Der langjährige Leiter der Bewährungshilfe in Rottweil, Udo Riegraf (Mitte), geht in Ruhestand. Mit auf dem Bild sind Martina Ruf, Abteilungsleiterin für die Amtsgerichtsbezirke Freudenstadt, Horb und Rottweil, sowie Michael Gruber, Abteilungsleiter für die Amtsgerichtsbezirke Tuttlingen, Villingen und Donaueschingen. Foto: Schnekenburger Foto: Schwarzwälder-Bote

Bewährungshilfe: Udo Riegraf geht in Ruhestand / Kooperation weist in Richtung durchgängiger Hilfe

Er geht in einer spannenden Zeit: Udo Riegraf, Chef der Bewährungs- und Gerichtshilfe in Rottweil, verabschiedet sich am heutigen Montag in den Ruhestand.

Kreis Rottweil. Zwei große Umbrüche fallen in Riegrafs Rottweiler Amtszeit. Die Privatisierung der Bewährungs- und Gerichtshilfe 2007 – seinerzeit übernahm die Neustart gGmbH in Baden-Württemberg diese Aufgabe – und zum Jahreswechsel 2016/17 die Rückführung der Aufgaben in eine Anstalt des öffentlichen Rechts sorgten für einige Bewegung. So wurde mit der Privatisierung der Gebietszuschnitt für die Zuständigkeit der Einrichtung Rottweil verändert.

Zusätzlich zum Landgerichtsbezirk Rottweil mit den Amtsgerichtsbezirken Rottweil, Freudenstadt, Horb, Tuttlingen und Spaichingen kamen die Amtsgerichtsbezirke Villingen und Donaueschingen vom Landgerichtsbezirk Konstanz hinzu. Die seit Januar installierte "Bewährungs- und Gerichtshilfe Baden-Württemberg" hält an dieser Gebietskulisse fest. Übernommen wurden bestimmte Organisationsstrukturen. Nicht zu Unrecht habe man der Bewährungshilfe im alten Zuschnitt hier teilweise Mängel unterstellt.

Ein Ereignis, an das sich Riegraf gerne zurückerinnert, ist eine Podiumsdiskussion im Oktober 2012. Von höherer Ebene als kritisch bis unmöglich erachtet, gelang es ausgerechnet in Rottweil, im kleinsten der neun Bezirke landesweit, ein Podium mit allen Behörden und Institutionen, die mit dem Thema zu tun haben, zu schaffen. Die Erinnerung ist nicht nur deshalb besonders angenehm, weil man damit gegen alle Vorbehalte in Stuttgart beweisen konnte, dass auch draußen auf dem platten Land nicht nur das Alltagsgeschäft erledigt wird, sondern perspektivisch gearbeitet werden kann, sondern weil sich die Diskussion als nachhaltig erwiesen hat: "Seither trifft sich eine Gruppe Netzwerk regelmäßig mit Vertretern der Suchtberatung, Polizei, Staatsanwaltschaft, Gericht, Jugendamt, Vollzugsanstalt und der Bewährungshilfe", berichtet Riegraf.

Dieser Austausch scheint aktuell wichtiger denn je. Nach der "Neustart"-Zeit, in der einiges Augenmerk auch auf das eigene Erscheinungsbild gerichtet war, müsse sich die Einrichtung in staatliche Form neu konstituieren. Sie wird wieder justiznäher, was Riegraf durchaus begrüßt. Auch den Beibehalt des Gebietszuschnitts, der den Mitarbeitern – 26 sind es, drei davon Studierende der Sozialen Arbeit an der Dualen Hochschule – Sicherheit biete.

"Die Arbeit läuft sehr gut", sagt Riegraf, der im Jahre 2000 nach Stationen als Bewährungshelfer in Stuttgart-Mitte und ab 1990 in Freudenstadt vom seinerzeitigen Landgerichtspräsidenten Peter Beyerle als Einrichtungsleiter nach Rottweil geholt wurde.

Und die Arbeit wird sich verändern. Nicht nur, weil das Klientel schwieriger werde. Ein Thema sind dabei die Flüchtlinge und die Sprachbarriere. So werde in zwei Pilotprojekten in Baden-Württemberg gerade der "Videodolmetscher" erprobt. Dennoch müsse man aufpassen, nicht vom Bewährungs- zum Abschiebehelfer zu werden. Apropos "bewähren": Das kann sich das mit der Podiumsdiskussion initiierte Netzwerk künftig in besonderer Form. Denn die Bewährungs- und Gerichtshilfe übernimmt auch das Übergangsmanagement in den und aus dem Justizvollzug. Von den Justizministern Stickelbeger initiiert und Wolf forciert, ist eine Kooperation zwischen Justizvollzug, Arbeitsagentur, Kommunalverband Jugend und Soziales sowie Straffälligenhilfe. Dahinter steckt die Idee eines durchgängigen Hilfsangebots. Aussagen aus dem Ministerium zu neuen Formen der künftigen JVA in Rottweil könnten sich demnach nicht nur auf die bauliche Gestaltung beziehen, sondern auf die inhaltliche Struktur des Vollzugs. Udo Riegraf wird die Entwicklung als Pensionär verfolgen, für die dann sein Nachfolger steht. Und der ist kein Unbekannter. Peter Wack fängt im September an. Bevor er Einrichtungsleiter in Freiburg wurde, hatte er sich bereits in leitender Funktion in der Einrichtung Rottweil "bewährt".