Justitias Waagschale pendelte sich am Dienstag für den 57-jährigen Angeklagten auf eine Freiheitsstrafe von vier Jahren und einem Monat ein. Foto: Lupo (Pixelio)

Wegen Nötigung des Sohnes kommt zur Bestrafung für Verletzung der Ehefrau noch ein Monat obendrauf.

Trossingen/Rottweil - Der 57-Jährige, der im Dezember 2015 seine 42-Jährige von ihm getrennt lebende Ehefrau vor dem gemeinsamen Haus in Trossingen mit einem Jagdmesser beinahe getötet hätte, wurde am Dienstag zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und einem Monat verurteilt.

Der Mann hatte am 13. Dezember 2015 seine Frau mit einem Messer am Hals schwer verletzt, als diese ihren kleinen Sohn vom Wochenendbesuch beim Vater abholen wollte.

Oberstaatsanwalt Joachim Dittrich hatte am Montag in seinem Plädoyer die Tat als versuchten Mord eines verbitterten, weil durch das immer selbstbewusstere Auftreten seiner Frau zusehends erniedrigt fühlenden Mannes bezeichnet, der nach einer schweren Herzerkrankung Ende 2014 auch am Verlust seines Jobs schwer zu kauen hatte.

Obige Annahme, dass der 57-Jährige mit der Tat auf schreckliche Weise und ohne Rücksicht auf Verluste reinen Tisch machen wollte, relativierte die erste Schwurgerichtskammer am Landgericht Rottweil deutlich. Bei der Ausführung der Tat durch einen Schnitt mit einem scharfen Messer in den Hals seiner Frau könne ein bedingter Tötungsvorsatz durchaus angenommen werden, doch als der Täter gesehen habe, dass sein Opfer nicht tödlich getroffen worden sei, habe er diesem nicht nachgesetzt, sondern nach der Erteilung des unheimlichen Denkzettels die Flucht angetreten, sagte der Vorsitzende Richter Karlheinz Münzer gestern bei seiner Urteilsbegründung. Damit sei der Täter von einem "unbeendeten Versuch eines Mordes aus Heimtücke strafbefreiend zurückgetreten".

Gleichwohl machte Münzer deutlich, dass der "mit Absicht geführte Schnitt" – da sei kein passives Hinhalten des Messers an den Hals gewesen mit einer schicksalhaften Verletzung infolge einer plötzlichen Kopfdrehung des Opfers – für die Frau und die drei Kinder vor allem in psychischer Hinsicht Schlimmes bewirkt hat. Und der Richter betont auch, dass angenommen werden könne, dass gerade die plötzliche Kopfbewegung der Frau nach links in Richtung ihres kleinen Sohnes die Wirkung des Schnittes (vier Zentimeter tief und elf Zentimeter lang) gemildert habe. Nur um Millimeter sei die Halsschlagader verfehlt worden.

Zwischen einem Monat und sieben Jahren und sechs Monaten liegt der Strafrahmen bei einer gefährlichen Körperverletzung. Auch insofern wird durch das Strafmaß von vier Jahren – wegen Nötigung des ältesten Sohnes bei seiner Flucht mittels Bedrohungen und einen Schlag gegen dessen Knie – kam noch ein Monat obendrauf –die Schwere der Tat deutlich zum Ausdruck gebracht. Der Staatsanwalt hatte wegen versuchten Mordes sieben Jahre und neun Monate gefordert Strafmildernd wirkte vor allem ein arrangierter Täter-Opfer-Ausgleich, mit dem der Frau nach dem Verkauf des gemeinsamen Hauses der eigentlich dem Mann zustehende Anteil als Schmerzensgeld zugeführt wird.

Eheleute, die eigentlich überhaupt nicht zusammenpassten und über viele Jahre mehr schlecht als recht über die Runden zu kommen versuchten, hätten sich zum Schluss überhaupt nichts mehr zu sagen gehabt, stellte Karlheinz Münzer bei seiner fast einstündigen Urteilsbegründung auch fest.

Als die Frau im November 2015 schließlich ihre Sachen packte und mit ihren beiden jüngeren Kindern auszog – der heute 18-jährige älteste Sohn versuchte beim Vater offenbar mit "guter Miene" die Stellung zu halten, um diesem noch etwas Familien-Gefühl zu vermitteln – habe sich der 57-jährige immer mehr gekränkt und erniedrigt über das nach seinem Dafürhalten eingetretene Unmögliche gefühlt, zumal die Frau zwischenzeitlich auch einen neuen Lebensgefährten hatte. Das habe ihn zu dem maßlosen Wutausbruch getrieben, wird in der Schlusserklärung des Gerichts ebenfalls festgestellt. Ebenso , dass der Mann jetzt erkannt zu haben scheint, dass er und seine Noch-Frau nun strikt getrennte Wege zu gehen haben.