Ortsvorsteher Walter Keller fehlte aus Krankheitsgründen bei der Gesprächsrunde mit Oberbürgermeister Ralf Broß (rechts) in Neukirch. Den Vorsitz übernahm für ihn Kendy Scharein (Zweiter von rechts). Foto: Schmidt

Gesprächskultur überwindet Gräben: OB Broß diskutiert in Neukirch mit Bürgern und Ortschaftsräten. JVA auch Thema.

Rottweil-Neukirch - Deutlich entspannter und offener als in Göllsdorf begegnete Oberbürgermeister Ralf Broß den Bürgern in Neukirch. Die Breitbandversorgung und der Radweg zum Vaihingerhof waren die drängenden Themen des Abends.

"Das war ein angenehmer Abend", resümierte Oberbürgermeister Ralf Broß am Ende des Bürgergesprächs in Neukirch. Und tatsächlich gelang ihm über weite Teile eine offene Gesprächskultur. "Ich versteh sie" oder "ich bin da bei Ihnen", "absolut nachvollziehbar" waren Sätze, die Nähe zum Bürger vermittelten. Und informativ war der Abend auch.

Die Breitbandversorgung wird Neukirch nicht heute oder morgen erreichen, "aber sie ist flächendeckend unser Ziel", sagte Broß. Im ersten Schritt habe sich Rottweil vor einem Jahr dem Verein "Förderung neuer Medien und Technologien im ländlichen Raum" angeschlossen. Über diesen Verbund erwarte sich die Stadt einen günstigeren Ausbau. Derzeit werde für den Handlungsbedarf ein Status quo über den schon vorhandenen Ausbau ermittelt. Im zweiten dann die Mittel in den Haushalt eingestellt. Ärgerlich für Broß, dass die Landesregierung bislang keine Fördermittel gewährt. In Villingen-Schwenningen seien Kosten von 60 Millionen Euro für den Ausbau ermittelt worden. Für Rottweil rechnet Broß Anfang 2015 mit einem Ergebnis.

Auch die Sorge vor dem kommenden Winter nahm der Oberbürgermeister ernst. Er wisse von den verheerenden Zuständen nicht geräumter Straßen. Bei heftigen Schneefällen reiche die Kapazität der Räumfahrzeuge aber nicht aus. Dann sei es nur möglich, Hauptverkehrsadern und Steillagen zu räumen, bat er um Verständnis. "Hoffen wir, dass es nicht mehr so extrem wird."

Unangenehme Neuigkeiten überbrachte Broß zum Thema Busverkehr. Von den derzeit 17 Verbindungen zwischen Neukirch und Rottweil werde die Südbadenbus GmbH (SBG) ab dem kommenden Jahr 13 streichen. Eine Umfrage und eine Fahrgastzählung hätten ergeben, dass die Strecke kaum angenommen wird. In den Ferien und am Wochenende falle die Verbindung sogar ganz weg. Der Schulverkehr bleibe aber weiterhin gewährleistet. Diesem eigenwirtschaftlichen Konzept könne die Stadt nichts entgegensetzen, bedauerte Broß. Ingeborg Geckle-Maier indes sah die Kommune trotzdem in der Pflicht. Für die Attraktivität der Ortsteile, und daran müsse auch der Stadt gelegen sein, sei eine Busverbindung notwendig.

Entgegen der Aussage während des Bürgergesprächs werden die gestrichenen Busverbindungen zukünftig über Wellendingen und Neufra nach Rottweil fahren.

Die Hausaufgaben sah Broß wie auch beim Radweg zum Vaihingerhof beim Landkreis. Auf der Prioritätenliste des Kreises liege der Radweg entlang der Kreisstraße auf Platz 20, informierte Broß. Das Projekt sei "wünschenswert", aber "die Stadt kann nicht alles machen, das ist die Aufgabe des Kreises". Mitnichten, wehrten sich die Bürger. Rottweil dürfe sich nicht aus der Verantwortung stehlen. Der Vaihingerhof gehöre zu Neukirch, aber für Kinder und Radfahrer sei die Strecke aufgrund der Gefahrensituationen nicht überwindbar. Vor 20 Jahren habe Rottweil den Radweg noch als ihr Problem anerkannt, berichtete Joachim Schwarz. Damals seien auch Mittel für einen Radweg im Haushalt eingestellt gewesen. Als aber bekannt geworden sei, dass der Kreis die Straße richten würde, habe sich die Stadt zurückgezogen. "Sagen Sie dem Landkreis ihre Beteiligung zu", forderten die Bürger Broß auf, dann werde der Radweg in der Priorität nach vorne rücken.

Auch ein anderes jahrzehntelang währendes Problem sprach Schwarz an. Im laufenden Jahr sollte das Rathaus endlich saniert werden. Aber passiert sei nichts, weil es "personell nicht machbar war", schüttelte das Ortschaftsratmitglied den Kopf. In der Tat sei die Gebäudewirtschaft der Stadt an ihre Grenzen gestoßen, erklärte Broß. Im kommenden Jahr habe das Rathaus aber "oberste Priorität".

Interesse zeigten die Bürger auch an der Gemeindeverbindungstraße nach Göllsdorf. Als die Schließung der Straße vor zwölf Jahren schon einmal Thema war, wurde es mit dem Vermerk zu den Akten gelegt, dass die Stadt Rottweil darüber nicht entscheiden dürfe, erinnerte Schwarz. Broß indes sieht den Gemeinderat als zuständig an, sollte es zu einer entsprechenden Empfehlung aus Göllsdorf kommen. Jedoch habe der die Interessen aller Ortsteile im Blick. Und die Verlagerung des Verkehrs, die auch Broß erwartet, will auch Rottweil vermeiden. Völlig abwegig nannte Broß den Vorstoß eines nicht anwesenden Bürgers, der die Zepfenhaner Straße zur Wohnstraße deklarieren lassen möchte. Dazu gebe es keine Überlegungen, beruhigte er die Neukircher.

Und ja, zu guter letzt kam auch das Thema Justizvollzugsanstalt auf den Tisch. Broß betonte noch einmal das kommunalpolitische Einvernehmen zum Standort Bitzwäldle. Und trotz des Widerspruchs von Geckle-Maier macht er sogar seine Verärgerung deutlich, dass die Stimmen der Bürgerinitiative höher gewertet wurden als der Beschluss des Gemeinderats.

Einig waren sich indes alle in der Runde, dass das Nein der grün-roten Regierung zum Stallberg nicht nachvollziehbar sei. Nach Informationen von Geckle-Maier seien die jüngsten Untersuchungen aller noch in Frage kommender Standorte abgeschlossen. Derzeit würden die Ergebnisse ausgewertet und bis zum Ende des Jahres vorgelegt.