Flüchtlinge in Deutschland zu integrieren ist auch deshalb manches Mal schwierig, da die Bürokratie Hürden aufgebaut hat. Foto: Pleul Foto: Schwarzwälder-Bote

Einzelschicksal: Asylsuchender aus Togo kämpft mit den Behörden / Deutsche Helferin müht sich – mit Erfolg

Rottweil (az). Während bei den sogenannten Jamaika-Sondierungsgesprächen eine Obergrenze bei Flüchtlingen eine Rolle gespielt haben soll, haben Flüchtlinge, die vor Jahren mit Hoffnungen, Wünschen und konkreten Vorstellungen nach Deutschland kamen, ganz andere Probleme. Ihre Helfer auch. Die freundlich-lächelnde Bundeskanzlerin vor Augen treffen Migranten hier vor Ort auf eine Bürokratie, die selbst Einheimischen, die im Umgang mit Behörden geübt scheinen, Tränen der Verzweiflung in die Augen treibt.

Davon, wie der Amtsschimmel in den Fluren der Behörden wiehert, handelt diese Geschichte. Eine Hauptfigur ist ein junger Mann, der vor einiger Zeit seine Heimat Togo verlassen hat. In Togo, sagt er, werde er als Christ verfolgt. Er sei sich seines Lebens nicht mehr sicher gewesen. Hier in Deutschland versucht er Fuß zu fassen. Er will die deutsche Sprache lernen, er will eine Ausbildung machen, er will eine Arbeit finden, er will sich in diese Gesellschaft integrieren. Das ist seine Absicht, sein Ziel: eine sichere Existenz aufzubauen.

Doch zunächst darf er hier gar nichts machen. Er kommt in einem Flüchtlingscamp im Süden Deutschlands unter. In diesem Camp wohnen sie bis zu sechst in einem Zimmer. Kurze Zeit später wird er versetzt, er kommt in ein anderes Camp. Dort muss er bleiben, das schreibt die Wohnsitzauflage vor.

Seine Unterstützerin, die zweite Hauptfigur, wird später über die Zustände schreiben: "Der Container hat 30 Quadratmeter. Dort stehen zwei Betten, ein Tisch, ein kleiner Kühlschrank und ein Schrank. Es ist schmutzig und ungemütlich. Die sanitären Anlagen dreckig, stehen oft unter Wasser. Nachts ist es in diesem Camp so gefährlich, dass sich niemand nach draußen traut, nicht einmal die Security."

Seine Bekannte, die ihn nach Kräften unterstützt, eine Deutsche, sucht nach einer anderen Lösung, will ihn aus dieser Situation befreien. Sie macht sich kundig, wie sie dem jungen Mann am besten helfen kann. Sie klappert die Behörden ab, lässt ihre Kontakte in heimische Unternehmen spielen. Bald hat sie einen Job gefunden und die Zusage, dass der junge Mann aus Togo im nächsten Jahr eine Ausbildung beginnen könne. Zuvor könnte er zudem über die Arbeitsagentur ein Jahr lang einen Qualifizierungskurs besuchen.

Alles gut? Leider nicht. Die Behörden stellen sich quer, äußern Bedenken, etwa diese, wer für ihn aufkomme. Die Kommune, in der er fortan leben möchte, um seinem Job nachgehen zu können, befürchtet, für das Wohngeld aufkommen zu müssen. Mehr als 1000 Euro müsste er verdienen, fordert die Kommune, dann würde sie den Zuzug zulassen. 1000 Euro, das würde einen Vollzeitjob bedeuten, da wäre dann keine Zeit mehr für Sprachkurse.

Das Arbeitsamt wiederum hat andere Sorgen. Es weigert sich, den Arbeitsvertrag anzuerkennen – aus formalen Gründen. Und sowieso: Wieso macht diese Frau die ganze Arbeit? Wieso mischt sie sich so ein? Und bringt alles durcheinander? Das, sagt die Frau unserer Zeitung, habe man sie spüren lassen bei den inzwischen unzähligen Behördengängen.

Die Umverteilung von A nach B, vom Flüchtlings-Camp in eine Wohnung, von wo aus er seinen Job antreten und den Förderkurs besuchen kann, scheint eine unüberwindbare Hürde darzustellen. Keine 100 Kilometer liegen zwischen den beiden Orten. Doch es trennen sie Welten.

Welten, die sich die Behörden in ihren Stuben ausmalen. Da ist einer, der sich im Grunde so verhält, wie es jene, die seit Lebzeiten in diesem Land leben verlangen: Dieser eine will arbeiten, die Sprache lernen, sich einbringen. Doch er darf nicht. "Wie können solche Menschen nicht willkommen sein, wenn sie sich um Arbeit und Ausbildung kümmern. Ich dachte immer, das will unser Land", notiert die Helferin. Sie wenden sich an verschiedene Organisationen – UNO-Flüchtlingshilfe, Regierungspräsidium Karlsruhe, Arbeitsamt Rottweil, IHK Villingen-Schwenningen, Freundeskreis Rottweil – und hoffen auf Unterstützung.

Die vielen Wege zwischen den Behörden, von Amt zu Amt, werden hier nicht nachgezeichnet. Mal soll ein Formular fehlen, mal soll es nicht richtig ausgefüllt sein. Die Erfahrung der Helferin ist, dass die Ämter selbst nicht wissen, wie sie mit Flüchtlingen umgehen sollen, die Behörden sich nicht abstimmen, sich widersprechen, sich kaum Mühe geben, Lösungen zu finden, sondern einem lieber Steine in den Weg legen.

Das sehen inzwischen auch andere Beteiligte so, etwa die Ausländerbehörde. Dort wird in einem Schreiben an die Arbeitsagentur kritisch angemerkt: "Nächstes Mal bitte einfach noch mal nachfragen. Denn alle Unterlagen waren vorhanden und Frau... und... hätten sich den Weg sparen können." Es wird nicht der einzige gewesen sein.

Die Geschichte geht vorerst gut aus. Aber es hat Monate gedauert, bis alle staatlichen Stellen zufrieden waren und der junge Mann aus Togo sich da niederlassen kann, wo er Job und später eine Ausbildungsstelle hat. Wie seine Zukunft aussieht, ist dennoch ungewiss. Flüchtlinge aus Togo haben wenig Chancen, in Deutschland als Asylflüchtlinge anerkannt zu werden.