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Brühe landet in Entwässerungsbecken. 63-Jähriger erneut vor Gericht. Polizisten mit Mistgabel bedroht.

Kreis Rottweil - Die Sache stinkt gewaltig: Kaum wurde ein Landwirt aus dem Kreis im Januar 2016 verurteilt, weil er illegal Gülle entsorgt hat, standen Umweltschutzamt und Polizei erneut bei ihm auf dem Hof. Wieder landete Gülle da, wo sie nicht soll: diesmal in einem Entwässerungsschacht.

Der 63-Jährige, der einen Hof mit rund 70 Rindern betreibt, sitzt deshalb nun wieder auf der Anklagebank des Amtsgerichts. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft damals wie heute: vorsätzlicher unerlaubter Umgang mit Abfällen. Und wieder wird vor Gericht deutlich: Auf dem Hof scheint es ein Kapazitätsproblem zu geben.

Vor gut einem Jahr – genau an Weihnachten – drohte auf dem Hof ein Güllebehälter überzulaufen, weshalb der 63-Jährige die Gülle kurzerhand auf einem Feld ausbrachte – was zu dieser Zeit im Jahr nicht erlaubt ist. Mit einer Geldstrafe von 1200 Euro verließ der Landwirt damals den Gerichtssaal.

Der Lerneffekt scheint jedoch gering gewesen zu sein. Nur gut eine Woche später alarmiert eine Nachbarin des 63-Jährigen das Umweltschutzamt: Eine recht neu angelegte Versickerungsgrube für das Oberflächenwasser des kleinen Weilers sei voller Gülle. Polizei und Umweltschutzamt verfolgen die Spur zurück – und landen auf dem Hof des 63-Jährigen.

Färbetest beweist: Rohr führt bis zum Hof des Angeklagten

Die Situation dort: eine randvolle Jauchegrube, eine überlaufende Dunglege, hineintropfendes Wasser – und direkt daneben ein Entwässerungsschacht, der eigentlich für das Oberflächenwasser des Hofs gedacht ist und direkt in das neue Versickerungsbecken führt. Ein Test mit 700 Litern eingefärbtem Wasser hat dies zweifelsfrei bestätigt.

Für den Mitarbeiter des Umweltschutzamts ist aufgrund der Sachlage klar, dass die Gülle vom Hof des 63-Jährigen stammt. "Ich kann mir keine andere Möglichkeit vorstellen", sagt er im Zeugenstand. Auch wenn der Anwalt des Angeklagten darauf hinaus will, dass in dem Weiler auch viele Pferde gehalten werden und jemand vielleicht in einem anderen Schacht Pferdemist entsorgt hat. "Pferdemist ist viel trockener, da bräuchten sie schon eine Menge davon. Und der würde das Rohr verstopfen." Zudem seien an anderen Schächten keine Spuren zu sehen gewesen.

Gülle, Jauche, Mist – "Ich habe eigentlich keine Ahnung vom Landwirtschaft", meint die Richterin angesichts dieses sehr speziellen Fachgebiets. Vor allem beschäftigt sie die Frage, ob tatsächlich ein bis zwei Kubikmeter Gülle – also 1000 bis 2000 Liter – von der überlaufenden Miste abgeflossen sein können. "Das sind ja etliche Badewannen voll." Der Mitarbeiter des Umweltschutzamts hält das ebenso wie der vor Ort ermittelnde Polizist für gut möglich. Das Tauwetter und die Schneeschmelze an diesem Tag hätten ihr Übriges dazu getan. Und zudem sei klar erkennbar gewesen, dass der Landwirt in den Tagen zuvor auf die ohnehin randvolle Dunglege vier große Haufen weiteren Mist aufgebracht habe.

Beim Anblick der Polizei nach der Mistgabel gegriffen

Der angeklagte Landwirt will in der Verhandlung eigentlich nichts zu dem Fall aussagen – hat dann aber doch Mühe, sich zurückzuhalten, vor allem, als Bilder von seinem Hof betrachtet werden und es um die Frage geht, wo was überläuft.

Dass der Angeklagte mit reichlich Temperament gesegnet ist, hat er schon bei mehreren Gelegenheiten im Umgang mit Behörden bewiesen. Auch in diesem Fall habe er gleich "nach der Mistgabel gegriffen" und die Polizei zunächst nicht aufs Grundstück gelassen. Später habe er sich dann einsichtiger gezeigt und sogar eingeräumt, dass die Gülle von seinem Hof stammt, berichtet der Polizist.

Die Verhandlung nimmt dann aber doch noch eine Wendung. Was, wenn nicht nur die Dunglege massiv übergelaufen ist, sondern der 63-Jährige sogar gezielt Jauche aus der Grube abgepumpt und in den Schacht abgelassen hat? Dieser Verdacht kommt auf, als die Ergebnisse eines so genannten CSB-Tests zur Sprache kommen. Die Konzentration der stinkenden Brühe war im Entwässerungsbecken sogar höher als auf der Dunglege selbst.

Zu diesem möglichen neuen Sachverhalt soll es nun weitere Ermittlungen geben, die Verhandlung ist für die maximale Dauer von drei Wochen unterbrochen. Auch eine Einstellung des Verfahrens wegen zu hoher Kosten im Vergleich zur geringen Schuld sei in dieser Zeit möglich, so die Richterin. Anderenfalls aber sitzt der 63-Jährige bald wieder auf der Anklagebank.