Volker und Thomas Martins sorgen im Freibad für heitere Gedanken. Foto: Schnekenburger

Vor "klassischem" Start am ersten Ferientag: Festival serviert stimmungsvolle Abende in Kraftwerk und Freibad.

Rottweil - Die Sommerferien haben noch nicht begonnen - und die erste Runde des 27. Rottweiler Ferienzaubers ist bereits durch. Es war ein denkwürdiger Auftakt. Ganz anders als im vergangenen Jahr, als man erstmals diese Programmstruktur versucht hatte.

Was seit Mittwoch im Kraftwerk - und am Sonntag im Freibad - zu erleben war, steht nicht im Verdacht, zwingend Zuschauermassen in die Veranstaltung zu treiben. Dennoch waren sie ordentlich bis sehr gut besucht. Vor allem aber warteten sie mit Qualitäten auf, die man nicht unbedingt erwarten durfte.

Gleich der erste Act, ein Heimspiel, ließ aufhorchen: Dark Sky hatte sich nach längerer Pause und Umbesetzung wieder zu Wort gemeldet. Und wie. Die Truppe um Frank Breuninger beweist Spielfreude, hat auch musikalisch wieder zugelegt und zeigte eine sehr gute Performance. Wer anschließend beim Auftritt von Europe in den Hits der 1980er-Jahre schwelgen wollte, durfte das gerne tun. Die schwedische Hardrock-Band, die sich fast vollständig erneuert hat, will auf "Final Countdown" und Co. natürlich nicht verzichten. Sie beweist aber neues Profil. Europe anno 2015 ist in gewisser Weise markanter, kantiger, rauer - und stärker. Ob die Mischung hitverdächtig ist, darf man sich sicher fragen, sicher ist allerdings, dass es einige neue Fans aus der Rock-Fraktion geben wird, die Europe in Erinnerung an die Synthie-Oden nicht unbedingt auf der Rechnung hatten.

Ja und dann Tag zwei: Konstantin Wecker, der Liedermacher, der böse Barde, der wilde Wecker. Den muss man immer auf der Rechnung haben. Seit vier Jahrzehnten. Nicht zum ersten Mal war er bei Festivals in der Region, und auch wenn er in jedem Konzert Highlights servierte, so gut wie am Donnerstag war er noch nie. Die Präsenz, dieser Seiltanz zwischen abgeklärter, ironischer Distanz und Unmittelbarkeit, das Spektrum von den mit Klavierbegleitung wie Donnergrollen unterlegten Hymnen über die Darstellung der Genese eines politisch motivierten Werks bis hin zum leisen, doch unendlich starken Gedicht: Was Wecker mit seinem ebenso versierten wie zupackenden Musikerteam im ausverkauften Kolossaal servierte, war ganz großes Kino. Sprichwörtlich.

Denn tatsächlich war’s echt, eine Show, in der Wecker mit aller Emotionalität, die vielleicht auch von der Situation noch befördert wird, authentisch auftrat.

Nach der freitäglichen Verschnaufpause am Samstag dann die schwarzkomödiantische Lesung über den braunen Diktator als Wiedergänger. Endlich hatte es mit einem gemeinsamen Termin in den Kalendern von Christoph Maria Herbst und dem Ferienzauber geklappt: "Er ist wieder da" auf diese Weise gehört ist nochmal besser als gelesen. Und besser als sonstwo war am Sonntag das Chaostheater Oropax im Freibad aufgehoben. Sicher, die Besucher litten ein bisschen unter den klammen Pelerinen im kalten Regen, die Brüder Martins aber sind in ihrer Show "Pool Position" ohnehin viel im Wasser unterwegs. Da richtete das bisschen Regen auch nichts mehr aus.

Am Donnerstag ist erster Ferientag - und damit ganz traditionell Startschuss für den "klassischen" Ferienzauber im Veranstaltungszelt mit Biergarten am Wasserturm.