In Rottweil zerbricht man sich den Kopf: Wie geht es mit dem Hochbegabtenzug am LG weiter? Foto: Leonhardt

Thema Hochbegabte bringt Vertreter aus vier Landkreisen zusammen. Runder Tisch noch ergebnislos. Mit Kommentar.

Rottweil - Man hat sich getroffen, miteinander gesprochen, doch greifbare Ergebnisse wurden noch nicht erzielt. Das ist das Fazit des ersten runden Tisches zum Thema Hochbegabtenzug am Leibniz-Gymnasium in Rottweil. Indes sieht das Kultusministerium in Stuttgart keinen Bedarf, an der strengen Regelung etwas zu ändern.

Am Freitag haben sich bei der Industrie- und Handelskammer Schwarzwald-Baar-Heuberg Vertreter aus vier Landkreisen getroffen. Thema: der Hochbegabtenzug am Leibniz-Gymnasium.

Wie wir exklusiv berichteten, droht dieser schleichend ins Hintertreffen zu geraten, da formale Anforderungen des Ministeriums seit drei Jahren nicht erreicht werden. Um eine neue Hochbegabtenklasse ab Klasse 5 einrichten zu können, müssten sich 16 Schüler in der Region finden, die einen Intelligenzquotient von mindestens 130 haben.

Das LG ist das einzige Gymnasium im weiten Umkreis, an dem solche Klassen grundsätzlich gebildet werden dürfen. Doch auch in diesem Schuljahr scheiterte die Schule an dieser Hürde. Es kamen lediglich 13 kluge Kinder in Frage. Damit gab es keine Klasse. Wie dem LG erging es im ganzen Land weiteren vier Gymnasien von insgesamt 15, die diese Förderung überhaupt anbieten dürfen. In ganz Südbaden gibt es daher keine neue Hochbegabtenklasse.

Weil die Schule in Rottweil unter der Leitung von Wolfgang Mack dieser Entwicklung nicht tatenlos zusehen will, hat es nun diesen runden Tisch am Freitag gegeben. Anwesend waren Vertreter der Landkreisverwaltungen aus Rottweil, Tuttlingen, Villingen-Schwenningen und Balingen (Zollernalbkreis), der Schulträger, des Schulamts, Elternbeiräte sowie Landtagsabgeordnete.

Dabei wurde der Wert und der Erfolg der Hochbegabtenförderung am Leibniz-Gymnasium dargelegt, schildert Mack gegenüber unserer Zeitung. Die anwesenden Elternbeiräte und die Ergebnisse der landesweit standardisierten Diagnose- und Vergleichsarbeiten belegten diesen Erfolg. Die Elternbeiräte hätten deutlich gemacht, dass die Hochbegabtenförderung ein wesentlicher so genannter weicher Standortfaktor für den ländlichen Raum sei.

Die Eltern von Sonderschülern erhalten Zuschüsse

So habe sich eine Arztfamilie mit zwei hochbegabten Kindern unter anderem wegen des Bildungsangebots hier im ländlichen Raum niedergelassen. Sonst wäre die Familie in einen Ballungsraum gegangen. Die Landtagsabgeordneten und der Landrat Günther-Martin Pauli aus Balingen hätten die Informationen positiv aufgenommen und Wege zur Verbesserung der Organisation aufgezeigt. Auch die stellvertretend für ihre Landräte entsandten Amtsleiter hätten versucht darzulegen, wie man die Fahrsituation weit entfernt wohnender Schüler verbessern könnte.

Denn daran hakt es nach Ansicht des Rottweiler Schulleiters. Viele Schüler müssten von weit her anreisen. Doch die Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz im ländlichen Raum lässt zum einen zu wünschen übrig, zum anderen sei das mit höheren Kosten verbunden. Er regt an, dass in den jeweiligen vier Kreistagen über eine Ergänzung der Satzung zur Schülerbeförderung gesprochen wird. So sollten besonders junge Schüler aus den Klassen 5 und 6 des Hochbegabtenzugs in die Sonderbeförderung mittels Fahrdiensten aufgenommen werden – vergleichbar den Schülern von Sonderschülern. Deren Eltern bezahlen für die Schülerbeförderung lediglich einen Eigenanteil von knapp über 18 Euro im Monat. Den Rest übernehmen Landkreise und Kommunen.

Ein weiterer Vorschlag war, dass beim Staatlichen Schulamt oder bei den Landratsämtern und der IHK eine zentrale Stelle eingerichtet wird, in der alle regionalen Veranstaltungen der Begabtenförderung auf einer einheitlichen Homepage zusammengeführt und gepflegt würden.

Auf konkrete Maßnahmen hat sich der runde Tisch noch nicht festgelegt.

Das Kultusministerium wiederum bleibt stur. Wie eine Sprecherin unserer Zeitung gegenüber äußert, sei nicht beabsichtigt, die per Organisationserlass festgelegte Mindestzahl von 16 Schülern zu reduzieren, "denn auch aus pädagogischen Gesichtspunkten ist eine Mindestschülerzahl sinnvoll." Das Ministerium verweist auf die 15 Gymnasien, die der dezentralen Begabtenförderung dienten. Es seien solche Schulen ausgewählt, die durch die Bahnhofsnähe an das regionale Bahnsystem angeschlossen seien, so dass auch Schüler des Umlands die Schule gut erreichten könnten.

Auf die Tatsache, dass an fünf von 15 Gymnasien aufgrund des Organisationserlasses keine neuen Hochbegabtenklassen in diesem Jahr gebildet werden konnten und damit in weiten Landesteilen diese Fördermöglichkeiten für jetzige Fünftklässler entfallen, geht das Ministerium nicht ein.

Dabei wünschen sich nicht nur die Schulträger vom Ministerium in dieser Frage eine höhere Flexibilität. Bislang bleiben sie damit ungehört.

Kommentar: Kluger Rat

Armin Schulz

Kluger Rat ist teuer. Und manches Problem nur schwer zu lösen, wenn, wie im Fall der Hochbegabtenzüge in Rottweil und anderen Städten im Land, die Protagonisten keine Lust dazu haben. Warum das Kultusministerium trotz der Tatsache, dass landesweit an fünf von 15 Gymnasien wegen strenger Vorgaben keine neuen Klassen für kluge Kinder gebildet werden können, sich nicht bewegt und weiter auf stur stellt, ist nicht zu erklären.

Bleibt den Verantwortlichen vor Ort nichts anderes übrig, als selbst und ohne Hilfe des Ministeriums nach Lösungen zu suchen, wie Hochbegabte in ländlichen Gebieten gefördert werden können. Der extra dafür einberufene runde Tisch hat zum ersten Mal getagt. Noch ist nichts Zählbares dabei herausgekommen. Das ist nicht schlimm. Das kann ja noch werden. Besser wäre es – vor allem für die betroffenen Kinder.