Ein Blick auf eine Skizze aus dem Jahr 2009, die zeigt, wie ein Großgefängnis im Esch aussehen könnte. Foto: Archiv

Stadt will mit Esch und Hochwald politisches Signal setzen. Naturschutzverband meldet sich. Mit Kommentar.

Rottweil - Das verspricht ein heißer Tanz zu werden. Rottweil will ein politisches Signal senden: Die Gebiete "Esch" und "Hochwald" werden als mögliche Standorte für ein neues Großgefängnis unterstützt. Unterdessen erhält die Stadt selbst ein Signal: Es gibt Widerstand. Und die SPD setzt auf eine Umfrage.

Die SPD-Fraktion beantragt, durch ein neutrales Institut eine repräsentative Meinungsumfrage in der Bevölkerung zur Akzeptanz einer Justizvollzugsanstalt in Rottweil durchzuführen.

Der neue SPD-Fraktionschef Ralf Armleder äußert, es scheine sich in der Wahrnehmung mancher Stuttgarter Ministerien der Eindruck zu verfestigen, dass Rottweils Bevölkerung einer neuen Justizvollzugsanstalt ablehnend gegenüberstehe, wozu die Meinungsäußerungen im Zuge der Diskussion um das "Bitzwäldle" beigetragen hätten.

Zeitgleich kämen Signale aus den selben Ministerien, wonach die Bevölkerung in Weigheim (Villingen-Schweningen) für den dortigen Standort eine positive Haltung habe. "Eine repräsentative Meinungsumfrage in Rottweil könnte den für Rottweil negativen oben genannten Eindruck zurechtrücken und damit die Rottweiler Chancen erhöhen", so Armleder.

Alles dreht sich weiter schön im Kreis. Der Gemeinderat will in seiner heutigen Sitzung ein politisches Signal nach Stuttgart senden. Das lautet: Wir stehen auch hinter den geplanten Gefängnisstandorten "Esch" und "Hochwald". Damit, so die Hoffnungen, will man sich zurück in ein Spiel bringen, das bereits verloren schien. Ein Spiel, bei dem der Gewinner ein neues Gefängnis erhält. Zusätzlich spült ihm der Sieg circa 500.000 Euro jährlich in die Kasse. Er handelt sich aber auch eine Menge Ärger ein.

Zur Erinnerung: Die Bürgerinitiative NAKU, die sich vor allem aus Bürgern der beiden von einem Großgefängnis am stärksten betroffenen Dörfer Zepfenhan und Neukirch speist, läuft gegen den geplanten und vom Gemeinderat beschlossenen Standort Bitzwäldle Sturm. Der Spitzenkandidat der Grünen, Winfried Kretschmann, lässt sich bei einem Ortstermin im Wahlkampf 2011 vom Widerstand so beeindrucken, dass er ein Wahlversprechen gibt – und hält. Die neue grün-rote Landesregierung kippt das Bitzwäldle. Alles beginnt von vorn.

Es ist nicht das einzige Mal, dass der Startknopf gedrückt wird. Denn in Tuningen lehnt die Mehrheit der Bürger das Gefängnis ab. Randbemerkung: In Rottweil weisen kommunalpolitisch Interessierte und frühere Stadträte gelegentlich darauf hin, dass die Rottweiler Bevölkerung hinter dem Gefängnisstandort Bitzwäldle stehe und nur eine Minderheit den Standort zu Fall gebracht habe.

Jedenfalls stehen nun wieder Standorte zur Debatte, über die schon zuvor jahrelang und zuweilen sehr erbittert diskutiert wurde: Esch und Hochwald.

Dabei ist gut möglich, dass die JVA in Weigheim, einem Ortsteil von Villingen-Schwenningen, gebaut wird. Sicher ist das nicht, denn auch dort gibt es Probleme mit dem Untergrund: Bodenuntersuchungen sollen gezeigt haben, dass ein Neubau aufgrund des hohen Grundwasserstands und des Vorkommens größerer Mengen des Gesteins Pyrit nur mit einem großen finanziellen Mehraufwand umgesetzt werden könne.

Lieber Leser, Sie erinnern sich richtig. Genau aus diesen Gründen war der vierte Rottweiler JVA-Standort, der Stallberg, einst von der alten Landesregierung abgelehnt worden. Und zwar ohne Wenn und Aber. Ob in Weigheim dieselben Maßstäbe angelegt werden?

Kaum wird nun aber die Kunde vernommen, dass die Stadt hier ein Zeichen für die Stuttgarter Ministerien setzen will, melden sich die alten Haudegen von einst zu Wort und erinnern an eine Geschichte, die ein paar Jahre zurückliegt und an die man sich hier, in Rottweil, nicht gerne erinnert.

In einem Schreiben an den Gemeinderat und den Oberbürgermeister Ralf Broß äußert sich der Landesnaturschutzverband. Er verweist auf einen Beschluss des Gemeinderats im März 2009. Damals habe das Gremium bei zwei Nein-Stimmen und einer Enthaltung beschlossen: "Der Standort 'Esch' ist als Standort für eine Justizvollzugsanstalt ungeeignet."

