Was es abzustimmen gibt, wird am Samstagabend von der Versammlung ohne Gegenstimme beschlossen. Foto: Schnekenburger

Narrenzunft macht sich Gedanken über Vermittlung des Brauchtums an nachfolgende Generationen.

Rottweil - "Historisch" ist manche Sitzung in Rottweil, besonders, wenn der Ausrichter das Attribut "althistorisch" führt. Die Generalversammlung der Narrenzunft war aber tatsächlich etwas Besonderes. Sie schaffte die Vollversammlung ab.

Es war tatsächlich die letzte Vollversammlung, die die Narrenzunft da am Samstagabend im Sonnensaal abhielt. Nachdem die Kinderkleidle beim Kindernachmittag verlost werden, gibt es keine Notwendigkeit mehr für eine zweite Versammlung. Regularien für den Ablauf der Fasnet werden künftig einfach in der Generalversammlung bekannt gegeben. Der Viererbund und die Beziehung zu den Schwesterzünften wird nach der von Markus Schellhorn vorgetragenen Satzungsänderung künftig als Vereinszweck auch formal mehr Gewicht erhalten. Und mit der Möglichkeit, jetzt auch offiziell Veranstaltungen, beispielsweise Ausstellungen, unterm Jahr zu machen, reagiert die Zunft auf die selbst gestellte Aufgabe, die Rottweiler Fasnet einer wachsenden Zahl und den künftigen Narren zu vermitteln.

Christoph Bechtold hatte in seinem ersten Bericht als Narrenmeister darauf hingewiesen: Es gelte, "die Fasnet und die damit verbundenen Werte ins digitale Zeitalter hinüber zu bringen." Dazu gehören der Kinder- und Jugendnachmittag, zu dem seit zehn Jahren eingeladen wird, und der seit drei Jahren angebotene Aufsagekurs für Kinder, aber auch die Arbeit an Schulen und nicht zuletzt der Besuch im Haus Hauptstraße 1, bei dem im vergangenen Jahr 500 Kindern die Fasnet gezeigt worden sei. Geplant ist zudem, Geschichten von der Fasnet seit 1930 zusammenzutragen und zu publizieren – nicht als wissenschaftliche Arbeit, sondern als Berichts- und Anekdotensammlung, die quasi direkt aufs Herz zielt.

Nach vorn geblickt wird auch an anderer Stelle. Der Narrentag 2017 wirft seine Schatten voraus. Zum Beispiel beim Thema Prävention von Alkoholmissbrauch, das man zusammen mit Stadt und Polizei verfolgt, um am Narrentag, salopp formuliert, in Rottweil nicht durch Exzesse aufzufallen. Gute Erfahrungen hatte man 2012 in diesem Zusammenhang mit dem Verzicht auf den Verkauf alkoholischer Getränke in der Innenstadt auch an Heranwachsende gemacht. Diese Fasnet soll es eine Neuauflage geben. Zudem wird ein Plakatwettbewerb ausgelobt.

Ein weiteres Thema war die viel diskutierte Sprungführung. Bechtold warb um Verständnis: "Wenn’s eine Lösung gäbe, mit der man alle Narren glücklich machen würde, hätten wir sie schon längst gemacht", versicherte der Narrenmeister und betonte, dass die jüngste Änderung dem eben erst in der Praxis beobachteten Sicherheitsrisiko vor allem für kleine Narren geschuldet ist.

Viel zu tun hatte der Narrenkleiderausschuss: 228 neue Kleidle wurden abgenommen, glatt die Hälfte davon große Federahannes. Die Gesamtzahl der eingetragenen Narrenkleider beträgt zum Jahresende 7856, berichtete Zunftschreiber Frank Huber. Säckelmeister Stefan Roth konnte nicht nur einen Jahresüberschuss vermelden, – nicht zuletzt wegen der Narrenkartenverkäufe von Rolf Sauter, der am Samstag zum Ehrenmitglied ernannt wurde, freilich aus einer Vielzahl an Gründen. Roth stellte auch fest, dass, wenn man alles zusammenrechnet, die Zunft schuldenfrei sei.

Von solchen Zahlen weit entfernt war man 1913. Der frühere Zunftschreiber und Stadtarchivar Winfried Hecht hatte sich der Fasnet vor 100 Jahren angenommen, bei der übrigens auch der Sonnensaal eine Rolle spielte. Im Zentrum aber stand am Vorabend des Ersten Weltkriegs, zu einem Zeitpunkt, zu dem es mit Rottweils Einfluss und Annsehen nicht besonders gut lief, am Fasnetsmontag und -dienstag das Narren, zu dem auch in der Presse aufgerufen worden war: 120 Narren folgten der Aufforderung, 40 mehr als noch im Jahr zuvor. Immerhin: "Bescheidene Unbeschwertheit" liest Hecht aus den verschiedenen Quellen. Davon sollte man alsbald nur noch träumen können.