Negative Freibad-Prognose trifft fast zu / Neckarbad weckt bei Edmund Maier Erinnerungen an die Jugend

Von Jasmin Cools

Rottweil. "Mehr als 50 000 Badegäste werden es wohl nicht werden", hatte Ende August Bäderleiter Edgar Bantle erklärt (wir berichteten). Nach der Schließung des Freibades für die Winterpause am vergangenen Sonntag ist klar, dass er beinahe Recht behalten hätte.

Genau 50 001 Besucher seien es gewesen laut Sachbearbeiterin Eva Baumann – das Ende einer Schlechtwetter-Freibadsaison. Früher sei das noch anders gewesen. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass vor dem Freibad ein anderer Badeort die Rottweiler nach draußen gelockt hat.

Das ehemalige Neckarbad ist heute von Bäumen und Sträuchern überwuchert. Nur ein in das Ufer eingelassener Steg und eine Treppe weisen noch darauf hin, dass dies einmal ein beliebter Badeort für Groß und Klein war.

Edmund Maier lässt den Blick suchend über das Neckarufer schweifen. "Der Wald hat sich viel zurückerobert", stellt der 77-Jährige fest. Kaum jemand erinnert sich noch an das hinter dem ENRW-Gebäude gelegene Schwimmbad in der Nähe des Bahnhofs. Maier hat hier einige Stunden seiner Kindheit und Jugend verbracht. "Es gab zwei Teile des Bades. Einen sportlichen Teil, in dem sich meist die Männer aufgehalten haben, und ein Hauptbad für jedermann. Das war für die Familien", erinnert sich der Rentner. Gebadet wurde natürlich im Neckar selbst. Diese beiden Bereiche habe eine Strecke von 500 Metern getrennt. Im Sportbad habe es ein Ein-Meter- und ein Drei-Meter-Brett gegeben. "Dort haben sich immer die Männer gegenseitig ihre neuen Sprünge und Badehosen vorgeführt", sagt Maier schmunzelnd. Für ihn sei das nichts gewesen. Er habe sich mit seinen Freunden darin gemessen, die Strecke zwischen den beiden Bädern mit so wenigen Zügen wie möglich zurückzulegen. Eine weitere beliebte Mutprobe sei das Durchqueren des Neckars gewesen. "Wir haben immer gesagt: Du kannst schwimmen, wenn du von einer Seite des Neckars zur anderen kommst." Die Strecke zwischen den Bädern sei auch bei Schwimmprüfungen genutzt worden, erinnert sich der 77-Jährige. Am Ende des Jahres habe derjenige, der schwimmen konnte, ein Plus im Zeugnis bekommen.

Im Hauptbad hatte es einen Nichtschwimmerbereich gegeben, der mit einer Plattform abgegrenzt war. Diese war zur Seite hin leicht abfallend gewesen. Somit hatte es einen Bereich für Kleinkinder und einen für junge Schwimmanfänger gegeben. Weitere Plattformen ragten vom Ufer über den Neckar hinein und bildeten Liegeflächen, auf denen sich gerne ältere Herren sonnten. "FKK war damals natürlich undenkbar", betont Maier, nicht ohne Augenzwinkern. Oft seien sie im Sommer nach der Schule hinuntergepilgert. Der Eintritt hätte damals noch zehn Pfennig gekostet. Doch Maier erinnert sich auch an die unschönen Seiten des Bads. "Wenn in Schwenningen Schlachttag war, mieden wir das Wasser. Über das Abwasser floss auch so Manches in den Neckar. Getaucht wurde nur, wenn die Wasserqualität es zuließ."

Ende der 50er-Jahre habe das Gesundheitsamt das Bad aufgrund des zu hohen Bakteriengehalts im Wasser geschlossen. Maier war zu diesem Zeitpunkt 23 Jahre alt. Die Schließung habe ihn nicht sonderlich traurig gemacht. Stattdessen sei er zum Baden einfach nach Trossingen gegangen. "Das Neckarbad war eher von einfacher Natur", sagt der Rentner. Nach kurzer Pause fügt er hinzu: "Das Beste waren ohnehin die Umkleidebaracken. Da hat so mancher Junge ein Astloch in die Wand gebohrt und darauf gewartet, wer in die Nachbarkabine ging."