Engel am Kapellenturm und im Dominikanermuseum

Rottweil. Wenn der Kapellenturm in die Geschichte der abendländischen Kunstgeschichte eingegangen ist, so verdankt es dem Skulpturenschmuck zweier Meister, dem Propheten- oder Marienmeister um 1330 und dem Apostelmeister um 1340. Der "Rottweil Stil" gewann form- und stilprägende Bedeutung bei dem internationalen Stil der Hochgotik. Zwei Engel, geheimnisvoll schön, künden von der Geburt des Gottes Kindes. Von einem Engel ins Bild gesetzt, vollzieht ein Stern auf Engelhand einen Spitzentanz. Dazu kommt ein musizierender Engel. Mit ausgebreiteten Flügeln schwingen beide in Körper- und Gewandbewegung zusammen. Die Flügel senkrecht und waagrecht gestellt, entrollt der Erzengel Gabriel im Nordportal-Bogenfeld das Spruchband des Mariengrußes.

Ungewöhnlich malt Joseph Firtmair die Engelverkündigung an die Decke der Kapellenkirche. Hier wird nicht das Ave Maria gezeigt, sondern die Rückkehr des Erzengels in die Himmelstiefe.

Zu einem Engelfest wird der Hochaltar der Dominikanerkirche. Die 14 Engel, die auftreten, fliegen eine förmliche Schau. Dabei handelt es sich um Putten, die dem Engelbarock von Oberschwaben nicht nachstehen.

Im Dominikanermuseum begegnet der Besucher dem Engelthema in ebenso hochrangiger wie origineller Weise. Auf dem Altarschrein um 1420 aus Wolfegg ist zu sehen, dass auch Heilige Schutzengel haben. Die Verkündigung der Multschernachfolge um 1460 vollzieht sich in zwei Altarflügeln. Scharf zeichnet sich das Profil des Engels im Gegensatz zum Halbprofil Mariens in seiner Glorie ab. Dabei kommt es zu mimischer und gestischer Begegnung. Einmütig, liebevoll singen drei Engel von Hans Rueland das Engelgloria. Da sind die drei Engelknirpse die Maria bei der Himmelfahrt Hilfe leisten, da ist der Engel der Joachim im Tiefflug die Geburt der Maria verkündet. Besonders reizvoll für Kinder ist die heilige Sippe, bei deren Darstellung es einem Engelkind langweilig wird, es geht auf Eidechsensuche.

Eines der gültigsten Bildwerke des Museums ist der Erzengel Michael aus der Hand des Meisters Niklaus Weckmann um 1500. Unverständlicher Weise wurde er lange für einen Sebastian gehalten. Dabei trug die Hand einmal die Seelenwaage, dazu kommen die gekreuzten Gurte des Schwertträgers St. Michael. u Noch vor Weihnachten erscheint ein Engelbuch von Egon Rieble, in dem zu den hochrangigen und originellen Engeldarstellungen Rottweils berühmte und weitgehend unbekannte Spitzenwerke der deutschen und abendländischen Engelkunst kommen.