Harte Drogen werden von den Rottweiler Jugendlichen nicht konsumiert - harter Alkohol hingegen schon. Foto: Anspach

Sozialarbeiter gibt in Bezug auf die Rottweiler Schulen Entwarnung: kein Brennpunkt der Jugendlichen.

Rottweil - Rottweil kommt aus den Schlagzeilen nicht raus: aufgedeckte Mafiastrukturen, Drogenrazzien der Polizei. Auch an den Rottweiler Schulen sind Drogen ein Thema.

Ein Infoabend zum Thema Drogen an Schulen verbreitete vor Kurzem Alarmstimmung. Cannabis sei bei den jungen Menschen auf dem Vormarsch, hieß es. An den Schulen seien jedoch auch noch härtere Drogen zu bekommen. Wie haben Eltern und Lehrer auf diese Nachrichten reagiert?

Elke Reichenbach vom Gesamtelternbeirat der Rottweiler Schulen meint: "Es gibt in Rottweil ein Drogenproblem, das von Eltern oft unterschätzt wird." Ihr Eindruck nach der Infoveranstaltung: "Einige Eltern waren schockiert, dass es hier nicht so friedlich ist, wie sie gedacht haben." Reichenbach hält das Drogenproblem für eine wichtige Angelegenheit, die im Auge behalten werden müsse. Sie sei froh, dass die Lehrer des Droste-Hülshoff-Gymnasiums, an dem sie Elternbeiratsvorsitzende ist, nach dem Info-Termin sofort reagiert hätten. Ein Präventionsprogramm für Siebt-, Acht-, und Neuntklässler sei in Planung.

Eltern sind angehalten, genau bei ihren Kindern hinzusehen

Andere Elternbeiräte lassen sich von Statistiken nicht aus der Ruhe bringen. Paul-Wilhelm Kirch vom Leibniz Gymnasium meint: "Ich würde es nicht als Problematik bezeichnen." Zwar habe er über seinen Sohn mitbekommen, dass es an den Schulen Mittel und Wege gebe, an alle möglichen Drogen zu kommen. Dennoch sei Kirch zufrieden mit dem Vorgehen in den Schulen, mit der Präventionsarbeit, die geleistet werde. Er sei in seiner Funktion als Elternbeirat bereits auf viele Themen angesprochen worden, jedoch noch nie auf die Drogenproblematik.

Edeltraud Voß-Soballa, Schulleiterin des Albertus-Magnus-Gymnasiums, gibt sich ebenfalls entspannt: "Im Moment sehe ich keinen Bedarf an Sondermaßnahmen." Sie sieht den Konsum von Alkohol kritischer, als die paar Jugendlichen, die möglicherweise Cannabis rauchten. Zigaretten aber auch Cannabis seien durch das strikte Rauchverbot vom Schulhof verbannt. Dementsprechend würden die Jugendlichen eher zuhause oder auf dem Schulweg rauchen. Und da seien die Eltern angehalten, genau hinzusehen. Alkohol wiederum sei – vor allem um die Fasnet herum – ein größeres Problem. Er kann unauffälliger konsumiert werden, ist einfacher zu beschaffen und eine Überdosierung ist bei jungen Menschen keine Seltenheit.

Jörg Hügel, Sozialarbeiter in der Rottweil Suchtberatungsstelle, schätzt die Situation ähnlich ein. An den Schulen "sehe ich keinen Brennpunkt", meint der Sozialarbeiter im Gespräch mit unserer Zeitung. Zwar stimme es, dass an den Schulen Cannabis geraucht und auch mit der Hanfpflanze gedealt werde, dies jedoch nicht im großen Stil. "Es wird momentan nicht mehr konsumiert, als vor ein paar Jahren", schildert er seinen Eindruck. Nur das öffentliche Bild habe sich gewandelt, das Thema sei wegen der Diskussionen über eine Cannabis-Legalisierung in den Fokus der Gesellschaft gerückt. Viel gefährlicher als Cannabis schätzt auch Hügel die legale Droge Alkohol ein, schließlich gebe es in Deutschland jedes Jahr viel mehr Tote wegen des Rauschgetränks statt wegen illegaler Substanzen.

Die Polizei sieht in Rottweil keinen Brennpunkt. "Wir haben einen Anstieg der Drogenkriminalität in Rottweil, der fällt aber im Landesvergleich nicht aus dem Rahmen", beruhigt Michael Aschenbrenner vom Polizeipräsidium Tuttlingen. "Rottweil ist absolut kein Drogensumpf", sagt er.

Zahl der Opiatabhängigen ist gestiegen

Und dennoch: In Rottweil wächst die Drogenszene. Das bestätigen Zahlen der Polizei: Die Fälle von Rauschgiftkriminalität haben von 2015 auf 2016 um 119 auf 372 zugenommen. Die Dunkelziffer schätzt die Polizei sogar auf zehn Mal so hoch. Der Anstieg der verzeichneten Fälle kommt jedoch auch daher, dass die Polizei mehr in dem Bereich tätig ist. Um so aktiver die Polizei ist, umso mehr wird auch aufgedeckt.

Statistiken über den Kundenstamm der Suchtberatungsstelle zeigen: die Palette der Suchtkrankheiten in Rottweil ist breit. Es gibt Alkohol, Cannabis-, Opiat- oder Glücksspielsüchtige. Eine Zahl ist dabei besorgniserregend: die der Opiatabhängigen – in der Regel sind dies Heroinsüchtige. Sie ist in Rottweil in den vergangenen zwei Jahren gestiegen. Suchttherapeut Hügel bestätigt: Die Opiatabhängigen sind "ein Anliegen, das uns in der Fachstelle umtreibt". Schüler gehörten nicht zu dieser Gruppe. Experten warnen jedoch immer wieder davor, dass Cannabis eine Einstiegsdroge für härtere Drogen, wie Heroin, ist.