Vom Langen Berg aus blickt Stadtbrandmeister Rainer Müller gern auf seine Heimatstadt. Foto: Schickle

Rottweiler Stadtbrandmeister spricht über Vorhaben von ThyssenKrupp Elevator. Sohn tritt Nachfolge an.

Rottweil - Als Stadtbrandmeister und Ur-Rottweiler hat Rainer Müller gleich zwei Perspektiven, aus denen er den geplanten Aufzug-Testturm von ThyssenKrupp Elevator (TKE) betrachtet.

Für Rainer Müller kommt der Turm zu spät. Am 8. Januar 2015 wird der Stadtbrandmeister 65 Jahre alt. Damit endet für ihn der aktive Dienst und sein Ruhestand beginnt. "Nachts um Mitternacht leg ich meinen Piepser auf den Tisch", erzählt er. Die Herausforderung Turm, sollte der Gemeinderat dessen Bau beschließen, wird Müller damit zumindest beruflich nicht mehr anpacken. "Mein Sohn wird da einsteigen müssen", sagt er – Sohn Frank tritt seine Nachfolge an. Ein "schade" schickt Müller senior gleich noch hinterher.

Denn dieser Turm würde nicht nur in Rottweils Stadtsilhouette herausragen. Nein, auch die Rottweiler "Feuerlöscher vom Dienst" würden in einer anderen Liga spielen. "Wir werden dann Turmfeuerwehr", sagt Müller schmunzelnd. Doch Spaß beiseite: Allein schon mit Feuerwehrgeräten auf 246 Metern Höhe zu agieren, dürfte spannend werden.

Turm ist Neuland für Feuerwehr

Das sind auch die Planungen, in die Rainer Müller als Stellvertreter von Kreisbrandmeister Mario Rumpf Einblick erhält. Deutschlands beste Brandschutzsachverständige seien daran beteiligt, Rumpf vom ersten Federstrich miteinbezogen. "Das modernste, was überhaupt auf dem Markt ist, kommt in diesen Turm" – Brandmeldeanlagen, Sprinkler, Feuerwehraufzug und mehr. Der Turm, sagt Müller, ist absolutes Neuland für die Feuerwehr. "Aber meine Kameraden freuen sich drauf."

Die Arbeit seiner Truppe beginnt nicht erst, wenn der Riese auf dem Berner Feld steht. Auch, wenn es auf der Baustelle zu einem Unfall kommen sollte, wäre die Wehr im Einsatz. Eine Herausforderung, bei solchen Höhen. Da hilft selbst die Hubarbeitsbühne, das liebste Kind der Rottweiler, nicht weiter – die kommt gerade mal auf 32 Meter. "An sowas brauchen Sie gar nicht denken." Notfalls gebe es bei den Wehren in Villingen-Schwenningen und Balingen Höhenrettungsgruppen, in Rottweil zudem die Bergwacht. Rainer Müller rechnet mit entsprechenden Übungen.

"Was gut ist im Berner Feld: die Löschwasserversorgung", erklärt er. Als vor über 20 Jahren der Bebauungsplan für das Industriegebiet aufgestellt worden sei, habe er, damals noch recht frisch Stadtbrandmeister, vorgeschlagen, einen Löschwasserbehälter zu bauen. So wurde es dann auch gemacht. Dieser Behälter sei gerade einmal 150 Meter vom geplanten Standort entfernt und fasse 300 000 Liter. Sollte der Turm gebaut werden, müsste die Feuerwehr den Riesen richtig kennenlernen. "Das wird sehr, sehr interessant." Ähnlich empfinden seine Kameraden. Er habe noch von niemanden in seiner Truppe gehört, der gegen das Projekt sei. "Die meisten von uns freuen sich darauf."

Beruflich sieht Rainer Müller vor allem die Herausforderung. Doch Müller sieht doppelt. Auch als Ur-Rottweiler, im Spital geboren, sagt er: "Ich bin für den Turm, weil ich davon ausgehe, dass die Visitenkarte Rottweils dadurch aufpoliert wird." Schon jetzt werde er auf überregionalen Feuerwehrtreffen darauf angesprochen. Dem Tourismus in der Stadt würde der Turm ebenfalls guttun. Der 64-Jährige erinnert sich noch gut an 1972, das Jahr, in dem einer seiner Söhne geboren und der Wasserturm gebaut wurde. Von diesem seien auch nicht alle begeistert gewesen.

Einer der schönsten Blicke auf die Stadt bietet sich seiner Meinung nach vom Langen Berg aus. In gewohnt rasantem Stil braust Rainer Müller vom Feuerwehrhaus dorthin. Links liegt die Stadt, rechts, von diesem Blickwinkel aus abgerückt, das Berner Feld. Optisch würde der Turm Rainer Müller von dieser Perspektive aus überhaupt nicht stören. Dass dies an anderen Ecken in seiner Heimat ganz anders ist, weiß er natürlich. Vor allem den Blickwinkel von der Hochbrücke aus habe er sich angeschaut, als der Testballon am Himmel stand. So weit wird der Rottweiler gar nicht laufen müssen: Wenn er zu Hause aus seinem Schlaf- oder Küchenfenster rausguckt, könnte er eines Tages den Turm sehen. "Er stört mich aber nicht", sagt der Standbrandmeister und fragt, warum man die Entwicklung einer Stadt nicht an ihren Türmen ablesen dürfe. Was ihn stört: Wenn Turmgegner und -befürworter aufeinander "rumklopfen". "Jeder hat seine Meinung", und die jeweils andere müsse man akzeptieren. Entscheiden wird über den Turmbau ohnehin der Gemeinderat. "Ich find ihn super, ich freu mich drauf."

Und dann sagt er in der für ihn so typischen, offenen Art: "Er raucht nicht, er stinkt nicht, er macht keinen Lärm. Er ist einfach nur da."

Der geplante Testturm von ThyssenKrupp Elevator hat die Stadt verändert, noch bevor dieser überhaupt gebaut wurde. Doch wie ist das wohl, wenn er erst einmal auf dem Berner Feld steht? Wir sprachen mit Rottweiler Bürgern, die sich in den vergangenen Wochen und Monaten intensiv mit dem 246 Meter hohen Turm befasst haben, über ihre Sichtweise auf den Turm und ihre Stadt. Der Ort des Gesprächs: Ihr Lieblingsplatz in Rottweil.