Neukirchs Ortsvorsteher Walter Keller (links) bildet zusammen mit Alwin Gaiss die Spitze der Spaziergänger. Foto: Schulz

Orts-Check: Angeregter Spaziergang von Neukirch nach Zepfenhan ­mit interessierten Bürgern.

Rottweil-Neukirch/-Zepfenhan - Neukirch und Zepfenhan trennen vielleicht zwei Kilometer. Dass der Weg von der einen in die andere Ortschaft trotzdem gut mal anderthalb Stunden dauern kann, liegt an den guten Gesprächen unterwegs: So war das gestern bei unserem Spaziergang mit den Ortsvorstehern Walter Keller (Neukirch) und Eugen Mager (Zepfenhan), Mitgliedern des Ortschaftsrats und interessierten Bürgern. Dabei zeigte sich eines deutlich: Die beiden Ortschaften verbindet viel.

Das vielleicht deutlichste Zeichen der engen Verbindung liegt zwischen den Dörfern, entlang unserer Weges. Die Turnhalle Zepfenhan. Dort machen die Neukircher gemeinsam mit den Zepfenhanern Sport, dort finden die Konzerte der Musikvereine statt, und auf dem Fußballplatz dahinter stehen die Jungs aus den beiden Orten gemeinsam auf dem Platz. "Wir kommen gut miteinander aus, das funktioniert", sagt Eugen Mager. Die Verbindungen reichen weit zurück, ergänzt sein Kollege Walter Keller: So seien Schmiede und Moste früher in Zepfenhan gewesen.

Und wie steht es um das Zusammengehörigkeitsgefühl in Neukirch? "Das dürfte ein bisschen besser sein", findet Alwin Gaiss. Beim Jahreskonzert der Musikkapelle Neukirch seien viele Zepfenhaner dabei gewesen, dafür hätte er sich ein bisschen mehr Interesse seitens seiner Mitbürger gewünscht. Gerade im Neubaugebiet würden die Leute "halt wohnen".

Bei diesem Thema ist der Kindergarten ein Pfund, mit dem Neukirch wuchern kann: Dort entstünden die ersten Kontakte zwischen Einheimischen und Neubürgern, erzählt Walter Keller. Umso schmerzlicher ist für die Zepfenhaner der Verlust dieser Einrichtung. Dem Ortsteil gingen die Kinder aus – seit 2011 ist der eigene Kindergarten deshalb dicht. Kein Zustand, mit dem sie sich abfinden wollen. Geht es nach dem Ortschaftsrat, sollen zumindest Tagesmütter dort wieder Kinder betreuen können.

Allerdings: Vor allem die Miete, die der städtische Eigenbetrieb Stadtbau für die Räume verlangen will – knapp 980 Euro – könnte die Pläne über den Haufen werfen. Dann würde alles so bleiben, wie es ist: Dass Sprösslinge aus Zepfenhan einen Kindergarten auswärts besuchen müssen. Die meisten von ihnen – wie könnte es anders sein – den Neukircher.

"Ein Kindergarten ist ein Standortfaktor", erklärt nicht nur Ortschaftsrat Jochen Baumann (Zepfenhan). Und deswegen will man im Ort auch so schnell nicht aufgeben und jetzt die Weichen stellen, dass es mit einer Einrichtung für Kinder wieder etwas wird.

Trümpfe für die Zukunft: Kindergarten und Bauplätze

Darüber hinaus spielt gerade für die kleinen Teilorte Wohnraum eine wichtige Rolle – Zepfenhan verliert seit rund einem Jahrzehnt Einwohner (von 580 auf 507). Umso wichtiger sei das Neubaugebiet Lüttenwiesen. Dort gebe es zwar bereits drei Interessenten für die Plätze, die gerade erschlossen werden. "Das lässt hoffen", sagt Michael Jäger, stellvertretender Ortsvorsteher. Was allerdings fehlt, sind Mietwohnungen etwa für junge Paare, die eben nicht gleich ein Haus bauen können. Und es fehlt das schnelle Internet. Die Werbung eines Anbieters für eine Übertragungsrate von 100 Mbit pro Sekunde an einer Zepfenhaner Bushaltestelle kam Jochen Baumann da fast wie Hohn vor. Das sei wie Regenschirme in der Wüste zu verkaufen. Er bemängelt auch die schlechte Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Die Bushaltestelle an der Turnhalle gibt es seit Langem. Bisher allerdings warten die Zepfenhaner vergeblich darauf, dass der Bus von Rottweil nach Balingen dort hält.

Das alles macht deutlich: Natürlich gibt es sie in Zepfenhan und Neukirch, die "Baustellen", die Probleme, Wünsche, die kaum zu erfüllen sind. Beispielsweise hätten die Neukircher seit gefühlt ewigen Zeiten gerne die Bundesstraße, die ihren Ort durchschneidet, aus dem Ort verbannt. 9000 Fahrzeuge täglich passieren Neukirch, davon ein Drittel Lastwagen – das verursacht Lärm und Dreck, ist gefährlich und zehrt an den Nerven. Doch eine Untertunnelung wird so schnell nicht kommen. Die Bewohner werden wohl noch lange mit der B 27 leben müssen.

Und freilich treibt einige die Sorge um, wie es mit dem Bitzwäldle weitergeht. Ob da eines Tages doch noch das Großgefängnis reingebaut wird? Manche trauen dem Frieden nicht. Ortsvorsteher Keller gar befürchtet, dass durch die nun wieder aufbrandende Diskussion in Rottweil um einen JVA-Standort – Rottweil ist noch mit dem Standort Esch im Rennen – alte Wunden im Ort wieder aufgebrochen werden. Denn auch in Neukirch gab es Gegner und Befürworter einer JVA im Bitzwäldle.

Und dennoch lieben die Menschen das Leben in ihren Dörfern. Die Idylle, die Natur vor der Haustüre und der Gemeinschaftssinn im Ort – das sind für Alwin Gaiss die wichtigsten Vorzüge vom Leben auf dem Dorf. Sein Dorf ist Neukirch. Eugen Mager sieht das ebenso, für Zepfenhan: "Hier in Zepfenhan ist die Welt noch in Ordnung."