Ein Schüler an der Tafel: Schulen spielen beim Thema Integration eine wichtige Rolle. Foto: Weigel

Integration in Rottweil: Viele Einwanderer haben hier eine neue Heimat gefunden - das hat die Stadt geprägt.

Rottweil - "Deutschland schafft sich ab" – mit diesem Buchtitel sorgte Thilo Sarrazin für Aufregung. Seitdem ist das Thema Integration in aller Munde. Hat Sarrazin mit seinen Thesen recht? Oder ist die Zuwanderung nicht auch eine Chance für jede einzelne Kommune?

Fakt ist: Auch in Rottweil sind die Spuren verschiedener Nationalitäten kaum zu übersehen; seien es Pizzerien, Döner-Buden oder der Grieche auf dem Wochenmarkt – ehemals fremde Kulturen gehören zum Stadtbild. Einwanderung hat Rottweil geprägt und verändert.

Jeder Vierte in Rottweil hat ausländische Wurzeln, auch Deniz Gündüz (19). Seine Eltern stammen aus der Türkei. Der schlanke, junge Mann mit den langen Haaren wohnt aber seitdem er denken kann in Wellendingen. Am Rottweiler Leibniz-Gymnasium hat er jetzt sein Abitur gemacht, mit einem "guten Einser-Schnitt", wie er sagt. Übersetzt heißt das, dass er so ziemlich jeden Preis der Schule abgeräumt hat. Nicht umsonst nennt ihn sein Geschichtslehrer "ein gutes Beispiel für gelungene Integration". Eine Ausnahme? Oder ein Ausdruck der erfolgreichen Integrationspolitik von Seiten der Stadt?

"Mit Blick auf die Entwicklung der vergangenen Jahre ist festzustellen, das die Integration von Migranten in unserer Stadt gut gelingt", sagt Herbert Stemmler, Integrationsbeauftragter in Rottweil, der die Integrationsarbeit innerhalb der Verwaltung koordinieren soll. Als ein wichtiges Indiz könnten die Nachwuchssorgen vieler ausländischer Vereine der ersten Generation interpretiert werden, die in den 60er- und 70er-Jahren entstanden seien, führt er an. Die Kinder und teilweise schon die Enkel dieser ersten Einwanderer-Gruppe seien inzwischen oftmals in Rottweiler Vereinen aktiv und dort gut integriert.

Ob er da etwa an Arber Krasniqi (18) denkt? Arber ist Schüler an der Ludwig-Erhard-Schule in Schramberg-Sulgen. Seine Eltern sind Anfang der 90er-Jahre aus dem Kosovo geflohen. Seitdem er sechs Jahre alt ist, spielt er beim FV 08 Rottweil. Der Nachwuchsfußballer gehört auch der Auswahl des Bezirks Schwarzwald an. "Ich wollte immer einen Mannschaftssport betreiben", sagt Arber. Das sei der beste Weg, neue Leute kennenzulernen. Auch so funktioniert offenbar Integration.

Arber fühlt sich auf jeden Fall wohl in Rottweil, obwohl er auch ab und zu mal abschätzig als Ausländer tituliert wurde. "Aber das geht mir nicht nur in Deutschland so", erzählt er, "im Kosovo sieht man mich wiederum als Deutschen." Ein Leben zwischen zwei Welten; das muss wohl vielen Migranten so gehen. Doch wie damit umgehen? Sich in der neuen Umgebung assimilieren und die eigene Identität aufgeben oder weiterhin die Kultur der Vorfahren pflegen?

Wichtig sei es, Kontakt zu Bürgern zu suchen und sich nicht abzuschotten, betont Deniz Gündüz. Hierfür sei das Erlernen der Sprache ein zentraler Punkt. "Bildung ist der Schlüssel", so Deniz. Auf der anderen Seite müsse die Gesellschaft die Migranten auch am täglichen Leben teilhaben lassen. Wer hierher komme zeige doch, dass er das Land gut findet. "Das ist doch eine Hommage an das Land."

Integration verlangt somit offenbar nicht nur von den Neubürgern viel, sondern auch einiges von den Altbürgern. Viele Themen müssen neu diskutiert werden, auch in Rottweil. Die Frage, die sich stellt, ist: "Wie soll die Stadt aussehen, in der unsere Enkel später einmal leben sollen?"

Der Schwerpunkt der städtischen Integrationsarbeit liegt laut dem Integrationsbeauftragten bei Kindern und Jugendlichen. "Wir sind davon überzeugt, das Integrationsarbeit am erfolgreichsten ist, wenn sie möglichst früh beginnt und gezielt sprachliche sowie soziale Kompetenzen vermittelt", so Stemmler. Vor allem die Angebote des städtischen Kinder- und Jugendreferats, die Sprachförderung an Kindergärten und Schulen spielten eine wichtige Rolle.

Also alles wunderbar in Rottweil? Nicht zwangsläufig. Bei vielen Bürgern fallen in Zusammenhang mit Problemen beim Thema Integration die Stichworte Hegneberg und Omsdorfer Hang, wo der Anteil an Migranten besonders hoch ist. Ist die Integration hier gescheitert? Von Seiten der Stadt ist man sich offenbar bewusst, dass sich die Kommune in diesen Bezirken besonders engagieren muss. Es gebe zahlreiche Angebote, die dort zu einer besseren Integration beitragen sollen, lässt Stemmler mitteilen.

Offensichtlich gibt es in Sachen Integration keinen Königsweg. Wichtig erscheint jedoch die gegenseitige Auseinandersetzung, das Finden von Gemeinsamkeiten und Unterschieden sowie die Übernahme gemeinschaftlicher Verantwortung zwischen Zugewanderten und den Altbürgern. Ob sich Rottweil in dieser Hinsicht auf einem guten Weg befindet, wollen wir in den kommenden Wochen in einer Reihe zum Thema Integration genauer beleuchten.