Dieser Beschluss sei zutreffend gewesen: Er sei es auch noch heute, weil sich weder die örtlichen noch die ökologischen Verhältnisse geändert hätten. "Nur finanzielle Gründe könnten die Stadtverwaltung noch veranlassen, dem Gemeinderat eine Änderung seines Beschlusses vorzuschlagen." Probleme gebe es laut Naturschutzverband in den Bereichen Wasserschutz, Flächenversiegelung, Landschaftszersiedelung, fehlende Erschließung, Beeinträchtigung der Landwirtschaft, Naturschutz, Landschaftsbild sowie Tourismus/Naherholung.

Auch der Standort Hochwald wird abgelehnt. Es handle sich um einen Weiler in exponierter Hochlage (höchste Erhebung zwischen Rottweil und Dunningen). Die Umgebung werde rein landwirtschaftlich genutzt. Die Errichtung einer Justizvollzugsanstalt mit einem Flächenbedarf von mindestens 120 000 Quadratmetern würde das in dieser Region besonders harmonische Landschaftsbild weit sichtbar zerstören und den kleinen Weiler optisch erdrücken. Aus diesem Grund habe die Rottweiler Stadtverwaltung bereits im Februar 2010 den Standort abgelehnt. Und: "Die gegen den Standort Esch sprechenden Argumente treffen weitgehend auch auf den Standort Hochwald zu."

Unterzeichnet ist das Schreiben von Roland Fischinger (Nabu Dunningen), Bernd Franz (Nabu Rottweil), Ulrike von Kutzleben-Hausen (BUND in der Region), Reinhold Ulmschneider (BUND Rottweil), Ute Rambaum für die Umweltschutzgruppe Villingendorf und Henning Theobald für den Arbeitskreis Rottweil des Landesnaturschutzverbandes.Geschichte wiederholt sich. In diesem Fall hätte man darauf verzichten können. Denn sie erweist sich in Sachen Großgefängnis als gefährlich. Nun, da Rottweil vielleicht doch zum Zuge kommt und sich der Wunsch nach einer Justizvollzugsanstalt möglicherweise verwirklichen lässt, stellen sich Gemeinderat und Verwaltung hinter zwei Standorte, die sie vor ein paar Jahren selbst noch abgelehnt haben: Esch und Hochwald. Das ist der verzweifelte Griff des Ertrinkenden nach dem Strohhalm. Und da sind die zu erwartenden Reflexe derjenigen, die schon vor Jahren den Widerstand gegen diese beiden Standorte angeführt haben: die Naturschutzverbände. Noch ist es nicht so weit. Sollte Rottweil aber tatsächlich mit Esch oder Hochwald das Rennen machen, können sich Verwaltung und Gemeinderat auf heftigste Auseinandersetzungen gefasst machen.

Info: SPD-Antrag

Die SPD-Fraktion beantragt, durch ein neutrales Institut eine repräsentative Meinungsumfrage in der Bevölkerung zur Akzeptanz einer Justizvollzugsanstalt in Rottweil durchzuführen.

Der neue SPD-Fraktionschef Ralf Armleder äußert, es scheine sich in der Wahrnehmung mancher Stuttgarter Ministerien der Eindruck zu verfestigen, dass Rottweils Bevölkerung einer neuen Justizvollzugsanstalt ablehnend gegenüberstehe, wozu die Meinungsäußerungen im Zuge der Diskussion um das "Bitzwäldle" beigetragen hätten.

Zeitgleich kämen Signale aus den selben Ministerien, wonach die Bevölkerung in Weigheim (Villingen-Schweningen) für den dortigen Standort eine positive Haltung habe. "Eine repräsentative Meinungsumfrage in Rottweil könnte den für Rottweil negativen oben genannten Eindruck zurechtrücken und damit die Rottweiler Chancen erhöhen", so Armleder.

Kommentar: Das wird heftig

Armin Schulz

Geschichte wiederholt sich. In diesem Fall hätte man darauf verzichten können. Denn sie erweist sich in Sachen Großgefängnis als gefährlich. Nun, da Rottweil vielleicht doch zum Zuge kommt und sich der Wunsch nach einer Justizvollzugsanstalt möglicherweise verwirklichen lässt, stellen sich Gemeinderat und Verwaltung hinter zwei Standorte, die sie vor ein paar Jahren selbst noch abgelehnt haben: Esch und Hochwald.

Das ist der verzweifelte Griff des Ertrinkenden nach dem Strohhalm. Und da sind die zu erwartenden Reflexe derjenigen, die schon vor Jahren den Widerstand gegen diese beiden Standorte angeführt haben: die Naturschutzverbände. Noch ist es nicht so weit. Sollte Rottweil aber tatsächlich mit Esch oder Hochwald das Rennen machen, können sich Verwaltung und Gemeinderat auf heftigste Auseinandersetzungen gefasst machen.