Ein Anblick fast wie bei der Infoveranstaltung im Mai (von links): Lothar Huber, Winfried Hecht, Ralf Broß, Alexander Keller, Alfons Bürk und Günter Hermann sitzen auf dem Podium und beantworten Fragen zum geplanten Testturm. Fotos: Schickle Foto: Schwarzwälder-Bote

Anliegerversammlung des Teams Gewerbepark Neckartal ist ein Déjà-vu / Nur wenige kritische Stimmen

Von Verena Schickle Rottweil. Im Neckartal kaum Neues. So könnte man die Anliegerversammlung des Teams Gewerbepark Neckartal überschreiben. Gerade die Turm-Kritiker hatten auf Antworten gehofft. Zumindest Oberbürgermeister Ralf Broß hatte eine Neuigkeit zu verkünden: Der geplante Testturm von ThyssenKrupp Elevator (TKE) wechselt tatsächlich den Standort. Der Kultur-, Sozial- und Verwaltungsausschuss des Gemeinderats habe in seiner nicht öffentlichen Sitzung beschlossen, das städtische Grundstück an ThyssenKrupp zu verkaufen. Es grenzt an das der Trendfactory, das ursprünglich als Standort vorgesehen war.

Neben Broß saßen der Historiker Winfried Hecht, Lothar Huber, Fachbereichsleiter Bauen und Stadtentwicklung in Rottweil, sowie der Tuttlinger Architekt Günter Hermann auf dem Podium. Und, das war dann doch eine Überraschung, Alexander Keller, Europachef von TKE, persönlich. Er wollte "seine hoffentlich künftigen Nachbarn kennenlernen". Und: "Wir sind hier, um uns reinzufühlen, um zu lernen."

Tatsächlich erinnerte die Veranstaltung im Badhaus nicht nur wegen der Referenten an die Infoveranstaltung Anfang Mai im Kapuziner. Diesmal allerdings handelte es sich um eine Versammlung der Neckartal-Anlieger. In ihren Reihen gehen die Meinungen zum Turm bekanntlich auseinander.

Das Neckartal ist nicht nur Arbeits-, sondern auch Wohnort. Entsprechend emotional ist das Thema, vor allem für die, die den Turm einmal direkt vor der Nase hätten. Von Differenzen indes war in der Versammlung kaum etwas zu bemerken. Die Diskussion verlief sachlich, die kritischen Anmerkungen kamen nur vereinzelt oder von Winfried Hecht. Und Hermann Klos vom Team Gewerbepark, der die Veranstaltung moderierte, ließ nicht nur am Rande durchblicken, dass er das Projekt befürwortet. Zunächst stellten die Referenten ihre Sicht der Dinge dar. Historiker Hecht fragte sich vor allem, wie sich der Turm aufs Stadtbild auswirkt und was er Rottweil bringe. Er betonte, dass noch viele Fakten bekannt sein müssten, bevor der Gemeinderat entscheiden könne. Kaum verwunderlich: Hecht gehört zu den Unterzeichnern der 84 Fragen an die Verwaltung.

OB Ralf Broß: "Wir haben denselben Sachstand wie Sie"

Eine Außensicht bot der Architekt Günter Hermann. Im Städtebau sei ein Umdenken nötig, er warb für Offenheit dem Projekt gegenüber und meinte, der Turm sei für Rottweil eine Attraktion, und "die Architektur ist wirklich spannend". Der Applaus der rund 40 Zuhörer – und auch das ist eine Parallele zur Infoveranstaltung im Mai – ließ erahnen, dass ihm die meisten zustimmten.

Die Meinung des OB zum Testturm ist hinreichend bekannt, die Erwartungen, die die Stadt damit verbindet, sind es ebenfalls. Ein Zuhörer wollte von Ralf Broß wissen, wie die Stadt das Neckartal sieht: Viele der Anlieger würden es eher als Naherholungsgebiet empfinden. "Bleibt es so ruhig wie bisher, auch wenn der Turm steht?" "Unser Ziel ist es, dass sich Unternehmen im Neckartal ansiedeln", erklärte Broß und sein Bauamtsleiter, Lothar Huber, präzisierte später: In einem Gewerbegebiet habe das Gewerbe Vorrang. "Alle anderen Nutzungen sind untergeordnet oder nicht zulässig."

Als Ute Bott sich an den Oberbürgermeister wandte, um zu äußern, dass sie sich als Bürgerin überhaupt nicht frühzeitig beteiligt fühle, wurde sie von Klos glatt ausgebremst und auf die anschließende Diskussion verwiesen.

Als sich die Geigenlehrerin dann in der Sache erneut zu Wort meldete, verwies Ralf Broß auf die Infoveranstaltung im Mai, auf öffentliche Gemeinderatssitzungen und die aktuelle Versammlung im Badhaus.

"Ich würde mir dringend wünschen, dass die Ergebnisse von Prüfungen direkt veröffentlicht werden, nicht erst Ende des Jahres" – auf diesen Zeitpunkt verwies Architekt Alfons Bürk immer wieder, TKE stecke mitten in der Planungsphase – wie solle man sonst noch Einfluss nehmen?, fragte Ute Bott. Schließlich hätte die Stadt einen Informationsvorsprung von zwei Jahren. "Warum?", wollte der Rathaus-Chef wissen. "Wir haben denselben Sachstand wie Sie." Und Keller meinte: "Ich hab die Planung auch noch nicht, sonst würde ich sie heute vorstellen."

Bott kam auch auf die Fotomontagen mit der Stadtsilhouette zu sprechen, auf denen die Größe und Umfang des Turmes nur ungenau zu sehen seien (wir berichteten). Genauere will ThyssenKrupp nachliefern: Wenn die Planungen so weit seien, und es ein digitales Geländemodell gebe. Viele Fragen, vertröstete Alfons Bürk, könnten erst Ende des Jahres beantwortet werden.

Sabine Hoffmann, die mit ihrer Familie im Neckartal lebt und arbeitet, ist das zu wenig. "Ich wollte keine Werbeveranstaltung, ich wollte Antworten auf Fragen." Allerdings seien die, auf die sich das Team Gewerbepark eigentlich geeinigt hatte, gar nicht gestellt worden. Ohnehin, meinte sie, werde man nur auf später vertröstet. Sie wisse jetzt nicht mehr als nach der ersten Presseveröffentlichung. Und die Veranstaltung im Badhaus? "Eine Farce", sagte sie enttäuscht.