42-Jähriger schildert seinen Werdegang

Von Jürgen Maier

Kreis Rottweil. Der Angeklagte hat sich im Berufungsverfahren wegen einer Verurteilung wegen Anstiftung zum Diebstahl und gewerbsmäßiger Hehlerei gestern erstmals ausführlicher zu den Vorwürfen geäußert. Auch zu seinem wechselvollen Werdegang hat er Stellung genommen. Sein Auftreten bleibt aber weiterhin zwiespältig (wir berichteten).

In knapp 60 Minuten gibt der Angeklagte einen offenen Einblick in seine Biografie und sein Innenleben. Und im Gegensatz zu den beiden ersten Verhandlungstagen auf ruhige und sachliche Weise.

Er erzählt, wie er Anfang der 2000er Jahre als Vermögensberater und Versicherungsvertreter mehrere Hunderttausend Euro im Jahr verdient – netto. Der 42-Jährige besitzt zwei Häuser, die nach seinen Angaben jeweils mehr als eine Million Euro kosten. Doch 2004 kommt der Absturz aufgrund eines Ermittlungsverfahrens wegen Wirtschaftskriminalität. "Diesen Fall habe ich bis heute nicht verkraftet", sagt er. Im Jahr 2009 folgt die Privatinsolvenz. "Ich habe mehr als eine Million Euro Schulden." Die beruflichen Probleme schlagen sich auch auf seine Gesundheit nieder. Zu seiner ADHS-Erkrankung kommen psychische Probleme.

"Ich bin ein Alphatier und brauche die Bestätigung meiner Kunden. Die Gier und Sucht danach ist bei mir ungebrochen." Der Angeklagte bittet Wolfgang Heuer, Vorsitzender Richter am Landgericht Rottweil, und Joachim Dittrich, Leitender Oberstaatsanwalt, um eine faire Chance. Er werde den beiden beweisen, dass er beruflich und gesundheitlich wieder auf die Beine komme.

Heuer fordert den Angeklagten – wie bereits am ersten Verhandlungstag – zu einem Geständnis auf, das sich strafmildernd für ihn auswirke. Aber der 42-Jährige bleibt bei seiner Haltung: "Ein Geständnis gibt es auf gar keinen Fall." Wie solle er etwas einräumen, was er nicht getan habe? Jetzt kann er seine Emotionen nicht mehr kontrollieren und wird laut.

Zeuge bezeichnet Angeklagten als einen Angeber

Allerdings äußert sich der Angeklagte ausführlicher zu den Vorwürfen. Den Verkauf der Zigaretten an mehrere Kleinunternehmer, Verwandte und Bekannte im Kreis Rottweil räumt er ein. Es handle sich dabei aber nicht um Diebesgut, sondern um Geschenke von Lastwagenfahrern der Firma, bei der sein Vater Geschäftsführer und er angestellt sei. Auch die 48 Kaffevollautomaten gehörten diesem Unternehmen. "Ich habe diese Maschinen niemandem angeboten", beteuert der 42-Jährige.

Die sechs Zeugen lassen den Angeklagten aber in einem anderen Licht erscheinen. Fast alle bestätigen, dass sie Zigaretten zu der Hälfte des normalen Preises bei dem 42-Jährigen erworben haben. Dieser tritt in unterschiedlichen Rollen auf. Einmal vertickt er die Zigaretten für einen kranken Kumpel. Dann verkauft er die Zigaretten als beschädigte Ware nach einem Lastkraftwagen-Unfall. "Ich meinte, das sei alles für einen guten Zweck", sagt ein Zeuge. Auch Kaffeevollautomaten soll er für etwa 250 Euro je Stück angeboten haben. Kaufen will sie allerdings niemand. Ein Zeuge bezeichnet den Angeklagten als "Angeber und Aufschneider, der mit seinem früheren Einkommen und Besitz geprahlt hat."

Das Berufungsverfahren wird am Montag, 11. August 2014, fortgesetzt.