach galt zu klären, ob der Beschuldigte in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht werden soll.

Die Staatsanwältin hatte am gestrigen Verhandlungstag jedoch eine andere Vorstellung. Sie betonte, dass sie einen Antrag gestellt habe, um den Fall doch in ein Strafverfahren überzuleiten, sodass der Beschuldigte als schuldfähig verurteilt werden könnte, wenn auch vermindert.

Am vorletzten Verhandlungstag habe es durch die Berichterstattung des psychologischen Sachverständigen alternative Überlegungen für eine Verurteilung gegeben. Anfangs noch überzeugt davon, dass der Beschuldigte als schuldunfähig anzusehen sei, habe der Gutachter zum Schluss eine verminderte Schuldfähigkeit auch nicht ausschließen wollen. "Mich hat der Sachverständige nicht überzeugt", erklärte die Staatsanwältin.

Die Tatmotive des Beschuldigten seien für sie glasklar. "Das Tatgeschehen war nicht psychotisch, sondern motiviert", betonte die Staatsanwältin. Sie glaube nicht, dass der 52-Jährige den Vater im Wahn verprügelt habe. Dass er in dem Vater auch nicht – wie der psychiatrische Sachverständige behauptete – den Teufel gesehen habe, begründete sie damit, dass der Beschuldigte ihn als "größtes Schwein" beschimpfte "und nicht mit ›Du bist aus der Hölle gefahren‹".

Dennoch räumte die Staatsanwältin ein, dass eine paranoide Schizophrenie vorliege und der Beschuldigte glaubhaft gemacht habe, dass er sich an die Tat nicht mehr erinnern könne. Dies sei ein Beweis für einen psychotischen Schub. Auch erkannte sie das schwierige Verhältnis zwischen Vater und Sohn sowie den aufbrausenden Charakter des Vaters an.

Staatsanwältin fordertFreiheitsstrafe

Ihren Antrag auf die Einleitung in ein Strafverfahren lehnte die Kammer jedoch ab. Die Staatsanwältin forderte in ihrem Plädoyer dennoch eine Strafe und plädierte aufgrund der gefährlichen Körperverletzung sowie Brandstiftung auf zwei Jahre Freiheitsstrafe mit Bewährung.

Indes betonte der Verteidiger nicht nur die schwerwiegende Krankheit seines Mandanten, sondern auch die positive Entwicklung, die er seit Unterbringung in der Einrichtung seit fast eineinhalb Jahren erfahren hat.

"Für ihn ist es eine Chance, in dieser Einrichtung zu sein und eine Perspektive in seinem Leben zu bekommen", erklärte der Verteidiger nachdrücklich. In der Einrichtung habe der Angeklagte zum ersten Mal Menschen um sich, die sich konkret mit seiner Krankheit auseinandersetzten. Eine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus lehne er daher entschieden ab.

Diesem Ansinnen schloss sich die Kammer nach längerer Beratung an und ließ wissen, dass man von der Möglichkeit, den Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus unterzubringen, Abstand nehme. Der Richter hob bei seiner Urteilsverlesung insbesondere hervor, dass sich der Beschuldigte positiv entwickelt habe und die paranoide Schizophrenie eine maßgebende Rolle während seiner beiden Taten gespielt habe.

Ein Gesichtspunkt sei dabei von ganz großer Bedeutung: Weitere Straftaten des Beschuldigten seien aufgrund der heutigen Situation nicht zu erwarten, sagte der Richter. Dass er in der sozialen Einrichtung lebe und große Fortschritte mache, sei seinen positiven Lebensumstellungen zu verdanken.

"Machen Sie weiter so", empfahl der Richter dem Beschuldigten. "Sie haben das Bewusstsein dafür entwickelt, wie man ohne Strafen zu begehen leben kann."