Viele Häuser in Neufra liegen ziemlich nah am Ufer der Starzel. Zu ihrem Schutz laufen derzeit Untersuchungen Foto: Schmidt

Kreisbehörde schlägt weitgehende Schutzmaßnahmen an der Starzel vor. Breiteres Bachbett oder Mauern?

Rottweil - Die Starzel als Fluss zu bezeichnen, ist übertrieben. In den Sommermonaten ist sie nur ein Bächlein, das an manchen Stellen ganz zu versiegen scheint. Aber sie kann auch anders. Neufra gilt seit jeher als hochwassergefährdetes Gebiet.

Im Frühjahr, wenn Regengüsse und Schmelzwasser aufeinander treffen, tritt die Starzel über die Ufer. Vor 25 Jahren reagierte die Stadt Rottweil und errichtete einen zwölf Meter hohen Damm mitsamt Überlauf- und Rückhaltebecken. Neufra schien gesichert, obwohl es damals, laut Klaus Gaiselmann von der unteren Wasserbehörde, noch keine Möglichkeit gab, die Abflussmenge so detailliert wie beispielsweise für den Neckar zu errechnen. Doch die Anlage trotze den Wassermassen. Bis vor einem Jahr, als die Flut Neufra erreichte (wir berichteten).

20 Haushalte waren betroffen, erinnert sich Ortsvorsteher Willy Schaumann. Nicht im Frühjahr, sondern im Juli, also zu einer Jahreszeit, in der keiner damit rechnete.

Die Katastrophe, die im vergangenen Jahr über Neufra hereinbrach, habe zwar verdeutlich, dass Modernisierungsmaßnahmen an der Anlage notwendig sind, betont Gaiselmann, doch ursächlich sei der Klimawandel. Untersuchungen hätten ergeben, dass sich durch den Klimawandel Temperaturunterschiede vergrößern. Das führe zu längeren Trockenperioden und 25 Prozent höheren Niederschlagsmengen – punktuell mit verheerenden Folgen. Allerdings zeige heute eine Flussgebietsuntersuchung deutlich detaillierter, mit welchen Wassermassen in der Starzel zu rechnen ist, erläutert Gaiselmann.

Anhand dieser Erkenntnisse müssten das Volumen des Neufraer Beckens und die Abflussmenge erhöht werden. Bislang wurden bei Hochwasser sechs Kubikmeter pro Sekunde kontrolliert abgelassen. Bei der Katastrophe im Juli reagierten die Helfer und erhöhten die Menge auf acht Kubikmeter pro Sekunde. Doch auch das reiche, laut Gaiselmann, noch nicht aus. Für einen wirksamen kontrollierten Schutz müsse die Menge auf zwölf bis 14 Kubikmeter gesteigert werden. Die Rede ist also von einer Verdopplung des alten Wertes. Bei Hochwasser soll in Zukunft folglich noch mehr Wasser durch Neufra schießen.

Die untere Wasserbehörde ist Kreisgenehmigungsbehörde, die Entscheidung, welche Maßnahmen ergriffen werden, liegt bei der Stadt. Und: Da es sich bei der Starzel um ein Gewässer der zweiten Ordnung handelt, trägt Rottweil auch die Kosten.

Die Verwaltung wisse zwar, so der zuständige städtische Fachmann Kurt Faupel, dass über eine Verringerung der Drosselung nachgedacht werde. Bislang gehe man allerdings von acht Kubikmetern pro Sekunde aus. Bei einer noch stärkeren Erhöhung müssten auch im Ort Maßnahmen ergriffen werden. Das bedeutet, dass etwa das Bett der Starzel und vor allem der Durchlass unter Brücken verbreitert werden müsse, wie von Gaiselmann angeregt. Auch Mauern am Ufer wären denkbar. Um das Ortsbild nicht zu sehr zu beeinträchtigen, könnten dafür auch mobile Mauerteile genutzt werden.

Jedoch: Derzeit sind im Haushalt nur Gelder für die Sanierung der Anlage einkalkuliert, und die liegen bereits bei einer Million Euro. Maßgeblich für die weiteren Entscheidungen seien daher die Untersuchungen des Ingenieurbüros Wald und Corbe aus Hügelsheim. Auf Grundlage dieser Ergebnisse, die im Sommer erwartet werden, könne die Stadt dann in die Beratung gehen. Nach Gemeinde- und Ortschaftsrat werde dann auch die Bevölkerung umfassend informiert.