Sommersprossen: Ruhe-Christi-Kirche wie geschaffen für Cello-Suiten von Bach / Johannes Goritzki glänzt

Die Cello-Suiten von Johann Sebastian Bach erfüllten die Ruhe-Christi-Kirche beim ausverkauften Sommersprossen-Konzert am Dienstagabend.

Rottweil (hf). Bachs Cello-Suiten gelten als in sich verdichtete wunderbare Musik. In ihrer Kompositionstruktur sind sie zwar vom Aufbau der Barock-Suite verhaftet, aber Bach hat die Form freier gestaltet und dadurch ein "überzeitliches" Werk geschaffen. Entsprechend gelten die um 1720 komponierten Cellosiuten Nr. 1 bis 6 als äußerst schwer zu spielen.

Der Cellist Johannes Goritzki konzertierte in der ausverkauften Ruhe-Christi-Kirche – einem wie für diese Solosonaten geschaffenen intimeren Raum – und spielte drei der sechs Suiten in großer Dichte und Souveränität. In der Suite Nr.1 G-Dur, BWV 1007 stieg Goritzki im Prelude mit klarer Wucht, in gleichmäßigen Rhythmen und klanglichen Tiefen ein, in der Allemande verstärkte er den Melodiebogen, um in beinahe "singenden" Tempi den tänzerischen Charakter der Courante auszuloten. Im ruhigen Sarabande-Satz dominierten warme Tiefen und endeten in der Wiederholung fast lautlos, bis sie in die beiden Doppelmenuette tänzerisch einmündeten. In der Gigue steigerte Goritzki die Tempi zum Finale. Die "Einstimmigkeit" kam in der ersten Sonate äußerst klar zum Tragen.

Schwerer, der Tonart entsprechend, ist die Sonate Nr.5 c-moll, BWV 1011 komponiert. In ihrer dunkleren Klangfarbe bestach sie durch grandiose Vielstimmigkeit auf dem Soloinstrument. Schon im Prelude wurde das Melodiethema wie ein polyphones Spiel umgesetzt. Goritzki steigerte durch Tempiwechsel und rasche Läufe die Melodie zu einem orchestralen Klangbild, das er auch in der ruhigeren Allemande ausspielte. Nach der spielerisch leichten Courante setzte Goritzki in der Sarabande einen deutlichen Kontrast durch klare Einstimmigkeit. In sehr retardierender Zurücknahme – fast als berühre er sein Instrument nicht mehr – entwickelte der Cellist ein ausdrucksstarkes Lamento an Trauer und Versunkenheit. Die beiden Gavotte-Sätze setzten dagegen auf tänzerische Akzente in jubilierender Vielstimmigkeit, ehe die Gigue zurück in reine Einstimmigkeit führte. Johannes Goritzki glänzte durch großartiges Spiel.

Zweifellos gilt die letzte Sonate als musikalisches Meisterwerk. Die Suite Nr. 6 D-Dur, BWV 1012 ist für ein fünfsaitiges Instrument komponiert mit zusätzlicher hoher e-Saite, um einen größeren Tonumfang zu erreichen. Der Solist musste auf seinem Instrument die Fünfsaitigkeit durch eine besondere Grifftechnik ausgleichen. Bereits im größer angelegten Prelude muteten der Dur-Klang und die Spieltechnik beinahe hart an, ein breites Klangvolumen wurde hörbar in rasantem Crescendo und verlor sich in äußerstem Decrescendo. Die meditative Allemande gestaltete Goritzki in einem lieblichen Part, Vielstimmigkeit in den Höhen und große Bandbreite in den Tiefen zum Ausdruck bringend. Die rasant gespielte Courante mündete in ruhige Vielstimmigkeit in der Sarabande. Wie ein spritzig erheiterndes "Spiel im Spiel" gestaltete Goritzki die beiden von Bach so gewollten Gavotte-Sätze in zauberhafter Verspieltheit. In der orchestral gespielten finalen Gigue zog der Cellist noch einmal alle Register seines Könnens, eine Cascade aus virtuosen Klangriffen.

Das Publikum dankte mit lang anhaltender Beifall. Mit einer Zugabe, der Bourre 1 und 2 aus der Suite Nr. 3, beschenkte Johannes Goritzki sein Publikum.