Zimmertheater feiert Premiere mit Beckett-Stück "Glückliche Tage" / Tolle Leistung

Von Gertrud Derix-Kessler

Rottweil. Das Zimmertheater Rottweil hatte am Donnerstag seine Premiere mit "Glückliche Tage" von Samuel Beckett (1906 – 1989). Samuel Beckett, der zur klassischen Moderne gehört, liefert keine einfache Kost und verlangt vom Zuschauer und vom Schauspieler vieles ab.

In dem Stück "Glückliche Tage" steckt er seine Protagonistin Winnie, dargestellt von Petra Weimer, in einen Erdhaufen. Sie ist dort bis über die Hüfte eingegraben. Eigentlich sollte dieser Haufen ein Sandhaufen in der Wüste sein, unter blauem Himmel und sengender Sonne. Regisseur Peter Staatsmann verlegte den Ort des Geschehens, von Handlung kann man hier ja nicht sprechen, in ein bürgerliches Zimmer. So war ein fast leeres Zimmer mit weißen Wänden, aber dennoch gut bürgerlichen Elementen wie eine schöne Wandverkleidung und moderne Ledersessel zu sehen.

Zwischen diesen Ledersesseln war Winnie bis zur Hüfte in einem Erdhaufen eingegraben. Als "Werkzeug" hatte sie daher nur ihren Kopf, ihre Arme und ihre Stimme und Sprache zur Verfügung. Im zweiten Akt war sie noch weiter eingesunken – man sah nur noch ihren Kopf. So agierte ein halber Mensch der versuchte, sich "glückliche" Tage vorzumachen. Schwankend zwischen dem Gefühl der Einsamkeit, Hoffnungslosigkeit, Leere, Öde, dem Warten und einer völlig abgeklungenen Beziehung zu ihrem Ehemann Willie (Martin Olbertz). Es waren Rückblicke auf "stilvolle Tage" aus ihrer Vergangenheit, es waren Gegenstände wie ein Schirm und eine schwarze Tasche, die in Reichweite ihrer Arme, neben ihr platziert war.

Aus dieser holte sie eine Zahnbürste, Spiegel, Kamm und Bürste, einen Lippenstift, auch eine Pistole und andere Kleinigkeiten. Sie beschäftigte sich mit diesen Gegenständen, sprach mit ihnen, sie rief ihren Mann und immer wieder ging eine Regung der Freude über ihr Gesicht, bevor dann wieder die Leere, ja fest Verzweiflung bei ihr eintrat.

Aber wie spielt man Langeweile, Öde, Leere und glückliche Momente? Petra Weimer spielte diese äußerst schwierige Rolle so überzeugend, dass man regelrecht mit ihr leiden und sich freuen konnte. Ihre Sprache und Stimme, ihre Mimik wiesen ein unglaubliches Spektrum auf und füllten dieses leere Stück. Dies hielt sie die ganzen 90 Minuten durch, so lange dauerte das Stück ohne Pause und ohne eigentliche Handlung. Ehemann Willie tritt nur in kurzen Abschnitten in Erscheinung und gibt keine oder nur einzelne Worte als Antwort auf ihre Fragen. Sie ist dankbar für alles in ihrer aussichtslosen Lage und reagiert auf ein Wort ihres Mannes, eine Musik oder einen Gegenstand, mit dem Gefühl einen "glücklichen Tag" gehabt zu haben. Eingegraben bis zum Kopf erlöscht sie im Angesicht ihres Mannes Willie, der sich wortlos zu ihr hinwendet.