Auf ihrer Friedensfahrt durch Europa anlässlich des 25. Jahrestages der Reaktorkatastrofe von Tschernobyl machten Mitglieder der Bundesarbeitsgemeinschaft "Den Kindern von Tschernobyl" vom 23. bis 25. April auch in Rottweil Station. Nach dem Empfang im Alten Rathaus absolvierten sie ein umfangreiches Programm. Fotos: Schnekenburger Foto: Schwarzwälder-Bote

Delegation macht Station in Rottweil / Gedenken an Reaktorkatastrophe von Tschernobyl

Von Bodo Schnekenburger

Rottweil. Heute jährt sich die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl zum 25. Mal. Auch die Bürgerinitiative für eine Welt ohne atomare Bedrohung hat aus traurigem Anlass Grund, Jubiläum zu feiern – in ein paar Tagen, denn es dauerte, bis die Nachricht – und die Konsequenzen – ankamen.

Daran erinnerten am Samstagabend im Kapuziner Mitglieder der Initiative. In Sachen Information waren die unmittelbar Betroffenen seinerzeit wohl nur unwesentlich besser bedient. Die Konsequenzen waren dafür umso gravierender. Dass es 25 Jahre später wieder ähnliche Meldungen und ungelenke Informationen und hilflose Maßnahmen geben sollte, diesmal aus Japan, befremdete ein wenig – was zeigt, dass die Tour, die eine Gruppe Menschen nach Genf führte, wo sie heute bei den Vereinten Nationen Gespräche mit Vertretern der UNO und der Weltgesundheitsorganisation führen werden.

Worüber, das berichteten die Teilnehmer der "Friedensfahrt durch Europa" in Rottweil, wo sie ein strammes Programm absolvierten. So gestalteten sie die Osternacht in der Predigerkirche mit und am Sonntagabend das Benefizkonzert zusammen mit dem Rottweiler Mädchenchor und dem Männergesangverein "Germania" Altstadt.

Einige "alte Bekannte" waren mit dabei, Menschen, mit denen die Bürgerinitiative seit Jahren – oder: genau seit zwei Jahrzehnten – Kontakt hält und Projekte realisiert, Menschen auch, die über die verschiedenen Projekte als Jugendliche aus Weißrussland nach Rottweil kamen, und die in ihrer Heimat inzwischen mit Erfolg die Erkenntnisse umsetzen. Etwa kleine Solarthermie-Anlagen zur Warmwasserbereitung oder kleine Windkraftanlagen, mit denen Kühlschrank und Radio betrieben werden können. Es gab Auszeichnungen und eine Gruppe wurde zur Vorstellung der Arbeiten zu einem Umweltkongress nach Petersburg eingeladen. Wohlgemerkt ein Ergebnis, das recht direkt auf die Workshops der vergangenen Jahre in Rottweil zurück geht.

Vorgetragen wurden diese Aktionen im historischen Sitzungssaal des Alten Rathauses. Sie waren nur ein Aspekt des offiziellen Empfangs der Stadt, die die Teilnehmer der Friedensfahrt, die Bürgerinitiative und die "Herbergseltern" willkommen hieß. Bürgermeister-Stellvertreter Walter Stegmann begrüßte die Gäste namens der Stadt und des Gemeinderates und knüpfte gleich zu Beginn seiner Rede die Verbindung zu Fukushima, durch das "plötzlich ein grelles Licht sauf Tschernobyl geworfen" werde, ein Ereignis, das "wenn nicht in Vergessenheit, so doch in den Hintergrund des Bewusstseins getreten ist". Der menschlichen Natur entsprechend, habe man mögliche Gefahren bagatellisiert oder gar verdrängt: "Die Bilder aus Japan lassen uns erschauern und alle, auch die politisch Verantwortlichen, sind unsicher geworden", so Stegmann, der ein Bild von Irina Gruschewaja von "Den Kindern von Tschenobyl" aufgriff, das Bild einer Pyramide, die auf der Spitze steht. Dort sei die Ursache, das Reaktorunglück, dessen Folgen den Pyramidenkörper fortschreitend in die Zeit hinein verlängerten. Konkret: Nicht nur Tausende Todesopfer sind konkret zu beklagen, gesundheitlich betroffen seien hunderte Millionen Menschen in Europa. Und : "Die Folgen setzen sich über genetische Schäden bereits in der nächsten Generation fort."

Gruschewaja, Burkhard Homeyer, Vorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft "Den Kindern von Tschernobyl", und Tatjana Koslowa, langjährige Kooperationspartnerin in Luninetz für die Bürgerinitiative, warben um Wahrheit und Transparenz, nicht zuletzt dazu sollte die Friedensfahrt dienen, die UNO und WHO an deren Resolutionen erinnern soll, aber auch um weiteres Bürgerengagement. Auch, um den Politikern die entsprechenden Legitimation an die Hand zu geben.