Große Anerkennug zollte auch der Schramberger Oberbürgermeister Thomas Herzog der engagierten und mutigen Parkinson-Gruppe. Foto: Fritsche Foto: Schwarzwälder-Bote

25-jähriges Jubiläum der Selbsthilfegruppe Parkinson / Solidarität und Gemeinschaft haben besonderen Stellenwert

Von Johannes Fritsche

Kreis Rottweil. Die Regionalgruppe Rottweil der Selbsthilfegruppe Parkinson feierte ihr 25-jähriges Bestehen mit einer bewegenden und besinnlichen Festveranstaltung.

Das Kreuz an der Wand und die brennende Andachtskerze im Veranstaltungssaal des Pfarrhofs der Sulgener St. Laurentiuskirche spendeten gleichermaßen Trost und Hoffnung. Gastgeber Pfarrer Eberhard Eisele, der auch eine Spende für den Verein überreichte, wünschte viele schöne und ermutigende Stunden im Pfarrhof und erklärte: "Wir sind nicht nur für unsere Kirchenmitglieder da, sondern für alle, die Hilfe brauchen". Tulpen schmückten die festlich gedeckten Tische. "Diese Blume ist das Symbol der Gruppe", erklärte Heide C. Kassner, seit sieben Jahren Leiterin der Regionalgruppe Rottweil der Selbsthilfegruppe Parkinson. Ein holländischer Züchter, selbst an Parkinson erkrankt, hat die Blumensorte gezüchtet.

Am 19. Januar 1990 hatte sich die Gruppe zum ersten Mal getroffen. Der damalige Gruppenleiter war Rolf Böhm, auf ihn folgte Lothar Moosmann, Kassners Vorgänger, der wegen der Krankheit leider nicht kommen konnte.

Seit damals trifft sich die Selbsthilfe-Gruppe in der Arche in Zimmern, eine zweite Gruppe seit 2008 in den Räumen der AOK in Schramberg. 250 000 bis 400 000 Parkinson-Patienten werden in Deutschland geschätzt.

"Ja sagen zur veränderten Lebenssituation, aber Sorgen, Ängste und Anliegen mit anderen bereden, um die Schwierigkeiten zu meistern und von anderen Erfahrungen zu lernen, das ist das Ziel der Selbsthilfegruppe Parkinson", fasste Kassner zusammen.

Ganz still wurde es im Saal, als sie sichtlich bewegt auf die Unterstützung und das Verständnis ihres Mannes Gotthard W. Kassner zu sprechen kam: "Danke Dir lieber Gatte für Deine Gelassenheit, Du bist meine Stütze in allen Dingen". Viel hatten da Tränen in den Augen. Bei den Treffen sehe man, wie tief die Gruppe das Wohlbefinden des Einzelnen beeinflusse. "Krämpfe und Ängste lösen sich in der Gruppenstunde sichtbar", fügte Kassner hinzu. Etwas davon war auch im Veranstaltungssaal zu spüren.

Dann hielt Oberbürgermeister Thomas Herzog eine Rede, in der man sein persönliches Engagement heraushören konnte. Er bedankte sich bei Frau Kassner für die langjährige Leitung der Gruppe. Diese stärke allein schon dadurch, weil dort jeder als ganzer Mensch mit allen seinen Facetten wahrgenommen werde und nicht nur als chronisch Kranker, wie das die Außenwelt manchmal tue. "So sehr die Familie oder Freunde auch Anteil nehmen, am besten nachempfinden können das diejenigen, die es selbst erlebt haben", sagte Herzog.

Auch Landrat Wolf-Rüdiger Michel bedankte sich bei allen Ehrenamtlichen und besonders beim Ehepaar Kassner für das große Engagement: "Alles Offizielle funktioniert nicht ohne Ehrenamt und Selbsthilfe". Letztere stärke die Eigenverantwortung und das Selbstbewusstsein, bewahre Kompetenzen von betroffenen Menschen. "Mittlerweile gibt es etwa 70 verschiedene Gruppen im Landkreis, mit denen unser Pflegestützpunkt als Kontaktstelle zusammenarbeitet", berichtete Michel.

Zwischen den Festreden und den humoristischen Einlagen des schwäbischen Komödianten Hugo Breitschmid spielte die Stubenmusik unter Leitung von Adelgunde Grupp besinnliche Weisen. Ulrike Braatz führte in charmanter Weise durchs Programm. Sie bekannte auch: "Selbsthilfegruppen sind wie ein Rettungsanker, das war auch für mich selbst so in der Anfangsphase der Krankheit. Heute zeichnet sich ein Wandel ab: Menschen stehen zunehmend dazu und verbergen es nicht mehr. Ich habe Parkinson, aber Parkinson hat nicht mich".

Den Fachvortrag "Nicht motorische Störungen beim Parkinson-Syndrom" bei der Jubiläumsveranstaltung hielt Professor Wolfgang Jost, Chefarzt der Parkinson-Klinik Wolfach. Als Symptome der Krankheit könnten nicht nur Zittern und Steifheit auftreten, sie könnten zum Beispiel auch Kreislauf, Magen-Darm-Bereich und die Blase betreffen, auch Schwitzen und Schlafstörungen können dazugehören. Nicht jeder Patient habe alle Symptome. So zittere ein Viertel der Patienten gar nicht. "Die Krankheit betrifft den ganzen Körper, deshalb muss die Therapie in einer ärztlichen Hand bleiben. Der behandelnde Arzt muss die Krankheit im Gesamtzusammenhang sehen und entsprechend behandeln", betonte Professor Jost.

Nach den Ehrungen schloss sich das gesellige Beisammensein bei Kaffee und Kuchen an, mit einem Gedichtvortrag von Manfred Dittrich und weiteren Musikstücken der Stubenmusik. Zum Ausklang sangen alle gemeinsam das Lied "Ihr Freunde all". Am Ende der Veranstaltung konnten die Mitglieder der Parkinson-Selbsthilfegruppe mit dem Gefühl nach Hause gehe, nicht alleine zu stehen mit ihrer schwierigen Krankheit, und dass nicht nur ihre Freunde und Verwandten, sondern auch Stadt, Landkreis und die Kirchen hinter ihnen stehen. "Denn das Leben geht ja weiter und es hat trotzdem auch weiterhin etwas zu bieten". Mancher wird diesen Satz von Oberbürgermeister Herzog mit auf den Heimweg genommen haben.

Für langjährige Mitgliedschaft wurden auf der Jubiläumsveranstaltung geehrt: Johann Grager aus Vöhringen (15 Jahre), Helga Walz aus Rottweil und Konrad Esslinger aus Wolfach (beide 10 Jahre). Sieben weitere zu ehrende Mitglieder konnten an der Veranstaltung nicht teilnehmen: Manfred Neu aus Vöhringen (29 Jahre), Anneliese Fischinger aus Rottweil (25 Jahre), Lothar Moosmann aus Waldmössingen (15 Jahre), Marianne und Rolf Kienzle aus Rottweil (15 Jahre), Walter Stocker aus Rosenfeld (13 Jahre), Gaby Strelow aus Rottweil und Erika Glatthaar aus Bösingen (beide zehn Jahre). Elfriede Hezel aus Bösingen (zehn Jahre) war im April verstorben.