Rottweil will sich ein neues Wahrzeichen schaffen: die mit 900 Metern längste Hängebrücke der Welt. Diesen Rekord hält bislang eine Hängebrücke im österreichischen Reutte. Foto: Schneider

Rottweil will die mit 900 Metern längste Fußgängerbrücke der Welt bauen.  Projekt wird am Donnerstag vorgestellt.

Rottweil - Lange Zeit war sie nur die älteste Stadt im Lande, bald wird sie mit 232 Metern Höhe die höchste Besucherplattform Deutschlands vorweisen – folgt dann die längste Hängebrücke der Welt mit schwindelerregenden 900 Metern Länge?

Von Superlativen, so scheint es, kann diese Stadt nicht genug kriegen: Rottweil, die frühere Reichsstadt – bis vor Kurzem eher für selbstzufriedene Gemütlichkeit bekannt –, macht mal wieder von sich reden. Erneut geht es nicht um die herausragende Stellung der traditionsreichen Stadt in der schwäbisch-alemannischen Fastnacht und den bundesweit bekannten Narrensprung am Fastnachtsmontag durch das Schwarze Tor, zu dem jedes Mal mehrere Tausend Besucher erwartet werden. Auch nicht um die gut zweitausend Jahre alte Vergangenheit als einstige Römerstadt oder um den Ewigen Bund mit der Schweizer Eidgenossenschaft.

Selbst das neue Wahrzeichen, der 246 Meter hohe Testturm von Thyssen-Krupp, der in voller Länge bereits steht und in den nächsten Monaten mit Aufzugstechnik vollgestopft wird, befindet sich dieses Mal nicht im Mittelpunkt, sondern ist allenfalls eine Randerscheinung in dieser Geschichte.

Diese handelt davon, dass Rottweil sich anschickt, mit rund 900 Metern die längste Fußgängerhängebrücke der Welt zu bauen und damit den bisherigen Rekordhalter, Reutte in Tirol (Österreich) mit 406 Metern, abzulösen. Die älteste Stadt in Baden-Württemberg macht – wieder einmal – ernst und will sich in atemberaubenden Tempo ein neues, ein weiteres Wahrzeichen schaffen.

OB schwärmt bei Empfang von Projekt

Zunächst ist es lediglich eine Idee, die der Oberbürgermeister (OB) Ralf Broß am Sonntag auf dem traditionellen Bürgerempfang der Stadt vor 500 Besuchern äußert: Er spricht von einer Hängebrücke, die den Standort des Testturms mit der historischen Innenstadt verbindet. Die Brücke würde das Neckartal und die Eisenbahnline Zürich-Stuttgart überspannen. Der OB nimmt seine Besucher bereits mit auf einen Spaziergang über die Brücke: »Irgendwo am Rande der Innenstadt betreten Sie eine Hängebrücke, unter Ihnen der Verlauf des idyllischen Neckars, über Ihnen thront Ihr Ziel, der Turm.« So hört sich die Vision am vergangenen Sonntag an.

Dafür gibt es von den Bürgern Applaus, einige indes halten das für eine Schnapsidee. Doch offensichtlich steckt mehr dahinter, als von Skeptikern gedacht. Für den morgigen Donnerstag hat die Stadtverwaltung eine Pressekonferenz im Neuen Rathaus anberaumt. Mit dabei sein sollen der private Investor und der Projektentwickler. Sie werden sich erstmals öffentlich äußern.

Noch beherrscht der Testturm die Skyline

Man erinnere sich. Über bedeutende Unternehmen informiert Rottweil gerne im Neuen Rathaus. Da ist der Sitzungssaal groß genug für die erwartete Zahl an Pressevertreter. So eine Veranstaltung gab es jüngst schon einmal. Das war im Frühjahr 2013. Damals gaben Stadt und der Stahlkonzern Thyssen-Krupp bekannt, dass sie in Rottweil einen Turm bauen wollen, um die schnellsten und modernsten Aufzugssysteme zu testen. Der sollte mit 235 Metern höher werden als der Stuttgarter Fernsehturm. Jetzt werden es sogar 246 Meter inklusive der höchst gelegenen Besucherplattform in der Republik. Geplant von den beiden Stararchitekten Helmut Jahn und Werner Sobek.

Inzwischen nennt sich Rottweil »Stadt der Türme«. Der Testturm dominiert dabei deutlich die Skyline, die es als Aufkleber und Postkartenmotiv gibt. Gut möglich also, dass in ein, zwei Jahren die Stadtansicht ergänzt werden muss: durch die weltweit längste Hängebrücke.