Daniel Kahsay trifft sich samstags auf dem Fußballplatz mit Asylbewerbern – natürlich, um zu kicken. Foto: Schickle

Daniel Kahsay hat seine Heimat Äthiopien der Liebe wegen verlassen. Rundes Leder erleichtert Einstieg.

Rottweil - Daniel Kahsay ist 25 Jahre alt. Trotzdem hat er schon viel erlebt. Etwa, wie es ist, als Fremder in die schwäbische Provinz zu kommen. Auch deshalb engagiert er sich für Flüchtlinge.

Zwischen Daniel Kahsay und den vielen Flüchtlingen, die derzeit auf ein neues Leben in Deutschland hoffen, gibt es einen entscheidenden Unterschied: Er hat seine Heimat Äthiopien der Liebe wegen verlassen und nicht, weil er musste. Mit seiner deutschen Frau lebt er seit drei Jahren in deren Heimat Aldingen. Das Leben in der schwäbischen Provinz ist nicht nur ein bisschen anders als in der afrikanischen Millionenmetropole Addis Abeba, wo Kahsay aufgewachsen ist und lebte.

"Das sind zwei Welten", sagt er. Die kulturellen, sozialen und wirtschaftlichen Unterschiede seien groß – aber das seien sie schon, wenn ein Spanier nach Deutschland zieht, findet Kahsay. Und die Düsseldorfer sind auch anders als die Stuttgarter oder Aldinger, hat er festgestellt. Was alle Menschen verbinde, seien Sport, Musik und das gemeinsame Feiern von Festen.

"Ich hab’ ziemlich nette Menschen getroffen", erinnert er sich an seine Anfangszeit in Deutschland. Auch, weil er von Beginn an in Aldingen Fußball gespielt habe. Das hat den 25-Jährigen auf eine Idee gebracht, als er mit seiner Frau und Freunden zu Weihnachten 2013 erstmals das Asylbewerberwohnheim in der Unteren Lehrstraße in Rottweil besucht. Vorher sei ihm gar nicht bewusst gewesen, dass dort so viele Menschen leben, erzählt er. Aber auch dort hat er nette kennengelernt – aus Syrien, Mazedonien und Eritrea. So ist ihm der Gedanke gekommen, eine Fußballmannschaft für Asylbewerber zu gründen.

Beim Sporttreiben kommen Menschen miteinander in Kontakt, Mannschaftsgeist entsteht, dann wächst der Respekt füreinander, und wenn das Training beginnt, ist auch Pünktlichkeit gefragt: All das sind die Dinge, die im Leben der Flüchtlinge oftmals fehlen. Sie seien nicht nur traumatisiert, sagt Kahsay, sondern haben auch keine Struktur im Alltag. Deshalb gehe der moralische Kompass irgendwann falsch, meint der 25-Jährige. Der junge Mann setzt sich offensichtlich auch theoretisch mit dem Thema Flucht auseinander.

An der Uni in Addis Abeba hatte Kahsay bereits als Übersetzer an einem Projekt zum Thema "Flüchtlingswege von Afrika nach Europa" mitgearbeitet. Im Landkreis Tuttlingen engagiert er sich nach eigenen Angaben als Dolmetscher für Flüchtlinge und Behörden, auch dort soll ein Fußballteam entstehen. "Globale Themen lokal zu denken, ist einfach unsere Aufgabe", findet der Aldinger.

Die Lokalität im Fall der Afrostars, so heißt das Rottweiler Team, das aus Asylbewerbern besteht, ist der Sportplatz der Turngemeinde Altstadt (TGA). Dort wird jeden Samstag unter der Leitung von Daniel Kahsay trainiert. Auch gegen die TGA haben die Afrostars schon gekickt, kürzlich fand zudem ein Freundschaftsspiel gegen ein Asylteam vom Bodensee samt Abschlussgrillen statt.

"Im Winter haben wir bisher ein Problem", sagt Kahsay: ohne Halle kein Training. Dabei seien die festen Termine für den Sport wichtig, um dem Leben der Kicker einen Rhythmus zu geben. Manche, erzählt er, spielen noch mit, obwohl sie schon nicht mehr in der Unteren Lehrstraße untergebracht sind. Sein Ziel ist es, den Asylbewerbern Integration zu ermöglichen: Im besten Fall, weil sie irgendwann in den örtlichen Sportvereinen kicken.

Und jetzt? Hat Daniel Kahsay neben dem Fußballplatz eine weitere Spielwiese im Blick. Er plane ein Projekt mit der Stadt und stehe in Kontakt mit dem Zimmertheater, sagt der 25-Jährige. Auch Kultur verbindet.

Weitere Informationen: Wer sich engagieren möchte, kann sich an Daniel Kahsay, E-Mail danish_878@yahoo. com, wenden. Die Afrostars freuen sich außerdem auf E-Mails von Fußballmannschaften, die gegen sie kicken möchten.