Am Ziel: Die Membran wird geschlossen. Foto: Otto

17.000 Quadratmeter große Membran vollendet. Besucher wünschen sich Spielplatz und Café. Mit Video

Rottweil - Es ist vollbracht: Das letzte Teil der Außenmembran am Rottweiler Aufzugstestturm wurde am Freitag montiert. Fast unbemerkt, nur beobachtet von einigen Turmfans und Touristen, haben Kletterspezialisten das finale Puzzleteil eingefügt und die Arbeiten am Testturm damit so gut wie fertiggestellt.

Während vorne am Haupteingang die Touristen aus- und eingehen, machen sich auf der anderen Turmseite gegen 13 Uhr die Spezialisten von Taiyo Europe bereit. Der Wind hat nachgelassen, es kann losgehen. Der Kran transportiert die große Rolle mit dem letzten Membranstück an Ort und Stelle. Kletterer steigen in die Höhe, um die Zugseile zu montieren. Dann ist Geduld gefragt: Stück für Stück wird die Membran in den seitlichen Kederschienen nach oben gezogen. Immer wieder muss unterbrochen und justiert werden, damit die Spannung stimmt. Kein Wunder: Das Teil ist 22 Meter hoch und 12 Meter breit.

Die Fassade des 246 Meter hohen Turms aus Polytetrafluorethylen (PTFE)-Glasgewebefaser gilt laut Angaben von Thyssen Krupp als derzeit höchstes Membranprojekt der Welt und hat das Planungsteam vor besondere Herausforderungen gestellt: Für die Montage wurden besonders geschulte Monteure eingesetzt, die Zertifikate für Klettereinsätze in solchen Höhen besitzen. Insgesamt ist die Hülle aus polymerbeschichtetem Glasfasergewebe rund 17.000 Quadratmeter groß.

Die Touristen sind an diesem Tag nicht nur von der Aussicht auf der Besucherplattform, sondern auch von der Technik fasziniert. "Das ist schon eine Meisterleistung", sagt ein Ehepaar aus Tübingen. Und was sagen sie zum Drumherum und zur Anbindung der Attraktion an die Stadt? Nun, sie hätten eigentlich vermutet, dass in dem großen Glasrund am Fuße des Turms ein Café zu finden ist. Aber egal: "Wir gehen ohnehin gern in die Rottweiler Innenstadt. Ist doch schön da." Auch eine Dame aus der Nähe von Stuttgart will im Anschluss an den Turmbesuch noch in der Stadt essen gehen.

"Gibt es denn auch einen Shuttle in die Stadt?", fragt ein Besucher aus Konstanz. Das wäre doch sinnvoll, meint er. Im Internet habe er dazu nichts gefunden. Und er hofft, dass es bei seinem nächsten Besuch auf der Plattform ein Café geben wird.

Eine Familie aus Stuttgart hat Oma und Opa aus Dresden an diesem Freitag zum Testturm geführt. "Wir dachten, das wäre doch ein tolles Ausflugsziel – und es hat sich gelohnt", sagen sie. Für die Kinder hätten sie sich allerdings einen kleinen Spielplatz gewünscht. "Und wenn’s nur eine Rutsche ist, das würde zur Beschäftigung reichen", meint der Papa. Der jüngste wollte nämlich dann doch nicht hoch auf den Turm.

Das Ehepaar Hauser aus Rottweil hat Besuch aus Plochingen und diesem – natürlich – den Turm gezeigt. "Sehr beeindruckend", sagt Lore Heugel. Auf die Frage, was denn noch fehlt, meint sie, dass weitere Hinweistafeln auf der Plattform ganz hilfreich wären. "Damit man weiß, was man sieht." Und ein bisschen Gastronomie natürlich – "aber das kommt ja sicher noch, oder?"

Ein älterer Herr aus Radolfzell kann sein Glück nicht fassen, dass er nun zufällig auch noch den Einbau des letzten Membranteils miterlebt. "Einfach super!" Die Rottweiler Innenstadt habe er natürlich auch schon einmal besucht. Und auch ein Gast aus Hamburg kennt Rottweil schon. Jetzt schaut er sich den Turm an – und ist begeistert. "Ihr habt euren Testturm, und wir unsere Elbphilharmonie."

Währendessen geht es mit dem letzten Membranteil nur meterweise nach oben. Weil alle anderen Teile schon unter gewisser Spannung stehen, ist das finale Stück besonders diffizil, sagt die Bauleiterin. Doch kein Grund zur Besorgnis. Die Experten von Taiyo Europe haben schon den Millennium Dome in London, den Airport von San Francisco, den Deutschen Pavillon bei der Expo in Mailand oder die Mercedes-Benz-Arena in Stuttgart mit textiler Architektur ausgestattet. Nach gut zwei Stunden ist es auch in Rottweil geschafft: Die Membran am Testturm ist geschlossen.

"Fertig" wäre allerdings falsch gesagt. In den nächsten Wochen werden noch Verspannungs- und andere Restarbeiten erledigt. Außerdem muss die "Flugbefeuerung", wie die roten Warnlampen am Turm genannt werden, nach außen auf die Hülle verlegt werden. Ein kleiner Lichtblick zumindest für die Hobbyfotografen und Turmfans, die sich nahezu täglich auf dem Berner Feld treffen, um die Bauarbeiten am Testturm zu verfolgen. Sie drücken an diesem Freitagmittag beim letzten Meter der Membran entwas wehmütig auf den Kameraauslöser.